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Die Linken fordern von den Offiziellen, den QR-Code offenzulegen


 

Die KPRF hat am 8. Dezember in der Staatsduma (dem Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) einen Rundtisch-Diskussion über die gesetzgeberische Absicherung der COVID-19-Bekämpfung veranstaltet. Mit ihren Ideen traten Vertreter von Fraktionen auf. Die Kommunisten bestanden aber auf einer unbedingten Priorität der Verfassungsrechte der Bürger. In der Partei begann man gleichfalls, den Offiziellen massenhafte Protestaktionen im Zusammenhang mit den Regierungsinitiativen zur Einführung von QR-Codes anzudrohen. Nach Meinung von Experten sei dies der Versuch, die erfolgreichen Erfahrungen aus den Aktionen gegen die Rentenreform zu wiederholen, die seinerzeit zu einer elektoralen Stärkung der Linken geführt hatten.

Zu der Veranstaltung in der Staatsduma war erwartungsgemäß KPRF-Chef Gennadij Sjuganow erschienen. Zugegen war auch die ZK-Führungsriege. Das heißt, die Kommunisten hatten entschieden, als erste die parlamentarische Diskussion über die QR-Codes zu eröffnen. Scheinbar beabsichtigen die Linken, das Monopol auf eine Vertretung und Ausnutzung der Anti-Vaxxer-Agenda zu behalten.

Die KPRF versucht im Vorfeld der kommenden Woche, wenn Vertreter der Regierung durch die Fraktionen ziehen werden, sowohl eine juristische als auch eine wissenschaftliche Grundlage unter ihre negative Haltung zur Einführung landesweiter Restriktionen zu bringen. Sjuganow warnte da davor, dass die Schreiben und Appelle der Menschen aus ganz Russland gegen die Einschränkungen und Nötigungen zur Vakzinierung an den Präsidenten und die Regierung weitergeleitet werden würden. Die linken Abgeordneten der Staatsduma erinnerten an die Verfassung und an die in ihr fixierten Rechte der Bürger. Ihre Kollegen aus anderen Fraktionen äußerten auch technischere Vorschläge. Und von der Kremlpartei „Einiges Russland“ war zu der Rundtischdiskussion der Chef der Moskauer Stadtduma Alexej Schaposchnikow gekommen. Er verwies auf Erfahrungen von 145 Ländern der Welt, wo angeblich QR-Codes eingeführt worden seien und wo daher die Vakzinierung schneller erfolgt sei. Der Vertreter von „Einiges Russland“ versuchte, den Linken zu erklären, dass auch die Meinungen der Menschen unterschiedliche seien. Beispielsweise seien nach seinen Worten von Moskauern über 5.000 Anträge eingegangen. Der eine sei gegen die Maßnahmen, andere seien für eine Korrektur der Gesetzesvorlage. Und dritte würden sie auch unterstützen.

Bei der Rundtischdiskussion traten auch angesehen Vertreter der Anti-Vaxxer-Öffentlichkeit auf, was noch einmal die Widersprüchlichkeit der Duma-Perspektiven für die Initiativen der Regierung von Michail Mischustin unterstrich. Die Kommunisten versprachen jedoch, sich nicht auf die parlamentarischen Anhörungen zu beschränken. Sie seien bereit, auch die Straße im Kampf zu nutzen. Der Staatsduma-Abgeordnete Sergej Obuchow zum Beispiel erklärte bereits, dass, wenn es sein muss, die Linken bereit seien, im ganzen Land gemeinsam mit dem Volk Meetings zu veranstalten. Die KPRF würde angeblich großangelegte Straßenaktionen in Moskau und anderen Städten nicht ausschließen. „Der Protest gegen eine generelle QR-Codierung ist das Hauptthema unserer Agenda. In Moskau finden jedes Wochenende Aktionen statt. Wir werden sie auch weiterhin durchführen. Uns unterstützen viele Menschen. Dies ist ein überaus wichtiges Thema. Wir werden Unterschriften unter Appellen an den Präsidenten mit der Forderung sammeln, auf die QR-Codes zu verzichten“, teilte Obuchow mit.

Dabei veröffentlicht die Internetseite der KPRF tägliche Berichte über Straßenprotete gegen die Vakzinierungen, die freilich nicht sehr viele und nicht starkbesuchte Aktionen sind – mehrere Dutzend Menschen oder ein- bis zweihundert. Mehr noch, in vielen Regionen sind einzelne Mahnwachen das Maximum. Nikita Popow, Pressesekretär der KPRF-Fraktion in der Moskauer Stadtduma, erläuterte der „NG“: „Da die KPRF ausschließlich im Rechtsfeld handelt, geht es um einen legalen Protest. Dies sind Treffen von Abgeordneten mit Wählern, Einzelmahnwachen und, wo dies erlaubt worden ist, Meetings. Möglicherweise werden die Abgeordneten in Moskau ein großes Treffen entweder im Vorfeld der Anhörungen am 16. Dezember oder am eigentlichen Tag der Anhörungen organisieren. Wie dies mit dem Gesetzentwurf über die Rentenreform gewesen war, als die KPRF am Tag der Duma-Sitzung am Parlamentsgebäude protestierte“. Dabei erinnerte er daran, dass man in den Regionen wegen der Proteste gegen die restriktiven Maßnahmen sogar Abgeordnete der gesetzgebenden Versammlungen und Stadtparlamente festnehme. Folglich werde jede Parteiorganisation ausgehend von der eigenen Spezifik handeln.

Die weiteren Ereignisse werden schon bald zeigen, von welchem Plan die Kommunisten ausgehen. Eventuell, um nicht den Einfluss auf das Anti-Vaxxer-Publikum, das heißt auf die eigenen potenziellen Wähler zu verlieren, wird die KPRF einfach die drohende Rhetorik ohne Konsequenzen in Form von Straßenprotesten nutzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies auch ein Element des Gegendrucks auf die Offiziellen im Kontext der letzten Informationsschläge gegen die Partei ist. Nicht zu verwerfen ist auch die Variante, dass die Linken ungewollt oder entsprechend einer Absprache sich auf die Seite der Gruppe innerhalb der Herrschenden stellen, die vorschlägt, mit radikalen Maßnahmen abzuwarten.

Der Leiter der Politischen Expertengruppe Konstantin Kalatschjow ist der Auffassung, dass „dies eine Verbindung von harter oppositioneller Rhetorik mit Machtspielen“ sei. „Alle verstehen ausgezeichnet, dass die Kommunisten keine zahlreichenden Massenaktionen im Land zusammenbekommen werden. Selbst in Moskau bringen die Linken maximal mehrere tausend Menschen auf die Straße. Für die Hauptstadt ist dies aber nicht seriös. Die Menschen sind bisher nicht bereit, zu politischen Aktionen auf die Straße zu gehen. Ja, und die Erfahrungen zeigen, dass, sobald in einem spontanen sozialen Protest irgendeine Partei auftaucht, dieser schnell zu einem spärlichen wird“. Der Experte konstatierte, dass auch die KPRF an sich nicht bereit sei, die Brücken in den Beziehungen mit den Herrschenden abzureißen. Und dies bedeute, dass sie die Menschen selbst zu den von ihr angekündigten Kundgebungen nicht aktiv mobilisieren werde. Andererseits würden die Aktionen mit wenigen Teilnehmern jenem Teil der Herrschenden zum Nutzen gereichen, der für Einschränkungen plädiere und zeigen könne, dass es ja doch nicht so viele Gegner harter Maßnahmen seien. „Die KPRF demonstriert vor allem, dass sie eine lebendige und Oppositionspartei ist, vorerst aber tatsächlich nicht bereit ist, die Protestmassen anzuführen. Daher sind die Auftritte gegen die einschränkenden Maßnahmen eine Demonstration dessen, dass die Partei arbeitet und bereit ist, die Interessen eines erheblichen Teils der Bevölkerung zu vertreten. Wenn aber die Bolschewiki zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts so ihre organisatorische Arbeit geführt hätten, so hätten sie es nicht bis zum Winterpalais geschafft“, sagte Kalatschjow.

Alexej Makarkin, 1. Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien, merkte an, dass „man eindeutig nicht alles nur der Rhetorik zuschreiben kann. Die Kommunisten träumen wirklich davon, einen Protest zu organisieren und anzuführen, wie dies während der Rentenreform gewesen war“. Denn einerseits hatte solch ein Protest vor drei Jahren keinen radikalen Charakter getragen, obgleich er andererseits Sympathie der Bevölkerung ausgelöst hatte. Und dies war für eine Verstärkung bei den Wahlen notwendig gewesen. „Die Linken haben aber nicht berücksichtigt, dass sich die Grenzen des Möglichen in der Politik ein weiteres Mal verschoben haben. Was für die Herrschenden noch im Jahr 2018 akzeptabel gewesen war, ist nunmehr nicht mehr akzeptabel. Damals war nur gefordert worden, nicht zu nichtsanktionierten Aktionen auf die Straßen zu gehen und sich nicht mit der außerparlamentarischen und liberalen Opposition zu vereinen. Heutzutage sind Proteste ganz und gar unbeliebt“, erläuterte Makarkin. Ja, und der Protest gegen die umstrittene Rentenreform hatte bei den Bürgern nicht den Glauben ausgelöst, dass man etwas ändern könne. Aber mit dem Thema der Vakzinierung und Codierung sehe alles anders aus: „Die Bevölkerung ist ungehalten über die restriktiven Maßnahmen. Und sie sabotiert entweder deren Einführung oder gerät mit den Vollstreckern vor Ort in einen Konflikt. Daher erscheinen auch den Herrschenden jegliche Proteste als gefährliche. Keiner wird der KPRF erlauben, die Erfahrungen aus den Aktionen gegen die Rentenreform zu wiederholen. Da aber die Menschen doch empört sind und selbst das Aktiv der KPRF eine harte Reaktion verlangt, ist die Parteiführung gezwungen zu reagieren“.