Die Europäische Union verurteilt entschieden die Entscheidung Russlands über das Verbot einer Einreise ins Land, die acht offizielle Personen der EU betrifft. Dies wird in einer am Freitagabend veröffentlichten gemeinsamen Erklärung des Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel, der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und des Präsidenten des Europäischen Parlaments David Sassoli erklärt.
Sassoli selbst kommt in der neuen schwarzen Liste des Außenministeriums der Russischen Föderation vor. Außer ihm gerieten auf diese die Vizepräsidentin der EU-Kommission und Kommissarin für Werte und Transparenz Věra Jourová, der Vorsitzende des Nationalen Rates Lettlands für elektronische Massenmedien Ivars Āboliņš, der Direktor des Zentrums für die Staatssprache Lettlands Māris Baltiņš, der Leiter des Sprachen-Departments Estlands Ilmar Tomusk, das Mitglied der französischen Delegation bei der Parlamentarischen Vollversammlung des Europarates (PACE) Jacques Maire, Berlins Leitender Oberstaatsanwalt Jörg Raupach und die Leiterin des Labors für chemische, biologische, Strahlungs- und nukleare Sicherheit am Total Defense Research Institute in Schweden Osa Scott.
Die drei letzten haben mit den Untersuchungen im Zusammenhang mit der vermuteten Vergiftung von Alexej Nawalny zu tun. Jacques Maire hatte von der PACE ein Mandat für eine Russland-Reise zwecks Untersuchung der Umstände dieses Zwischenfalls erhalten. Das von Osa Scott geleitete Labor hatte „Nowitschok“-Spuren in den Biomaterialien des Oppositionellen gefunden. Und Jörg Raupach habe nach Meinung der russischen Offiziellen abgelehnt, bei der Untersuchung des „Nawalny-Falls“ zusammenzuarbeiten.
Das russische Außenministerium warf der Europäischen Union eine Fortsetzung der „Politik illegitimer einseitiger Restriktionsmaßnahmen in Bezug auf russische Bürger und Organisationen“ vor. Allein im März dieses Jahres seien sechs Bürger Russlands unrechtmäßigen Einschränkungen der EU ausgesetzt worden. Dabei werde die Praxis der Verhängung von Sanktionen durch die EU von einer „antirussischen Hysterie“ in den westlichen Medien begleitet. Und alle russischen Vorschläge und Angebote zur Lösung jeglicher Problemfragen im Regime eines direkten professionellen Dialogs würden konsequent ignoriert oder abgewiesen werden, unterstrich man im Außenministerium. Und man erklärte, dass das Ziel der Politik, die den Unmut Moskaus auslöste, „um jeden Preis die Entwicklung unseres Landes zu zügeln“ und seine einseitige Konzeption der „Weltordnung“ aufzudrängen, die „auf Regeln basiert“, die das Völkerrecht untergraben würden.
Die Entscheidung Moskaus wird in dem Statement der EU-Spitzenvertreter als eine „markante Demonstration dessen, wie die Russische Föderation eine Konfrontation mit der EU gewählt hat, anstatt zuzustimmen, den negativen Trend unserer bilateralen Beziehungen zu überwinden“, bezeichnet. Die europäischen Spitzenvertreter halten Russlands Handlungen für inakzeptable und juristisch unbegründete und erklärten, dass sich die EU als Antwort „das Recht vorbehält, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen“.
Wie kann man da sich nicht an die kürzliche Äußerung des Leiters der EU-Vertretung in Russland Markus Ederer auf der Jubiläumskonferenz der Europäischen Business-Assoziation „Russland und Europa in der morgigen Welt“ erinnern! Seiner Meinung nach „verschlechtern sich natürlich die Beziehungen. Bisher haben wir möglicherweise nicht einmal die Talsohle erreicht“.
US-Außenminister Anthony Blinken hat ebenfalls Moskaus Entscheidung, acht Bürgern der Mitgliedsländer der Europäischen Union und Vertretern offizieller EU-Strukturen die Einreise zu verbieten, verurteilt. Dabei teilte er mit, dass die USA, ihre Partner und Verbündeten konstruktivere Beziehungen mit Russland anstreben würden. „Wir schließen uns den Spitzenvertretern der EU an und verurteilen das Einreise-Verbot des Kremls für Amtspersonen aus der EU, das eine weitere Anstrengung Moskaus zur Einschüchterung von Kritikern ist. Zusammen mit unseren Partnern und Verbündeten streben wir nach konstruktiveren Beziehungen mit Russland. Es muss aber seine internationalen Pflichten achten“, schrieb Blinken auf Twitter.
Allem Anschein nach hat Blinken besonders jener Teil des Statements des Außenministeriums berührt, in dem es heißt, dass die Herausforderung für die Eigenständigkeit der russischen Außen- und Innenpolitik durch die Europäische Union offen, vorsätzlich und – „es versteht sich – mit Wissen und unter Förderung der USA“ erfolge, „die die Interessiertheit an einer erneuten Verwandlung Europas in eine Arena einer akuten geopolitischen Konfrontation nicht verhehlen“.