Wie die „NG“ erfahren hat, wird am 22. April das Organisationskomitee der erneut zu etablierenden Partei der Bierliebhaber (PBL) unter dem Vorsitz des Politologen und Polittechnologen Konstantin Kalatschjow zusammentreten. Danach wird man die Dokumente für eine Registrierung der Partei im Justizministerium der Russischen Föderation einreichen. Die Organisatoren des Vorhabens rechnen damit, dass die neue Struktur zu den Wahlen im kommenden Jahr zu arbeiten beginnen wird. Laut einer Umfrage des soziologischen Zentrums Russian Field sind 35 Prozent der Bürger der Auffassung, dass in Russland die neue Partei nötig sei. Weitere neun Prozent erklärten, dass sie für sich die Möglichkeit einräumen würden, für die PBL zu stimmen. Nach Meinung von Experten sei die Wahrscheinlichkeit einer Registrierung der Partei eine geringe. Und ihr Elektorat werde ein zusammengewürfeltes sein – Wähler, die schwanken, die protestieren und nostalgieren.
Der Leiter der Politischen Expertengruppe, Konstantin Kalatschjow, erläuterte der „NG“ die Realitäten der heutigen Politik: „Wir leben in keiner parlamentarischen Demokratie. Ja, und die heutigen russischen Parteien machen sich nicht allzu sehr Mühen, eine Nachfrage selbst für sich selbst zu formieren. Real aber werden Parteien gebraucht. Eine sehr große Anzahl von Menschen sieht heute, wie sich aus der jüngsten Umfrage von Russian Field ergibt, in den existierenden Parteien keine Kräfte, die ihre Interessen zum Ausdruck bringen. Und das Wichtigste, sie sehen zwischen ihnen keine wesentlichen Unterschiede. Von daher die Nachfrage nach etwas, das nicht zum System gehört, das munter ist, Drive und Euphorie vermittelt. Irgendwer muss den Versuch unternehmen, dieses Bedürfnis zu befriedigen“.
Laut Umfragen von Russian Field räumen 13 Prozent der Männer und sechs Prozent der Frauen die Möglichkeit ein, für die Partei der Bierliebhaber zu stimmen. Unter ihnen sind 21 Prozent der Befragten jünger als 30 Jahre, sieben Prozent der Befragten sind 30 bis 60 Jahre alt und sechs Prozent der Befragten über 60. Unter ihnen sind zehn Prozent mit einer Hochschulausbildung, ohne solch eine – acht Prozent. „Über das Porträt des PBL-Wählers vermittelt die Studie von Russian Field eine Vorstellung. Da sind vor allem jungen Menschen. Aber wenn man sich der Wahlen von 1995 erinnern, kann ich sagen, dass für uns damals gut die Militärs in Tschetschenien, die Seeleute in Kaliningrad und die Insassen von U-Haftanstalten gestimmt hatten“, betonte Kalatschjow.
„Wir würden es gern schaffen, die Partei bis zu diesen Regionalwahlen zu registrieren. Aber dies hängt nicht nur von uns ab“, sagte der Polittechnologe. „Es steht noch an, regionale Abteilungen zu bilden.
Bisher gibt es Menschen in 45 Regionen, die real bekannt und zur Hälfte davon überprüft worden sind. Daher ist es realer, sich über die Wahlen des Jahres 2025 Gedanken zu machen. Da wird man auch eine Qualifizierung für eine Teilnahme an den Staatsduma-Wahlen erlangen“. Es sei angemerkt, dass aus den Reihen der PBL der 90er Jahre in der neuen Organisation ganze zwei Personen übriggeblieben sind.
Der Leiter der Politischen Expertengruppe betonte, dass das Problem der exotischen Parteien – der Partei der kleinen Panzer (nach dem PC-Spiel Battle City – Anmerkung der Redaktion), der „Grünen“… — darin bestehe, dass sie langweilige seien. Nötig seien ein ständiger Strom von Informationsanlässen, Happenings, Drive, Courage und Ehrgeiz. „Sie sind aber langweilig, tauchen nur vor den Wahlern auf und verschwinden sofort nach ihnen“, sagte er.
Nach Aussagen von Kalatschjow könne die Partei auch für eine Legalisierung von Bier in den Stadien zusammen mit einer Annullierung der FanIDs, für eine repräsentative Demokratie mit einem schrittweisen Übergang zu einer direkten Demokratie kämpfen. „Es ist unsere Aufgabe, die Arbeiterklasse zu erreichen, die Vertreter der Rechtsschutz-, Sicherheits- und bewaffneten Organe, die Militärs und jene, die nicht für die Liberalen votieren, aber für Ehrlichkeit, Kühnheit und Volksverbundenheit stimmen können. Mir scheint, dass, wenn man Losungen für eine Minimisierung der staatlichen Regulierung, für eine Verringerung der unnötigen staatlichen Ausgaben, eine Verbesserung des Business-Klimas, für die Freiheit des Handels und ein stimulierendes Steuersystem anstimmt, man eine gemeinsame Sprache auch mit den Unternehmern suchen und finden kann. Das Wichtigste ist, nicht das Bier zu vergessen, das vereint“, unterstrich Kalatschjow.
Die „NG“ befragte Experten, inwieweit die Idee für eine Wiederbelebung der Partei der Bierliebhaber realisierbar sei, und kann die exotische Partei in unserer Zeit eine nötige sein.
„Die Zeit für die Gründung der Partei ist speziell ausgewählt worden, da es eine Zeit des Anziehens der Daumenschrauben gegeben hat. Und nach den Präsidentschaftswahlen im März muss entsprechend der Logik die Zeit eines Tauwetters, einer Liberalisierung beginnen“, erklärte der „NG“ der Generaldirektor des Zentrums für politische Informationen, Alexej Muchin. „Kalatschjow ist ein erfahrener Polittechnologe. Er hat dies durchgerechnet“. Der Experte betonte, dass die Initiative wie ein Abklatsch westlicher Technologien aussehe. Denn in den westlichen Demokratien seien exotische Parteien sehr verbreitet. „Die Bildung solch einer Partei ist keine Neuheit. Die Menschen ermüden durch das seriöse, triste und graue Leben, durch Stress und stimmen mitunter aus Trotz für eine exotische Partei“, sagte der Politologe. Nach seiner Meinung könnten zum Elektorat einer derartigen Partei zwei Gruppen von Wählern werden. Erstens jene, die früher nicht zu den Wahlen gegangen sind, der „politische Sumpf“, den man interessieren und aufrütteln könne. Zweitens seien es jene, die aus Protest abstimmen. Und in diesem Sinne werde die Partei ein Äquivalent zum Punkt „Gegen alle“ auf dem Wahlzettel sein. „Solch eine Partei wird den parlamentarischen Parteien keine Stimmen wegnehmen, sondern eher neue Gruppen von Wählern anziehen. Die Partei der Bierliebhaber werde eher Stimmen von solchen wie Boris Nadeschdin mit seiner „Bürgerinitiative“ oder zum Beispiel Jekaterina Dunzowa im Falle einer Registrierung ihrer Partei wegnehmen. Derzeit ist hinsichtlich eines Artikulierens von Protest alles tot. Dies hängt sowohl mit der Auswanderungswelle als auch mit den sich verschärfenden Gesetzen zusammen. Daher suchen die Menschen nach alternativen Formen für einen Protest“.
Alexej Makarkin, 1. Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien, erklärte der „NG“, dass die Chancen für eine Registrierung der PBL geringe seien. Und das elektorale Rating und die reale Anzahl der Menschen, die bereit sind für die Partei zu stimmen, seien nicht ein und dasselbe. Makarkin erinnerte daran, wie zu Beginn der 2000er Jahre Soziologen ermittelten, dass für unterschiedliche neue Parteien jeweils 15 bis 16 Prozent bereit gewesen seien zu votieren. Bei den Wahlen hätten aber die politischen Strukturen weitaus weniger Stimmen erhalten.
Der Experte betonte gleichfalls, dass im Unterschied zu den Ländern Europas, wo man für solche Projekte wie die Piratenpartei Deutschlands, die Bierpartei in Österreich oder gar die Unabhängige Royalistische Partei Estlands (die für eine Monarchie eintritt) stimme, in Russland ein Brüskieren bei den Wahlen wenig gefragt sei. „In Europa sind die politischen Systeme in der Regel stabil, die Demokratie bricht nicht zusammen, für wen man auch immer stimmen mag. Und die Wähler sind oft bestrebt, nicht die Systeme zu verändern, sondern irgendeine Belebung, eine Erneuerung, eine Bewegung einzubringen. Bei uns aber stimmen die Menschen im Wissen darum, dass die Parteien real etwas verändern können“, sagte Makarkin. „Selbst für die LDPR und Schirinowskij hatten die Menschen vor allem in allem Ernst wie für einen Verteidiger und für einen ehrlichen Kämpfer gestimmt. Für ihn hatten als einen Scherz bzw. Spaß einzelne gestimmt. Bei uns setzt sich in der Politik kein Schockieren bzw. Brüskieren durch. Die Menschen suchen nicht mehr Exotik und einen Karneval, sondern Stabilität, wiedererkennbare Marken, von denen es bei uns schon sechs gibt – die Kremlpartei „Einiges Russland“, die KPRF, die LDPR, die Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“, die Partei „Neue Leute“ und Jabloko. Für wenig bekannte Parteien stimmt man ungern“.
Der Politologe konstatierte, dass man vorab nicht durchspielen könne, wie viele Stimmen eine Partei bei den Wahlen bekommen kann. In der Regel seien aber selbst drei Prozent für solche politischen Strukturen sehr viel. Er betonte, dass für die Partei der Bierliebhaber sowohl nostalgierende als auch schwankende Wähler stimmen könnten, die sozusagen im letzten Moment ihre Entscheidung treffen.
„Das Problem für die neuen Parteien besteht darin, dass das radikale Protestelektorat in der Regel eher Wahlzettel ungültig macht als für die neuen Partei zu stimmen. Ein Teil der Protestwähler steht ganz und gar dem gesamten politischen System skeptisch gegenüber und geht nicht zu den Wahlen. Und nur ein Teil der Wähler wählt aus, für wen man abstimmt. Und diese Stimmen werden danach zwischen den politischen Akteuren aufgeteilt“, unterstrich Makarkin.