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Die Energiewende in Deutschland eröffnet neue Bereiche für die Zusammenarbeit


Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) setzt sich für einen schnellen Ausbau der Deutsch-Russischen Wasserstoffpartnerschaft ein. „Russland und Deutschland sollten ihre lange und erfolgreiche Energiepartnerschaft bei Öl und Gas nutzen, um nun auch bei dieser Klima-Zukunftstechnologie eng zusammenarbeiten“, heißt es in einem Positionspapier der AHK, das am 6. Juli an zuständige Ministerien in beiden Ländern versandt wurde. 

„Wir schlagen vor, eine deutsch-russische industrielle Wasserstoffanlage als Pilotprojekt zu errichten“, erklärte Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der AHK in Moskau. Die Deutsch-Russische Energiepartnerschaft der AHK und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) im Februar in Berlin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und dem russischen Industrie- und Handelsminister Denis Manturow verkündet. 

Deutschland und Russland haben das Pariser Klimaabkommen ratifiziert, womit sie die Verpflichtung zu einer aktiven Klimapolitik und zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen übernommen. „Um diese globale Herausforderung zu meistern, wird eine deutsch-russische Zusammenarbeit im Bereich Wasserstofftechnologie einen entscheidenden Beitrag zu einer CO2-neutralen Welt leisten. Wir müssen die einmalige Chance nutzen, Technologieführer zu werden und die Zukunft russischer und deutscher Energieunternehmen zu gestalten“, meint Matthias Schepp.  

Schon heute ist Deutschland internationaler Vorreiter bei der Entwicklung von Wasserstofftechnologien. Im Rahmen des Zukunftspaketes des Koalitionsausschusses werden neun Milliarden Euro in die Entwicklung der Wasserstoffindustrie investiert. Davon sind zwei Milliarden Euro für Projekte mit internationalen Partnern vorgesehen. „Russland als größter Flächenstaat der Erde und Rohstoffsupermacht mit riesigen Wasserreserven ist ein idealer Partner für solch eine Zusammenarbeit“, betonte der AHK-Chef. 

Deutschland ist internationaler Vorreiter auf dem Gebiet der Entwicklung und des Exports von Wasserstoff- und Power-to-X-Technologien, d. h. Technologien, die aus Stromenergie neue Energieträger herstellt, beispielsweise Wasserstoff. Deutschland stellt sich das Ziel, auf diesem Gebiet Weltmarktführer zu werden. Eine Schlüsselrolle spielt in der deutschen Wasserstoffstrategie grüner Wasserstoff (der wird durch Elektrolyse von Wasser mit Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen – Anmerkung der Redaktion). Blauer und türkiser Wasserstoff (blauer wird durch Verwendung von CO2-Abscheidungs- und Speicherungsverfahren gewonnen; türkiser durch thermische Spaltung von Methan mit Anwendung von erneuerbaren oder CO2-neutralen Energiequellen – Anmerkung der Redaktion) sollen nur übergangsweisegenutzt werden. Die Bundesregierung sieht bis 2030 einen Wasserstoffbedarf von ca. 90 bis 110 TWh. Um diese Ziele zu erreichen, müssen Elektrolyse-Kapazitäten von fünf Gigawatt bis 2030 aufgebaut werden, zu denen weitere fünf Gigawatt bis 2035-2040 hinzukommen sollen. Gleichzeitig muss der durchschnittliche jährliche Anteil der erneuerbaren Energiequellen bis 2030 auf 65 Prozent steigen. 

Zu den Maßnahmen zwecks Stimulierung der Produktion von grünem Wasserstoff gehören auch eine Abgabenbefreiung von aus Wind und Sonne produziertem Strom und die Einführung einer CO2-Bepreisung für fossile Energieträger. Deutsche Unternehmen fangen an, in großen Mengen in den Aufbau von Wasserstofftechnologien zu investieren, wodurch dieses Thema noch stärker in den Fokus gerückt wird. Für die Umsetzung dieser Pläne werden jedoch die vorhandenen Ressourcen nicht ausreichen, wird im Positionspapier der AHK konstatiert. „Wegen begrenzter Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien wird Deutschland mittel- und langfristig grünen Wasserstoff in größerem Umfang importieren müssen.“ Hier würden sich viele Möglichkeiten für die Kooperation mit ressourcenreichen Ländern bieten, unter anderem auch mit Russland. „Dabei sollte man auch die Verwendung von blauem Wasserstoff auf der Basis von Erdgas und türkisem Wasserstoff im Auge behalten, insbesondere in der Brückenphase der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft. Dies ist umso nötiger, als dass die Kapazität von grünem Wasserstoff in absehbarer Zeit nicht den Bedarf decken kann und blauer Wasserstoff dabei helfen wird, Investitionen in die bisher mangelhaft ausgebaute Infrastruktur einfließen zu lassen.“ Einige internationale Projekte wie die Schaffung einer transnationalen Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff, so das Positionspapier, seien bereits begonnen worden. Dabei würde Deutschland mit den Niederlanden und Marokko kooperieren. Es muss betont werden, dass in Deutschland bereits erste Projekte im Bereich der Energiespeicherung mit Wasserstoff gestartet worden sind. Im „Energiepark Bad Lauchstädt“ im Bundesland Sachsen-Anhalt sind die AHK-Mitgliedsunternehmen Uniper, VNG sowie die Firma Ontras bestrebt, erstmals Herstellung, Speicherung, Transport und Nutzung von Wasserstoff aus Windkraft zu kombinieren. Siemens Energie hat auch jüngst in Kooperation mit weiteren europäischen Stakeholdern die Entwicklung der weltweit ersten Power-To-X-To-Power-Demonstrationsanlage aufgenommen, in der grüner Wasserstoff erzeugt und gespeichert und anschließend mit einem Anteil von bis zu 100 Prozent dem Erdgas zur Strom- und Wärmeerzeugung durch eine modernisierte Gasturbine beigemischt werden kann. Im Oktober 2019 haben die Wintershall Dea und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eine Forschungskooperation zur klimafreundlichen Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas vereinbart. Das Methanpyrolyse-Verfahren erlaubt, mit einem minimalen Energieaufwand und ohne CO2-Emissionen das im Erdgas enthaltene Methan in gasförmigen Wasserstoff und festen Kohlestoff zu trennen. Dies könne ein wichtiger Baustein für eine künftig klimaneutrale Energieversorgung sein, meinen die Autoren des AHK-Positionspapiers. Zusätzlich entwickeln die zwei großen russischen Energiekonzerne – die PAO „Gazprom“ und der Staatskonzern „Rosatom“ – eigene Unternehmensstrategien für die Wasserstoffwirtschaft. „Gazprom“ testet in seinen Forschungslabors in Tomsk eine Technologie zur Umwandlung von Erdgas in Wasserstoff ohne Emissionen. Seit Januar 2020 realisiert der Staatskonzern „Rosatom“ ein komplexes Forschungsprogramm zur Entwicklung einer Roadmap für das Unternehmen auf dem Gebiet der Wasserstoffwirtschaft im globalen und nationalen Maßstab. Wie zu erfahren war, sei die Technologie zur Wasserstofferzeugung durch Wasserspaltung in Hochtemperaturreaktoren, die durch „Rosatom“ entwickelt wird, sowohl aus der Sicht der neutralen Umweltbelastung als auch mit Blick auf die Kosten eine recht perspektivreiche.