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Die Rechte der Anwälte sollen aufgrund von Nawalny-Posts beschnitten werden


Die Modalitäten für Treffen der Anwälte mit den Mandanten, die sich hinter Gittern befinden, werden verändert. Die Verteidiger werden nicht mehr mit Mobiltelefonen und anderer Technik zu Treffen in den Straflagern kommen können. Für das Arbeiten mit Dokumenten wird es erlaubt, sie mitzubringen, aber unter der Bedingung ihrer Nutzung in speziellen Räumlichkeiten. Nach Meinung von Experten hänge dies mit dem Auftauchen von Fotos und Videos im Internet zusammen, die eine Verletzung von Rechten der Verurteilten bestätigen. Zum konkreten Anlass ist jedoch zweifellos die Situation um den Inhaftierten Alexej Nawalny geworden, der gerade durch seine Anwälte auf der aktuellen informationsseitigen Tagesordnung bleibt.

Die Änderungen am Artikel 89 der Strafprozessordnung (SPO) hat eine Gruppe von Abgeordneten aus der Kremlpartei „Einiges Russland“ sozusagen zwecks Umsetzung eines der Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vorgelegt.

Daher wird in der Gesetzesvorlage die Norm über die Genehmigung von Treffen von Häftlingen mit ihren Vertretern beim EGMR konkretisiert, wobei selbst in dem Fall, dass sie keinen Anwaltsstatus besitzen. Die Anzahl solcher Begegnungen kann nicht beschränkt werden. Ihre Dauer kann vier Stunden erreichen. Dabei müssen die Gespräche mit den Verteidigern vertrauliche sein, wie im erläuternden Begleitschreiben zur Vorlage ausgewiesen wird, „ohne eine Beteiligung dritter Personen und ohne ein Die Modalitäten Abhören“.

Damit beseitigen die Abgeordneten angeblich eine Rechtslücke, die durch den EGMR bereits im Jahr 2010 festgestellt worden war. Eine Reihe von Experten besteht darauf, dass die Offiziellen tatsächlich unter diesem hehren Vorwand nur die Arbeit der Anwälte erschweren wollen. In diesen Gesetzesänderungen ist beispielsweise das direkte Verbot für die Verteidiger vorgesehen, in die Straflager „technische Fernmeldemittel“ mitzubringen, aber auch „Geräte, die erlauben, Film-, Audio und Videoaufnahmen vorzunehmen“. Das heißt: Unter den erlaubten Gadgets der Anwälte bleiben lediglich Foto- und Kopiertechnik, die man nur „für die Anfertigung von Kopien von Materialien aus der persönlichen Akte des Verurteilten“ verwenden kann. Dies ist nur ohne das Beisein des Mandanten und in einem speziell bereitgestellten Raum, den die Verwaltung der Strafvollzugseinrichtung sozusagen bereitstellen muss, möglich.

Am wahrscheinlichsten ist, dass der Gesetzentwurf aufgrund von Nawalny aufgetaucht ist, der mit Hilfe seiner Anwälte nach wie vor im Fokus der Aufmerksamkeit bleibt. Man nehme zumindest nur einmal seine regelmäßigen Posts in den sozialen Netzwerken, die gerade nach den Begegnungen mit den Verteidigern auftauchen. Der aktuelle Anlass für die harten Veränderungen wird auch durch die Geschwindigkeit bestätigt, mit der sie verabschiedet werden sollen. Für den 18. Mai ist bereits die erste Lesung anberaumt worden.

„Der Gesetzentwurf löst widersprüchliche Gefühle aus“, merkte der Anwalt Igor Tatarowitsch an. Er schließt übrigens nicht aus, dass die Veränderungen der SPO „auf einen Ausschluss oder eine wesentliche Einschränkung der öffentlichen Darstellung der Bedingungen des Strafvollzugs hinsichtlich spektakulärer Fälle und der Widerspiegelung der Position der Verurteilten zu diesen“ abzielen. Seinen Worten zufolge müsse man die Novellen über das Recht der Verurteilten auf Begegnungen mit Vertretern beim EGMR und Notaren und „die Vertraulichkeit solcher Begegnungen entsprechend einer generellen Regel und nicht nur bei Vorlage eines Antrags des Verurteilten an sich“ begrüßen. Aber recht strittig sieht das gesetzliche Verbot für ein Mitnehmen von Fernmeldemitteln, aber auch von Geräten, die erlauben, Audio- und Videoaufnahmen vorzunehmen, aus. Obgleich die Verurteilten natürlich kein Recht haben, Fernmeldedienstleistungen zu nutzen. Den Anwälten aber ist solch ein Recht nicht genommen worden. „Das Vorhandensein von Fernmeldemitteln erlaubt ihnen, operativ auf oft durch Mitarbeiter des Föderalen Dienstes für den Strafvollzug begangene Verletzungen der Rechte der Verteidiger und deren Mandanten zu reagieren. Eine Übergabe von Fernmeldemitteln an Verurteilte und deren Verwendung durch diese kann man auch durch andere Mittel ausschließen, über die der Föderale Dienst für den Strafvollzug in hinreichendem Maße verfügt“, betonte Tatarowitsch. Die Möglichkeiten einer Audio- und Videofixierung der Kontakte mit dem Mandanten, dessen Erklärungen und Anträge sind ein wichtiger Bestandteil der Arbeit eines Anwalts, besonders, wenn man operativ Beweise für eine Verletzung der Rechte des Mandanten bekommen muss. Und das Bestehen solcher Rechte eines Verteidigers hat das Oberste Gericht mehrfach bestätigt, als es entsprechende Streitfälle zwischen Anwälten und dem Föderalen Dienst für den Strafvollzog klärte. Folglich verletzt in diesem Teil der unterbreitete (Gesetzes-) Entwurf „die Verfassungsnorm, die das Recht der Bürger der Russischen Föderation auf eine Verteidigung gewährleistet, und widerspricht der sich innerhalb mehrerer Jahre herausgebildeten Rechtsanwendungspraxis des Obersten Gerichts“, beharrt Tatarowitsch.

In der Föderalen Anwaltskammer (FAK) ist bereits eine Rechtsposition zu diesem Gesetzentwurf vorbereitet worden, die der Staatsduma zugeleitet wird. Der Berater der FAK Nwer Gasparian bewertete in einem Gespräch mit der „NG“ negativ die Änderungen hinsichtlich eines Verbots, technische Mittel mitzubringen. Seinen Worten zufolge schafft deren Nutzung „Möglichkeiten für die Gewährung einer qualifizierten Rechtshilfe“ und hilft unter anderem, in den Straflagern begangene Verletzungen der Gesetze und der Rechte der Verurteilten aufzudecken und zu fixieren. „Man kann beispielsweise bestehende Körperverletzungen fotografieren und beweiskräftig die Frage nach einer strafrechtlichen Verfolgung der schuldigen Personen stellen“. Der Anwalt der Rechtsfirma AVG Legal Igor Apostol vermutet: „Zu einem großen Bedauern bekundet der Gesetzgeber vorsätzlich oder nicht Misstrauen gegenüber der gesamten Anwaltscommunity, indem er den Anwälten verbietet, technische Mitteln in Strafvollzugseinrichtungen zu verwenden“. Derartige Initiativen sind seiner Meinung nach ein weiterer „Beleg für die Fortsetzung des Prozesses des Anziehens der Daumenschrauben, der die Rechte der Bürger beeinträchtigt und die Anwälte einschränkt“.

„Wenn man berücksichtigt, dass eine Änderung am SPO vorgeschlagen wird, die das Recht auf die Nutzung technischer Mittel durch Anwälte und Notare wesentlich einschränkt, so widerspricht dies allen bestehenden Entscheidungen des Obersten Gerichts, so dass dies möglicherweise wirklich eine vorsätzliche Verschärfung der Gesetzgebung ist, die erlaubt, die Beschlüsse des Obersten Gerichts nicht mehr anzuwenden, da die Strafprozessordnung in deren Hinsicht die primäre ist“, merkte Tatjana Sawjalowa, Mitglied der Assoziation der Juristen Russlands und Partner der Rechtsfirma „Leges-Büro“. Nach ihren Worten sei der Wortlaut aus technischer Sicht offenkundig unzureichend ausgearbeitet worden. „Vorgeschlagen wird ein Verbot für das Mitbringen „technischer Fernmeldemittel“, aber auch von „Geräten, die erlauben, Film-, Audio- und Videoaufnahmen vorzunehmen“. Von der Tatsache her gibt es aber all diese Funktionen in einem in jedem beliebigen Smartphone“. Sie räumte ein, dass als Ursache für das Auftauchen des Gesetzentwurfs tatsächlich die regelmäßigen Veröffentlichungen von Nawalny aus dem Straflager dienen konnten, was nur mit Hilfe seiner Anwälte möglich ist.

Es ist völlig offenkundig, dass die Vornahme der ausgewiesenen Veränderungen nicht mit der Notwendigkeit zusammenhängen, die Strafprozessordnung mit dem Beschluss des EGMR in Einklang zu bringen, sondern mit einer Verschärfung der Modalitäten für die Durchführung von Begegnungen mit Anwälten und Personen, die Rechtshilfe leiten, meint die Anwältin Tatjana Prozenko. Tatsächlich ist die einzige Neuerung das Verbot für Gadgets. Und während man das Verbot für Fernmeldemittel noch irgendwie mit den Einschränkungen für die Verurteilten erklären könnte, passe das Verbot für Film-, Audio- und Videoaufnahmen in keiner Weise in die Konzeption für Offenheit und Transparenz der Strafvollzugseinrichtungen und über die Unterbringungs- und Aufenthaltsbedingungen für die Verurteilten sowie über die Einhaltung der Gesetzlichkeit auf dem Territorium dieser Einrichtungen, nimmt sie an. „Das heißt: Die vorgeschlagenen Änderungen schränken gerade den Anwalt in der Möglichkeit ein, dokumentarisch die einen oder anderen Verletzungen der Rechte seines Mandanten zu fixieren. Und schließlich ist der Anwalt nicht selten die einzige Person, dem gegenüber sich der Verurteilte über die Verletzung seiner Rechte beschweren kann“, erläuterte Prozenko.