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Die „Nesawissimaja Gazeta“ wurde 35!


Die „Nesawissimaja Gazeta“ feiert am 21. Dezember ihren 35. Geburtstag

Eine unglaubliche Zeitspanne für eine politische Tageszeitung! Eine unglaubliche, denn die vergangenen 35 Jahre sind typologisch ungleiche Jahre des politischen und Wirtschaftsregimes.

Die in der späten UdSSR unter Michail Gorbatschow und unter den Bedingungen zusammenbrechender sozialer und Wirtschaftsinstitute geschaffene Zeitung überstand das stürmische Jahrzehnt der Jelzinschen primären Marktwirtschaft und hat sich im Putinschen Russland wiedergefunden.

Vor zwanzig Jahren hatte ich in meinem Leitartikel zum 15. Jahrestag der „NG“ geschrieben: „Ich kaufte die erste Ausgabe der „Nesawissimaja“ in einer Straßenunterführung der Gorki-Straße an der Metrostation „Marx-Prospekt“ in den Abendstunden des 21. Dezember 1990 auf dem Weg zur Geburtstagsfeier eines Freundes. Umbenannt sind bereits sowohl die Straße als auch die Metrostation. Und der Freund lebt nicht mehr. Und es gibt auch nicht mehr das Land, in dem die erste Nummer der Zeitung erschien“.

Der frühe Putin der Jahre 2000-2008 unter den Bedingungen einer relativen Kontinuität des postsowjetischen Kurses in Richtung Demokratie, Freiheit und Wettbewerb sowie mit Ausnahme des demonstrativen Auspeitschens des Fernsehkanals NTW – die war eine Zeit des maximalen Aufblühens von Massenmedien und des Raums für Diskussionen.

Medwedjew (2008-2012 mit seinem Modernisierungsanspruch vermittelte stimulierende Signale an die Gesellschaft und Massenmedien, was bekanntlich mit weißen Bändern und dem Bolotnaja-Platz (Platz im Herzen der russischen Hauptstadt, wo es zu massiven Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Polizeikräften im Mai 2012 gekommen war – Anmerkung der Redaktion) endete. Und ab dem Jahr 2012 fing Russland an, rasant die Laufbahn des zivilisatorischen Höhenflugs unter dem Einfluss einer massiven Ausstrahlung, die von Surkow (Wladislaw Surkow war vom März 2004 bis Mai 2008 Berater von Präsident Putin – Anmerkung der Redaktion) als „souveräne Demokratie“ bezeichnet wurde, zu ändern.

Über den heutigen Tag in Russland lesen Sie täglich kluge Beiträge in unserer Zeitung.

In unserer Arbeiten lassen wir uns von den Prinzipien der Objektivität und Kompetenz leiten. Das Feedback von unseren treuen Lesern im Land und im Ausland bestätigt, dass sie unseren überparteilichen Charakter, die Objektivität und die Fähigkeit, frei zu preisen sowie die einen oder anderen Prozesse nach eigenem Verständnis zu tadeln, schätzen. Dabei möchte ich das Nichtbestehen irgendeines politischen und administrativen Drucks auf die Redaktionspolitik der „NG“ hervorheben.

Das Neue in unserem Bestehen ist jetzt der sich veränderte Kontext: eine spürbare Verringerung des Raums für die politische Freiheit und eine Verstärkung der repressiven Gewalt der Gesetzgebung.

Die Grundrechte und -freiheiten des Menschen sind unveräußerlich und gehören einem jeden von Geburt an, heißt es in der Verfassung der Russischen Föderation (Kapitel 2, Artikel 17). Und dies sei, wie in seiner Monografie (der gegenwärtige Vorsitzende des russischen Verfassungsgerichts) Valerij Sorkin erklärte, die konzeptuelle Grundlage der Verfassung.

Das Klassen- und ideologische Kriterium war in Verfassung von 1993 verworfen worden. In ihr wurde eine ideologische und politische Vielfalt anerkannt. Die Rechte und Freiheiten des Menschen werden gemäß dem Grundgesetz nicht mit seinem sozialen Status, mit seiner Zugehörigkeit zu irgendeiner Klasse, mit dem Bekenntnis zu den einen oder anderen ideologischen Werten und politischen Anschauungen verknüpft. Die Verfassung erkennt das Recht eines jeden Menschen an, nicht nur solche Anschauungen zu haben, sondern sie auch zu propagieren, ungehindert entsprechend den eigenen Überzeugungen zu handeln. Und sie verteidigt es.

Der Geist und die Buchstaben unserer Verfassung gehen davon aus, dass gesetzgeberische Einschränkungen nicht das Wesen des Rechts an sich antasten können. Andernfalls wird dies keine Restriktion sein, sondern eine Schmälerung, eine Vernichtung der Menschenrechte und -freiheiten, was mit der menschlichen Würde unvereinbar ist.

Bei der Festlegung jeglicher Restriktionen durch den Gesetzgeber muss man sich von der Verfassung leiten lassen, von den in ihr verankerten Prinzipien der Gerechtigkeit, Gleichheit und Angemessenheit. Ohne eine Erfüllung dieser Bedingungen sei, wie führende Juristen annehmen, eine Hoheit des Rechts unmöglich.

Ich habe diesen Leitartikel mit Erinnerungen an die von mir gekaufte erste Ausgabe der „Nesawissimaja“ im weitzurückliegenden Dezember des Jahres 1990 begonnen. Heute gibt es alle Anzeichen dafür, dass sich zwischen den Jahren 2005 und 2025 im Leben des Landes Veränderungen vollzogen haben, die hinsichtlich der Tiefe und den Konsequenzen mit jenen vergleichbar sind, die sich zwischen 1990 und 2005 ereigneten.

Wir arbeiten weiter. Berücksichtigen die Realität. Bewahren die Prinzipien. Vermitteln sie neuen jungen Journalisten.

Und vereint die Überzeugung davon, dass Russland einen gut informierten Bürger braucht, der in der Lage ist, eine bewusste Entscheidung zu treffen. Wir glauben, dass eine Konkurrenz auf allen Arten von Märkten im Interesse eines Fortschritts, einer Erhöhung der Leistung und des innovativen Charakters der Wirtschaft ist. Jegliches Monopol birgt in sich Tendenzen einer Stagnation, wie ein Klassiker lehrt.

Unser Optimismus beruht darauf, dass Russland das beste der Länder ist, wo die unglaublichsten Durchbrüche zu einer wunderbaren Zukunft im Interesse des Volkes möglich sind.

Und wir würden dies gern in einem tagtäglichen Regime covern!

Bleiben wir zusammen!