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Die Hälfte der Einwohner Russlands sorgt sich nicht um die Gesundheit


Da unser Leben nun einmal kein ewiges ist, so mag es doch auch in einem psychisch und physisch vollwertigen Zustand lange dauern. Ja, aber wie lange kann es dauern? Der jüdische Wunsch ist, bis zu 120 Jahre lang zu leben. Der große russische Physiologe Iwan Petrowitsch Pawlow war der Auffassung, dass 100 Jahre eine normale Lebensdauer seien. Weniger – durch das eigene Verschulden des Menschen aufgrund seiner Zügellosigkeit und seines unmöglichen Umgangs mit dem eigenen Organismus.

Akademiemitglied Pawlow lebte selbst 86 Jahre (1841-1936). Eine für jene Zeit sehr lange Lebensdauer. Selten gelang es da einem, so lange zu leben. Seitdem hat sich die durchschnittliche Lebensdauer dank den Erfolgen der Medizin wesentlich vergrößert. Besiegt wurden schreckliche Infektionskrankheiten. Unter den ersten 20 Todesursachen sind Tuberkulose und AIDS verschwunden. Zu den hauptsächlichen wurden Erkrankungen, zu denen eine falsche Lebensweise führt – ischämische Herzkrankheiten und Schlaganfälle sowie chronische obstruktive Lungenkrankheiten, die Tabakgenuss auslösen. Zur Folge des Rauchens wird Krebs der Atmungsorgane.

Die Ergebnisse einer Untersuchung, die durch das Analytische Zentrum der Nationalen Agentur für Finanzuntersuchungen durchgeführt wurde, zeigen, dass die Hälfte der Einwohner Russlands die Regeln für eine gesunde Lebensweise ignorieren. 53 Prozent absolvieren weniger als einmal im Jahr eine medizinische Untersuchung. 48 Prozent arbeiten entsprechend einem nichtnormierten Zeitplan, verpflegen sich unregelmäßig oder verzehren schädliche Nahrung. Mehr als ein Drittel der Befragten leiden ständig unter Stress-Situationen (39 Prozent). 37 Prozent haben schädliche Angewohnheiten, genauso viele (37 Prozent) treiben keinen Sport. Die Hälfte der Befragten ist der Auffassung, dass sie eine weniger gesunde Lebensweise als ihre Eltern im analogen Alter nachgehe.

In der Risikozone sind die Menschen im wirtschaftlich aktiven Alter (35 bis 54 Jahre), die ihrer Gesundheit die geringste Aufmerksamkeit schenken. Sie durchlaufen prophylaktische medizinische Untersuchungen seltener als andere Altersgruppen – junge Menschen und Betagte — (58 Prozent tun dies weniger als einmal im Jahr, im Landesdurchschnitt – 53 Prozent), leisten häufiger als andere Überstunden (60 Prozent gegenüber 48 Prozent) und leiden unter Stress (45 Prozent gegenüber 39 Prozent im Durchschnitt landesweit).

Junge Menschen (18 bis 34 Jahre) leider weniger unter Stress, stehen aber den Bürgern Russlands mittleren Alters hinsichtlich des Bestehens schlechter Angewohnheiten nicht nach. Die Befragten im Alter von 55 Jahren und älter leisten seltener als die übrigen Überstunden, dafür aber ernähren sie sich häufiger nicht richtig und ignorieren physische Aktivitäten.

„Die Praxis einer systematischen Sorge um die Gesundheit und einer Prophylaxe von Erkrankungen bleibt unter den meisten Bürgern Russlands unpopulär. Viele haben stereotype Vorstellungen darüber, dass es teuer und schwierig sei, eine gesunde Lebensweise einzuhalten“, kommentierte Irina Hildebrandt, Direktorin des Sektors für sozial-ökonomische Untersuchungen des Analytischen Zentrums der Nationalen Agentur für Finanzuntersuchungen, die Umfrageergebnisse.

Sowohl Männer als auch Frauen beachten oft keine gesunde Lebensweise. Doch äußert sich dies auf unterschiedliche Art und Weise. Das Vorhandensein schädlicher Angewohnheiten und Abhängigkeiten ist in größerem Maße für Männer charakteristisch (48 Prozent gegenüber 26 Prozent unter den Frauen), während eine geringe physische Aktivität den Frauen eigen ist (42 Prozent gegenüber 31 Prozent unter den Männern). Außerdem leisten Männer häufiger Überstunden, und Frauen leiden mehr unter Stress-Situationen.

Die Sorge um die eigene Gesundheit hängt natürlich mit der materiellen Lage zusammen. Materiell besser gestellte Menschen widmen der physischen Aktivität häufiger Aufmerksamkeit und absolvieren regelmäßig medizinische Untersuchungen.

Der Gesundheitszustand und der Grad der Sorge um diesen hängen auch vom Wohnort der Befragten ab. So durchlaufen die Einwohner von Dörfern im Vergleich zur Stadtbevölkerung seltener regelmäßige medizinische Untersuchungen, ernähren sich aber häufiger richtig und bewahren ein emotionales Gleichgewicht. Die Einwohner Moskaus und von Sankt Petersburg leisten häufiger Überstunden und besitzen mehr schädliche Angewohnheiten.

Viele Befragte begreifen, dass schädliche Angewohnheiten und Stress zu den Hauptfaktoren gehören, die der Gesundheit Schaden zufügen. Unter derartigen Faktoren nennen die Befragten gleichfalls eingeschränkte materielle Möglichkeiten, eine schlechte ökologische Situation und eine nicht qualitätsgerechte medizinische Betreuung. Anders gesagt – das, was nicht von ihnen abhängt.