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Die Länder Zentralasiens gruppieren sich um einen neuen Leader


Die Staatsoberhäupter Zentralasiens werden vom 17. bis 19. Mai besuchen, wo sie am Gipfel „China – Zentralasien“ teilnehmen und Gespräche tête-à-tête mit Chinas Staatschef Xi Jinping führen werden. Die Führer der zentralasiatischen Länder rechnen damit, ein neues Paket von Investitionen zu erhalten, zumal das chinesische Staatsoberhaupt bereits die Erörterung „großer Pläne“ angekündigt hatte. Nach Auffassung von Kasachstans Präsident Qassym-Schomart Tokajew müssten die Länder der Region gegenseitig vorteilhafte Beziehungen mit Peking gestalten. Und es „darf keinen Argwohn in der Frage der Annäherung geben“.

Der Gipfel „China – Zentralasien“ findet in Xi’an – einer der weltweit ältesten Städte und früheren Hauptstadt Chinas, von wo aus die Große Seidenstraße vor über 3000 Jahre vor u. Z. ihren Anfang genommen hat – statt. Den Gästen wird man zweifellos die Armee von 8000 Terrakotta-Figuren zeigen, die die Kraft und Stärke Chinas symbolisiert, und das Mausoleum für Qin Shihuangdi, den ersten chinesischen Kaiser. Heute wird Xi’an von der chinesischen Führung als ein Zentrum der Zusammenarbeit mit den Ländern Zentralasiens angesehen, in dem wissenschaftliche, Bildungs-, Logistik-, Business- und andere Möglichkeiten für die Realisierung gemeinsamer Vorhaben konzentriert sind.

Die konkrete Tagesordnung des Summits ist nicht veröffentlicht worden. Experten erwarten, dass die Delegationen der Teilnehmerländer Perspektiven für die Entwicklung der Seidenstraße, besonders des Mittleren Korridors und der Bahntransporte, die diese Länder verbinden, erörtern werden. Unter ihnen intermodale Transporte unter Einbeziehung des Kaspischen Meeres über Häfen von Kasachstan und Turkmenistan. Spezialisten lenken gleichfalls die Aufmerksamkeit darauf, dass immer mehr Züge der Richtung China-Europe Express ihre Reise in Zentralasien beenden, informierte der Telegram-Kanal LogiStan. Dies zeuge davon, dass China immer mehr die Wirtschaftskontakte mit der Region verstärke.

Im Verlauf des Gipfeltreffens wird erwartet, dass Peking neue ernsthafte Projekte im Rahmen des Vorhabens „Ein Gürtel – eine Straße“ unterzeichnen werde, unter denen die Errichtung eines Terminals im Kaspi-Hafen Kuryk sein kann. Die Offiziellen Kasachstans signalisierten die Absicht, bis zum Jahr 2025 im Hafen von Kuryk des Verwaltungsgebietes Mangghystau den multifunktionalen Seeterminal „Sarsha“ zu errichten. Für die Umsetzung des Vorhabens sind 346,4 Millionen Dollar erforderlich.

Nicht zufällig hatte Präsident Qassym-Schomart Tokajew in einer Sendung des Fernsehsenders China Central Television (CCTV) unterstrichen, dass für die Entwicklung Kasachstan neue Abkommen und Verträge brauche. Die Republik müsse Anstrengungen für ein Voranbringen der kasachischen Wirtschaftsbeziehungen in der Welt unternehmen. Er betonte gleichfalls, dass Kasachstan weiterhin der Politik mit einem Mehrvektoren-Charakter treu bleibe und gutnachbarschaftliche Beziehungen mit allen Ländern der Welt ungeachtet der geopolitischen Erschütterungen gestalte.

Tokajew signalisierte seine Anstrengungen, um das Land ins Zentrum des politischen und Wirtschaftslebens des eurasischen Kontinents zu bringen. Er unterstrich, dass Kasachstan eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Handelswege und internationalen Beziehungen in diesem Teil der Welt spiele. „Kasachstan ist ein sehr wichtiges Land. Ich glaube daran, dass die Zukunft Kasachstans eine lichte sein sollte. Eben daher biete ich alle Anstrengungen auf, um die weitere Entwicklung von Kasachstan als ein modernes Land mit einer entwickelten Wirtschaft zu fördern“, betonte Tokajew.

Bezüglich der Beziehungen mit China hob der Präsident hervor, dass dieses Land eine wichtige Rolle für die Außenpolitik Kasachstans spiele. Er erinnerte daran, dass bei der letzten Begegnung mit Xi Jinping eine Vereinbarung über die gegenseitig vorteilhafte Annäherung beider Länder erreicht worden war. Beim bevorstehenden Treffen mit dem chinesischen Staatsoberhaupt ist die Unterzeichnung eines Abkommens über ein visafreies Regime zwischen beiden Ländern geplant. Die Bürger Kasachstans in der Volksrepublik China und die Chinesen in Kasachstan werden sich bis zu 30 Tage lang nach Passieren der Grenze und 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen ohne ein Visum aufhalten können. Präsident Tokajew bekundete die Hoffnung auf eine weitere Verstärkung der gegenseitigen Beziehungen mit China und unterstrich, dass die Unterzeichnung des Visa-Abkommens ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung der bilateralen Beziehungen sein werde.

Die Volksrepublik China nehme weltweit den zweiten Platz hinsichtlich des Umfangs der Volkswirtschaft ein. Und nach Meinung von Qassym-Schomart Tokajew „muss man diese Tatsache anerkennen und für die Gestaltung gegenseitig vorteilhafter Beziehungen ausnutzen“. Er betonte, dass Chinas Einfluss in Zentralasien durchaus natürlich sei. Alle Länder würden sich bemühen, einen Vorteil aus der Zusammenarbeit mit einer der größten Volkswirtschaften der Welt zu ziehen.

Tokajew unterstrich ebenfalls, dass er China nicht als eine Bedrohung ansehe und diese Konzeption nicht unterstütze. Er ist der Auffassung, dass China ein guter Freund Kasachstans sei. „Wenn man sich die Geschichte unserer beiden Länder anschaut, hat China nie den Kasachen Schaden zugefügt. Wir erinnern uns dessen und schätzen dies“, sagte das kasachische Staatsoberhaupt.

Dabei bekräftigte Tokajew auch die Position seines Landes in Bezug auf Taiwan, wobei er erklärte: „Taiwan ist ein Teil Chinas. Das Prinzip der territorialen Integrität aller Staaten ist in der Charta der UNO verankert worden, und die muss man achten. Dieses Prinzip ist gleichfalls in einer Deklaration und in der Satzung der Shanghai-Organisation verankert worden. Folglich wiederhole ich mich: Für uns ist es absolut klar, dass Taiwan ein Teil Chinas ist“.

Das Handelsministerium der Volksrepublik China gab bekannt, dass China beabsichtige, den anstehenden Gipfel als eine Möglichkeit für die Verstärkung der Wirtschafts- und Handelskooperation mit den Ländern der Region zu nutzen, meldete die Nachrichtenagentur Xinhua. Laut einer Mitteilung des Ministeriums habe das Zusammenwirken zwischen China und den Ländern Zentralasiens – Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan – in der mehr als 30jährigen Geschichte der diplomatischen Beziehungen ein erhebliches Niveau erreicht. Im vergangenen Jahr erreichte der Handelsumsatz zwischen China und diesen fünf Ländern einen Umfang von 70 Milliarden Dollar. Fixiert wurde eine Zunahme um 22 Prozent im ersten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr, wobei er 17,8 Milliarden Dollar ausmachte. In diesen Jahren hat sich gleichfalls die Struktur des Handels verbessert. Laut Angaben des chinesischen Ministeriums ist im vergangenen Jahr der Import Chinas von Agrar-, Energie- und mineralischen Produkten aus den Ländern Zentralasiens um mehr als 50 Prozent im Vergleich zum vorangegangenen Jahr in die Höhe geschnellt. Und der Export von Maschinenbau- und elektronischen Erzeugnissen in diese Länder hat um 42 Prozent zugenommen. Mit Stand für Ende März überstieg der Umfang der Direktinvestitionen Chinas in den fünf Ländern Zentralasiens 15 Milliarden Dollar.

In Erwartung eines Investitionszustroms aus China tauchten Informationen auf, wonach die Europäische Union Sanktionen gegen Unternehmen und Ländern vorbereite, die, wie die Euro-Beamten meinen, Russland helfen würden, die restriktiven Maßnahmen zu umgehen.

Die Kandidatenliste des 11. EU-Sanktionspakets umfasst China, den Iran, Usbekistan und Kasachstan. Das neue Paket wird ebenfalls erlauben, die Lieferungen an Drittländer einzuschränken, wenn sie europäische Waren nach Russland re-exportieren. Mit solch einer Vorgehensweise sind nicht alle Mitglieder der Europäischen Union einverstanden. Daher dauern die Verhandlungen zum neuen Sanktionspaket an. Nach Aussagen des Chefexperten des Instituts für strategische Studien beim Präsidenten der Republik Kasachstan, des Sinologen Adil Kaukenow, habe das chinesische Außenministerium bereits Protest gegen eine „Einmischung und Nötigung dritter Seiten“ in die chinesisch-russischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen angemeldet. Jedoch kann das 11. Paket der antirussischen Sanktionen der Europäischen Union Schwierigkeiten für die Staats- und Regierungschefs Chinas und der Länder Zentralasiens verursachen. „Peking beabsichtigt, diese Situation für Gespräche und eine Erörterung von Garantien für einen Schutz gegen den Druck seitens der westlichen Länder zu nutzen. Somit besteht die Hauptintrige des Summits „China – Zentralasien“ darin, ob China die Härte von Brüssel ausnutzen und den zentralasiatischen Ländern Garantien für einen Schutz vor einem Druck geben kann, wobei es damit seinen Einfluss auf ein neues Niveau hebt. Oder umgekehrt, wird es seine Schwäche angesichts der westlichen Sanktionsmaschine zeigen und sich mit der Rettung seiner Unternehmen befassen“, sagte Kaukenow der „NG“.