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Die Legitimität des Krieges


Die meisten meiner bekannten Experten sind der Auffassung, dass ein militärischer Konflikt in der Ukraine unausweichlich sei. Die USA, die NATO und ukrainischen Radikalen haben alles getan, damit dies geschah. Wahrscheinlich wird der Konflikt mit einer großen Provokation gemischter Gruppen aus ukrainischen und westlichen Diversanten – eventuell in russischen Uniformen – beginnen.

Amerika stimuliert die Ukraine und Russland, um einander zu überfallen, wobei sie von der alten Tradition der Angelsachsen ausgehen, „die einen Fremdlinge auf andere zu hetzen“. Den amerikanischen Herrschenden sind sowohl die Russen als auch die Ukrainer in gleicher Weise fremde. Die Zyniker aus Washington bezeichneten dies als eine „Operation unter fremder Flagge“. Die Donezker und Lugansker „Milizionäre“ werden von unseren Truppen unterstützt.

Kollegen unter den Militärjournalisten sind der Annahme, dass alles bereits in den nächsten Tagen, beginnend ab dem 22. Februar, losgehen könne, wenn alle Teilnehmer der Olympischen Winterspiele aus Peking zurückgekehrt sind. Russlands Führung begreift ausgezeichnet die gesamte Gefährlichkeit der Zuspitzung der Situation rund um den Donbass und ihrer globalen Projektion. Nach Syrien sind mit Hyperschallraketen bestückte Flugzeuge verlegt worden. Am Samstag erfolgten Manöver der strategischen Nuklearstreitkräfte unter Führung des Obersten Befehlshabers Wladimir Putin.

Wie sieht der Plan für die weiteren Handlungen aus. Keiner weiß es. Ein Teil meiner Kollegen meint, dass eine russische Kontrolle über die gesamte Ukraine etabliert werde. Andere nennen nur Kiew und Dnepr (die frühere als Dnepropetrowsk bekannte Millionenstadt im zentralöstlichen Teil der Ukraine – Anmerkung der Redaktion). Die Rede ist von der Variante der Ausrufung einer neuen Herrschaft auf dem befreiten Territorium und von Verhandlungen mit Moskau sowie des Abschlusses eines Friedensvertrages. Möglich sei die Variante des Stimulierens eines Aufstands ukrainischer Militärs, eines Sturzes von Wladimir Selenskij und seinem Team, der Isolierung der sogenannten „nationalen Bataillone“.

Ist denn ein Krieg legitim? Die Minsker Abkommen sind durch die Kiewer Offiziellen in den Dreck gezogen worden. Russland aber hat gewichtigere rechtliche Grundlagen. Die Sache ist, dass am 15. März 1996, vor fast 26 Jahren, die Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) den Beschluss Nr. 157-IISD „Über die Rechtskraft der Ergebnisse des Referendums der UdSSR vom 17. März 1991 zur Frage nach der Bewahrung der Union der SSR für die Russische Föderation – Russland“ verabschiedete. Im dritten Punkt dieses Dokuments wurde Folgendes festgeschrieben: „Zu bestätigen ist, dass das Abkommen über die Bildung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten vom 8. Dezember 1991, das durch den Präsidenten der RSFSR B. N. Jelzin und den Staatssekretär der RSFSR G. E. Burbulis unterzeichnet und nicht durch den Kongress der Volksabgeordneten der RSFSR – dem höchsten Organ der Staatsmacht der RSFSR bestätigt wurde, keine Rechtskraft in dem Teil besaß und besitzt, der das Ende des Bestehens der Union der SSR betrifft“.

Somit hatte die Russische Föderation die Belowescher Abkommen (die Belowescher Heide ist ein Naturschutzgebiet auf beiden Seiten der Grenze zwischen Weißrussland und Polen – Anmerkung der Redaktion) aufgekündigt und die Existenz der Union der (Souveränen/Unabhängigen Staaten) anerkannt, selbst wenn in dieser Union außer ihr bisher keiner ist. Diese Situation beheben können als erste Weißrussland und die Ukraine. Und dies bedeutet, dass Russland juristisch kann und verpflichtet ist, die Völker zu verteidigen, die auf dem Territorium der widerrechtlich zerstörten Union leben.

In diesen Tagen ist Putin gezwungen, die Einsätze in dem „Medusa-Spiel“ zu erhöhen, da man Russland „an die Wand gedrückt hat“. Er kann als ein großer Stratege in die Geschichte eingehen, wenn der Westen als erster blinzelt. Ein Nuklearkrieg wird scheinbar ausgeschlossen. Um die ukrainische Armee zu neutralisieren, haben wir die Kräfte. Und die NATO wird wohl kaum in einen realen Kampf eingreifen. Zusätzliche Wirtschaftssanktionen machen Putin auch keine allzu große Angst. Unser Volk wird die erzwungene militärische Lösung unterstützen. Die Meinung der prowestlichen Geschäftsmänner und Menschenrechtler bewegen den Kreml wenig. Das hauptsächliche strategische Ziel ist, den Druck auf Russland zu einem Zeitpunkt zu stoppen, an dem sich aufgrund der Entfaltung und Stationierung neuer Waffen, die die westlichen übertreffen, ein „Fenster von Möglichkeiten“ aufgetan hat.

Als ein Sinologe stelle ich solch eine Frage: Was erwartet man in Moskau von Peking? Das Minimalprogramm ist ein Verständnis für Russlands Haltung im Rahmen einer Reaktion auf den Beginn von Antworthandlungen in der Ukraine. Gemeint sind Auftritte von Vertretern des Außenministeriums der Volksrepublik China, das Einlegen von Vetos gegen antirussische Resolutionen im UN-Sicherheitsrat, wohlwollende Veröffentlichungen in den Medien, die Analogien zur Situation rund um Taiwan aufzeigen. Das moderate Programm: eine Ablehnung der Beteiligung an Wirtschaftssanktionen, die Bewahrung der Handels- und Finanzströme. Das Maximal-Programm: die kurzfristige Durchführung neuer gemeinsamer Flüge strategischer Bombenflugzeuge Russlands und Chinas über dem Japanischen Meer oder neue Einsätze von Schiffen der Seekriegsflotte in Stationierungsgebieten der 7. US-Flotte in Yokosuka und auf Okinawa. Ich denke, dass eine Unterstützung für Russland unter den Bedingungen der Krise den Interessen Chinas entspricht.