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Die Isolierung der sogenannten ausländischen Agenten wird am 1. Dezember ohne eine Vorwarnung beginnen


In Russland treten ab dem 1. Dezember der Kodex über die sogenannten ausländischen Agenten in Kraft, eine Zusammenfassung unterschiedlicher Restriktionen für diese Personen, aber auch eine Reihe institutioneller Dokumente in Kraft. Sie legen die Normen des Gesetzes „Über die Kontrolle der Tätigkeit von Personen, die sich unter ausländischem Einfluss befinden“ auf eine maximal große Weite aus. Unter ihnen ist auch die Anordnung des Inlandsgeheimdienstes FSB Nr. 547 vom 04. November dieses Jahres „Über die Bestätigung des Verzeichnisses der Angaben auf dem Gebiet der militärischen und militär-technischen Tätigkeit der Russischen Föderation, die bei ihrem Erhalt durch ausländische Quellen gegen die Sicherheit der Russischen Föderation eingesetzt werden können“. Das Dokument hat bereits in den Medien Befürchtungen ausgelöst, Rechtsexperten sind sich diesbezüglich unterschiedlicher Meinung. Und die Bürger, die in den sozialen Netzwerken verweilen, wissen scheinbar auch nicht um ihre potenziell traurigen Perspektiven. Allem nach zu urteilen haben die Offiziellen zielgerichtet entschieden, die Menschen nicht über die Veränderung von Bedingungen für die Realisierung einzelner Verfassungsrechte in Kenntnis zu setzen. Die Logik der neuen Gesetzgebung besteht darin, dass zu einem „ausländischen Agenten“ jeder werden kann – und ab dem 1. Dezember ohne Vorwarnungen.

Als erste Nummer steht beispielsweise in der Anordnung des FSB solch ein Punkt: „Angaben über eine Beurteilung und Prognosen für die Entwicklung der militärpolitischen und strategischen (operativen) Lage“. Er leitet Abschnitt 1 des Dokuments ein, in dem „Angaben auf dem Gebiet der militärischen Tätigkeit, die keine Angaben enthalten, die ein Staatsgeheimnis ausmachen“, aufgezählt werden. Bereits selbst aus dieser Formulierung ergibt sich die Frage: Wozu dann aber irgendwelche Restriktionen einführen, wobei sie gar nicht einmal mit der Anmerkung vom Typ „Für den Dienstgebrauch“, „für einen beschränkten Zugang“ usw. markiert werden?

Wenn man sich aber der eigentlichen Formulierung zuwendet – weshalb man einen Bürger oder irgendeine Organisation verfolgen kann -, so ist unschwer zu bemerken, dass sich derzeit mit Bewertungen und Prognosen beispielsweise hinsichtlich eben jener militärischen Sonderoperation praktisch alle aktive Internet-Nutzer befassen. Und wenn man zu den oben ausgewiesenen Arten eines verbalen, schriftlichen und Videoschaffens auch noch den subjektiven Begriff „Angaben“ hinzufügt, so ergibt sich, dass es unmöglich ist, sich die Grenzen des Erlaubten vorzustellen. Genauer gesagt: Und man muss es auch nicht, da sie jene Amtsperson definieren wird, die bereits der jeweiligen natürlichen oder Rechtsperson eine Benachrichtigung zusenden wird: Ab dem und dem Moment ist der Ausgewiesene ein ausländischer Agent. Im Basisgesetz hat man extrem elegant die Notwendigkeit umgegangen, über etwas Derartiges vorab zu warnen. Ins Register muss man innerhalb von zehn Tagen nach der Feststellung den jeweiligen neuen ausländischen Agenten aufnehmen. Ihn benachrichtigen kann man ihn aber nicht später als nach fünf Tagen nach der Aufnahme in eben dieses Register.

Die übrigen Punkte sowohl des Kapitels 1 als auch des Kapitels 2, in dem militärtechnische Angaben aufgezählt worden sind, die in keinem Fall zu einem Hab und Gut ausländischer Quellen werden dürfen, sind scheinbar schmalspuriger formuliert worden. Dafür erfassen sie alle ein so breites Spektrum der Informationstätigkeit, dass dies erlaubt, zu einer eindeutigen Schlussfolgerung zu gelangen: Solch eine Gesetzgebung kann nicht in einem universellen Regime angewandt werden. Sie kann nur eine selektive oder gar punktuelle sein, das heißt von der politischen Zweckmäßigkeit bestimmt werden. Letztere besteht in der gegenwärtigen Zeit darin, wie es scheint, den Bürgern eine übermäßige Freiheit der Äußerungen abzugewöhnen. Die Logik der Herrschenden ist hierbei durchaus verständlich. Es erregt aber Aufmerksamkeit, dass die Erläuterungsarbeit zu den neuen Regeln irgendwie gar demonstrativ nicht durchgeführt worden ist.

Den Versuch zu unternehmen, solch ein Vorgehen zu erklären, kann man augenscheinlich mit der sattsam bekannten Tschekisten- (Geheimdienstler-) Mentalität, die in der bekannten Redensart „wo gehobelt wird, da fliegen Späne“ anschaulich vorgeführt wird. Das heißt ungefähr so: Alle davor zu warnen, dass sich ab dem 1. Dezember – ja, und auch noch mit einer unbeschränkten rückwirkenden Geltung – die Regeln für die Realisierung einer Reihe von Verfassungsrechten, die mit der Rede- und Informationsfreiheit zusammenhängen, ändern, hat einfach keinen Sinn. Der statistische Durchschnittsbürger werde ja ohnehin dem überhaupt keine Beachtung schenken. Ja, aber die Feinde – die agierenden und potenziellen – werden vorab ihre Wühlpläne korrigieren. Und schließlich werden die Masse der anständigen Bürger die Verschärfungen ganz und gar nicht tangieren, vermitteln weiterhin die Herrschenden ihr bisheriges Paradigma hinsichtlich der Gesetzgebung über die ausländischen Agenten. Wir verbieten ja doch keinen, wir registrieren und beobachten nur.

Während man dem aber in der ersten Jahreshälfte, als das Basisgesetz verabschiedet wurde, vom Prinzip her hätte glauben können, so ist nach den Änderungen an 40 geltenden Gesetzen über unterschiedliche Restriktionen und Einschränkungen dem schon nicht mehr so. Und schließlich wird ab dem 1. Dezember auch solch eine Kategorie von ausländischen Agenten wie natürliche Personen, die mit ausländischen Agenten affiliiert sind, auftauchen. Besondere Forderungen wird man an sie nicht stellen werden, aber ein entsprechendes Label anhängen. Augenscheinlich ist dies gerade für die aktiven Schwätzer in den sozialen Netzwerken bestimmt. Folglich dürfe man auch sie entsprechend der Logik der Tschekisten in keinem Fall vorwarnen.

Die Angelegenheit mit der Anordnung des FSB ist zu solch einer absurden Situation geraten, dass praktizierende Juristen, die von der „NG“ die Bitte erhalten hatten, den Text zu analysieren und für die Bürger, Blogger und Massenmedien irgendeinen effektiven Modus Operandi zu unterbreiten, im Großen und Ganzen dies nicht zu tun vermochten. Mehr noch, sie vertraten unterschiedliche Meinungen über den Bereich der Anwendung dieses Dokuments. Die einen, was theoretisch richtig ist, verwiesen darauf, dass man die unklaren Formulierungen nur im Rahmen des Kodexes über die ausländischen Agenten anwenden werden könne. Andere betonten aber, dass administrative Maßnahmen, zum Beispiel das Blockieren von Internetressourcen, bis zur Festlegung solch eines Status erfolgen könnten. Und gar auch überhaupt ohne den.

Beispielsweise sagte Alexej Gawrischew, Geschäftsführender Partner des Anwaltsbüros AVG Legal, der „NG“, dass, da „ab dem Moment des Beginns der militärischen Sonderoperation in der ganzen Welt ein Informationskrieg begann“, der FSB ihm eben auch einen normativen Rahmen vorgebe. Nach seiner Meinung „kann man hinsichtlich der Empfehlungen zur Arbeit der Massenmedien klar sagen, dass man jegliche Angaben nicht veröffentlichen werden kann, die mit der Durchführung der militärischen Sonderoperation zusammenhängen“. „Das klingt recht hart, doch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Realitäten musste dieses Dokument weitaus früher auftauchen. Da seit dem Beginn der Durchführung der militärischen Sonderoperation sehr viele Informationen über die Massenmedien abgeflossen sind. Und diese Informationen gelangten in die Hände ausländischer Quellen“.

Der Experte der gesellschaftlichen Bewegung „Informationen für alle“, Dr. jur. Stanislaw Petrowskij, pflichtet bei, dass „sich ab dem 1. Dezember die Risiken dafür verstärken, dass Mitarbeiter von Medien-Redaktionen und Chefredakteure in dem Fall zur Verantwortung gezogen werden“, wenn sie zu den Themen schreiben, die in der Anordnung des FSB ausgewiesen worden sind. Er empfiehlt „für eine Absicherung, den Versuch zu unternehmen, die Materialien zu diesen Themen an den FSB Russlands mit der Bitte um Abstimmung zu übergeben“. Das Mitglied der Moskauer Anwaltskammer Alexander Inojadow erläuterte jedoch der „NG“: „Die Anordnung des FSB konkretisiert das Verzeichnis der Angaben, die in das Verzeichnis der Tätigkeitsarten ausländischer Agenten aufgenommen werden, die durch Artikel 4 des Gesetzes Nr. 255-FG vom 14. Juli 2022 „Über die Kontrolle der Tätigkeit der Personen, die sich unter einem ausländischen Einfluss befinden“ vorgesehen worden sind, was den Anwendungsbereich der ausgewiesenen Anordnung nur durch die ausgewiesenen Subjekte beschränkt“. Zur gleichen Zeit betonte er aber, dass „nicht in allen Punkten dieser Anordnung Ausnahmen enthalten sind, die durch die Sachbezogenheit der Angaben zu den sich im generellen Zugang befindlichen (Angaben) bestimmt werden, was eine recht weite Auslegung des Verzeichnisses solcher Angaben durch die Rechtsanwender erlaubt“.

Der Anwalt des Anwaltsbüros „Koblew & Partners“, Wladimir Slastschew, unterstrich seinerseits: „Ab dem 1. Dezember 2022 wird es wirklich schwierig und recht riskant, Informationen zu covern, die durch diese Anordnung des FSB geschützt werden, da: a) mehrere Bestimmungen dieser Anordnung ziemlich abstrakt formuliert worden sind und b) sich die Praxis der Anwendung dieser Anordnung erst ab dem 1. Dezember 2022 herausbilden wird. Vorab den Umfang und das Format der für ein Covern in den Massenmedien zulässigen Informationen, die mit den Bestimmungen dieser Anordnung korrelieren, zu bestimmen, ist recht schwierig“. Der Experte führte eine Vielzahl von Bestimmungen der Anordnung an, die einen Verweis auf Informationen geben, die vom Prinzip her allgemein zugängliche, das heißt eher unschwer auffindbare sind. „Es ist offensichtlich, dass sich die Massenmedien ab dem 1. Dezember maximal vorsichtig hinsichtlich der Veröffentlichung von Informationen verhalten werden, die direkt oder indirekt zu den Angaben gehören, die in der Anordnung des FSB aufgezählt worden sind. Die für eine Veröffentlichung in den Massenmedien vorbereiteten Materialien müssen von den Medien selbst hinsichtlich einer Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieser Anordnung überprüft werden. Ein Ignorieren der Bestimmungen dieser Anordnung kann eine Haftung nach sich ziehen, bis hin zu einer strafrechtlichen, darunter entsprechend den jüngst in das StGB der Russischen Föderation aufgenommenen Artikel (275.1, 280.3, 280.4 usw.), in Abhängigkeit von den Zielen und Motiven der Publikation der zu schützenden Informationen“, merkte Slastschew an.

Georgij Fjodorow, Präsident des Zentrums für soziale und politische Studien „Aspekt“, konstatierte gegenüber der „NG“, dass man einerseits die Anstrengungen der Zivilgesellschaft zur sozio-kulturellen Arbeit mit den Einwanderern begrüßen müsse: „Die Integration in die russische Gesellschaft, das Akzeptieren unserer kulturellen Besonderheiten und Traditionen ist eine obligatorische Bedingung für eine teilweise Adaptierung der Migranten“. Andererseits aber seien leider nur jene zu solch einer Adaptierung bereit, unterstrich er, die hier offiziell bei Einhaltung alle Anforderungen der russischen Gesetzgebung arbeiten wollen. Und dies gelte nicht für illegalen Arbeitsmigranten, die auch ethnische Enklaven mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen etablieren. Und an ihnen würden all solche Anstrengungen des Staates und der Zivilgesellschaft bei der sozio-kulturellen Adaptierung vorbeigehen.