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Die regierende Partei plustert sich auf fremde Kosten auf


Die parlamentarischen Oppositionsparteien sind unter die Ströme einer schmutzigen PR-Kampagne geraten. Das Wesen der Informationsattacken besteht darin, dass die KPRF, die LDPR und „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ ja schon halbtote oder auseinanderfallende Strukturen seien. Dafür wird die Popularität der Kremlpartei „Einiges Russland“ offensichtlich künstlich durch solche populistischen Maßnahmen wie die Regulierung der Preise für die „Borstsch-Zutaten“ gepusht. Experten betonen, dass dies solch eine Technologie zur Aufwertung der Bedeutsamkeit von „Einiges Russland“ ausschließlich durch das Drücken des Ratings der übrigen Teilnehmer der Wahlkampagne sei. Dem Elektorat werde vorgeschlagen, „das Beste unter dem Schlechten“ auszuwählen.

Die regierende Partei versucht scheinbar, die wahre Tagesordnung für die Wahlen zu ertasten. In Erwartung der zweiten Etappe des Parteitages, bei der „Einiges Russland“ ihr „Volksprogramm“ verkünden wird, sind beispielsweise Maßnahmen zur Reduzierung der Preise für Möhren, Zwiebeln, Kartoffeln, rote Rüben und Weißkohl vorgeschlagen worden.

Parteiexperten haben sorgfältig analysiert, wieviel die Zutaten für die Zubereitung von Borstsch kosten. Laut Angaben der Vertreter von „Einiges Russland“ betreffen jede zweite Anfrage der Bürger die hohen Preise für die gewöhnlichsten Lebensmittel. Aus diesem Anlass wurde eine Beratung mit der Regierungsspitze und Leitern der Regionen durchgeführt. Die Preise für Gemüse sollen in den Handelsketten in den nächsten zwei Wochen zurückgehen, unterstrich Andrej Turtschak, Sekretär des Generalrates von „Einiges Russland“.

Laut Aussagen des Mitglieds des Büros des Obersten Rates von „Einiges Russland“ und gleichzeitig des stellvertretenden Vorsitzenden der Staatsduma (des Unterhauses des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion), Alexej Gordejew, müsse die Regierung der Russischen Föderation den Handelsketten empfehlen, eiligst ein Abkommen mit den Branchenverbänden und Vereinigungen der Agrar-Erzeuger – natürlich unter Kontrolle der entsprechenden Ministerien – über eine Reduzierung der Handelsaufschläge auf sozial bedeutsame Lebensmittelwaren und vor allem für Gemüse zu unterzeichnen. In der regierenden Partei betont man, dass dies eine taktische Entscheidung sei. Strategisch müssten aber die Gesetze geändert werden, denen entsprechend die Handelsketten und Lieferanten arbeiten. Das heißt, man müsse den Weg vom Feld zum Ladentisch verringern.

Derweil ist vor dem Hintergrund dieser Gemüse-Aktivitäten von „Einiges Russland“ in den kremltreuen Massenmedien eine Kampagne zur Untergrabung der Autorität aller drei Parteien der Duma-Opposition – der KPRF, LDPR sowie von Gerechtes Russland-Für die Wahrheit – zu einer spürbaren geworden. Es muss angemerkt werden, dass sie auch selbst dafür nicht wenige objektive Anlässe bieten. Beispielsweise erklärte KPRF-Chef Gennadij Sjuganow direkt, dass ja auch das Volk Schuld an der Rentenreform habe. Denn, wenn nicht 100.000 Menschen auf die Straße gekommen wären, sondern eine Million, so hätte es nicht solch ein Gesetz gegeben. „Es ist für die Menschen an der Zeit, aufzuhören herumzusitzen und zu murren. Es ist an der Zeit, sich an Massenveranstaltungen aktiv zu beteiligen“, merkte Sjuganow an und hatte damit das Hauptgebot eines Oppositionspolitikers gebrochen – man darf nie seinen Wählern eigene Flops ankreiden. Jedoch attackiert man Sjuganow auch auf schmutzige Art und Weise, indem man Fragmente seiner Aussagen mit Lobhudeleien an die Adresse des Präsidenten verbreitet, wobei daran erinnert wird, dass die Kommunisten bereits mehrfach die Wahlen von „Einiges Russland“ abgesichert hätten. Und unter ihren Kandidaten gebe es auch eine Menge Geschäftsleute.

Über „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ wird meistens gesagt, dass diese sozusagen vereinigte Partei von Sergej Mironow tatsächlich auseinanderfalle. Allerdings kommt es tatsächlich objektiv zu Konflikten in den Regionen zwischen den alten und den neuen Mitgliedern von „Gerechtes Russland“. Nun, und ein offenkundiges Abdriften der einstigen europäischen Sozialisten in Richtung Stalinismus gibt es vom Prinzip ebenfalls. Die LDPR wird als eine auseinanderfallende Partei gezeichnet, deren alternder Anführer seine „Falken“ schon nicht mehr kontrollieren könne. Und wirklich, Wladimir Schirinowskij ist bei Agitationsreisen jetzt nicht zu sehen, die einst innerhalb einer Kampagne fast das ganze Land erfasst hatten.

Kurzum, es wird eine Medien-Grundlage für den unweigerlichen Rückgang der Ratings der Duma-Opposition und folglich für eine Zunahme der Unterstützung für „Einiges Russland“ geschaffen. Obgleich offizielle Meinungserhebungen nur deren geringe Verstärkung fixieren. Allem nach zu urteilen, ist derzeit die Basis für die Loyalität gegenüber der regierenden Partei eine zu geringe, um ein rasantes Ansteigen des Ratings darzustellen. Folglich wird aber das Einbrechen der Ratings der anderen Parteien, vor allem der aus der Duma, zu einer technologischeren Sache. Diese Technologie heißt „Auswahl des Besten aus dem Schlechtesten“.

Michail Winogradow, Präsident der Stiftung „Petersburger Politik“, erläuterte der „NG“: „Die Werte für „Einiges Russland“ liegen auf einem Stand von 31 Prozent. Da gibt es keine großen Überraschungen. Ja, aber hinsichtlich der Duma-Opposition erfolgt eine durchaus logische Gegenkampagne, die dazu berufen ist, eine Vergrößerung des Kerns von Anhängern durch sie aus den Reihen jener Wähler nicht zuzulassen, die sich bisher nicht festgelegt haben. Dabei steht wohl kaum direkt die Aufgabe, das Rating der regierenden Partei gerade durch die Duma-Opposition zu erhöhen“. Der Experte ist der Auffassung, dass der Vektor der Kampagne bisher der einstige ist: Dies sei das klassische Szenario für ein Propagieren aller vier Duma-Parteien.

Der Leiter der Politischen Expertengruppe Konstantin Kalatschjow erinnerte daran, dass „ein Überfließen bzw. freies Strömen von Stimmen von Parteien zu Parteien eine klassische Technologie ist“. Das heißt: Derzeit werde darauf gesetzt, dass die Stimmen der Wähler der Duma-Opposition an „Einiges Russland“ gehen, die für viele offensichtlich die Rolle einer Partei der „zweiten Wahl“ spiele. „Gegenwärtig steht die Aufgabe, das Rating von „Einiges Russland“ mit unterschiedlichen Methoden zu erhöhen, wobei sowohl die Opponenten nach unten gedrückt werden als auch die Tagesordnung des Volkes ausgenutzt wird. Die Kreml-Technologen nutzen alle Möglichkeiten aus, denn keiner weiß, was letztlich funktioniert. Für den einen ist das „Borstsch“-Thema kein ernsthaftes, für andere aber wird dagegen diese Initiative von „Einiges Russland“ als eine nützliche erscheinen. Klar ist eins, dass „Einiges Russland“ versucht, seinen Status als ein Subjekt zu zeigen und seine Nützlichkeit zu beweisen, wobei sich die Partei auf eine maximale Art und Weise von zweideutigen Themen und Entscheidungen distanziert“, unterstrich der Experte. Folglich brauche diese Partei heutzutage jegliche Reklame, aber mit dem einen Vorbehalt: ohne dem, was die Menschen reize. „Es ist solch ein Kurs eingeschlagen worden: Wenn die Tagesordnung für die Mehrheit nicht definiert ist, so ist es besser, hinsichtlich der einen oder anderen schwierigen Frage zu schweigen“.

Derweil erläuterte Kalatschjow der „NG“, dass die Soziologie heute in der Tat von der Technologie „prägender Umfragen“ abgegangen sei. „Erstens gilt für die Administratoren der Wahlen: Je schlechter der Start, desto bedeutender die Heldentat. Das heißt: Je mehr Stimmen die regierende Partei unter den ungünstigen anfänglichen Bedingungen bekommt, desto größer sind die Anerkennung und die Auszeichnungen von der hohen Führung. Zweitens kann man die Umfragen nur bis zu einer bestimmten Grenze manipulieren. Und schließlich das Wichtigste: Die Manipulierungen der Umfragen können sich ins Gegenteil für ihre Organisatoren verkehren und eine umgekehrte Wirkung bringen. Sagen wir einmal, wenn „Einiges Russland“ laut Umfragen auf 60 Prozent kommen wird, so können viele ihrer Anhänger nicht zu den Wahlen des ohnehin klaren Siegers kommen. Und heute ist auch noch keine Wirkung eines Anschlusses an die Mehrheit zu beobachten. Und daher ist es wichtiger, eine Überraschung für das Elektorat zu bewahren“, wie der Experte hin. Aber auch ein Herunterdrücken der Duma-Opposition werde akkurat vorgenommen – so, um „kein Mitleid, Mitgefühl und Sympathie für sie auszulösen, um nicht die Empfindung zu verursachen, dass diese Parteien verfolgte sind. Denn andernfalls kann dies ebenfalls eine entgegengesetzte Wirkung auslösen“.