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Die Soziologen haben sich zu den Ratings des Präsidenten abgesprochen


Die kremlnahen Meinungsforschungsinstitute – das Allrussische Meinungsforschungszentrum (VTsIOM) und die Stiftung „Öffentliche Meinung“ -, die allwöchentlich die Haltung zu den Spitzenvertretern des Landes, den staatlichen Instituten und einzelnen Politikern untersuchen, sind scheinbar zu einem Konsens hinsichtlich der Ratings des Präsidenten gekommen. Die Billigung der Tätigkeit von Wladimir Putin und das Vertrauen in ihn befinden sich auf einem Stand von 80 Prozent mit leichten Abweichungen noch oben und nach unten. Die Dynamik ist eine positive. Unterschiedliche Auslegungen bleiben bei den Soziologen in Bezug auf die Kremlpartei „Einiges Russland“. Mal erstarkt sie (laut Zahlen der Stiftung „Öffentliche Meinung“), mal bröckelt es ein wenig an ihrer Position (entsprechend den Ergebnissen des VTsIOM). Dabei hat die gleiche Stiftung Zahlen ausgewiesen, die veranlassen, an ihrer Bewertung zu zweifeln, da sie eine Ermüdung der Gesellschaft durch die staatliche Propaganda demonstrieren. Immer weniger Befragte halten beispielsweise die Sonderoperation für das wichtigste Ereignis der Woche. Dabei nehmen bei den Umfragen immer mehr die Ablehnungen zu, irgendeine konkrete Antwort zu geben.

Das VTsIOM weist aus, dass der Grad der Billigung der Tätigkeit des Präsidenten 78,9 Prozent erreicht habe. Einerseits ist dies mehr als eine Woche zuvor. Andererseits aber genauso viel wie vor Monaten. Und wenn man zwei Monate zurückgeht, so ist es gar weniger. Alle Fluktuationen erfolgen jedoch im Rahmen der Fehlerrate. Das gleiche erfolgt auch mit den Vertrauenswerten. Insgesamt kann man die Dynamik als eine durchaus positive ansehen. Die Stiftung „Öffentliche Meinung“ hat ein wenig andere Zahlen. Dies ist aber ganz unerheblich. Die Billigung liegt bei 82 Prozent, das Vertrauen – bei 78 Prozent. Und natürlich sehen die Soziologen keinerlei Anzeichen für ein Schwächeln der Ratings.

Die Werte für die Regierung und persönlich für Premierminister Michail Mischustin nehmen gleichfalls zu. Und während es bei den Soziologen hinsichtlich der Zahlen keine Übereinstimmung gibt, so gibt es hinsichtlich des Trends zur Verstärkung der Unterstützung seitens der Gesellschaft für sie scheinbar genau solchen Konsens wie auch hinsichtlich der Haltung zum Präsidenten. Die Meinungsverschiedenheiten halten nur hinsichtlich der Partei „Einiges Russland“ an. Das VTsIOM ist der Meinung, dass die regierende Partei nach ihrem April-Höhenflug bis auf 42,5 Prozent insgesamt schwächelt. Jetzt beträgt das elektorale Rating der Vertreter von „Einiges Russland“ 40,9 Prozent. Die Stiftung „Öffentliche Meinung“ gibt „Einiges Russland“ 44 Prozent, wobei sie behauptet, dass es auch eine Tendenz zur Verstärkung gebe. Mitte Juni hatte dieser Meinungsforschungsdienst überhaupt mit einem Abschnitt über die gute/schlechte Haltung der Befragten zu 14 mehr oder weniger bemerkbaren Parteien erfreut. Dabei sind bei allen beide Linien relativ gleichmäßige. Eine Ausnahme bilden „Einiges Russland“ und die LDPR, für die die Werte des Ratings und des Antiratings drastisch auseinandergegangen sind. Die erste erstarkte gleich nach dem 24. Februar, dem Beginn der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine, die am Montag bereits ihren 117. Tag erlebt. Und die zweite – etwa ab Mitte April, das heißt nach dem Ableben ihres ständigen Führers Wladimir Schirinowskij.

Der Hauptverdienst der Stiftung „Öffentliche Meinung“ besteht jedoch augenscheinlich darin, dass sie durch tiefgründigere Studien die politischen Werte ihrer eigenen soziologischen Untersuchungen in Zweifel ziehen. Zum Beispiel nimmt bereits mehrere Monate in Folge den Platz des wichtigsten Ereignisses der Woche die militärische Sonderoperation ein. Jetzt jedoch nennen nur 38 Prozent sie als erstes. Auf jeweils zwei Prozent brachten es die neuen sozialen Beihilfen von Putin und ein gewisses Gemisch aus der Verhaftung einstiger Staatsbeamter und der Reinkarnation von Fastfood unter einem neuen Label. Die übrigen Nachrichtenanlässe schafften gerade einmal jeweils ein Prozent. Dabei hatten 54 Prozent der Befragten entweder keine eigene Antwort oder Schwierigkeiten, sich festzulegen. Unter sowohl den einen als auch anderen gibt es wahrscheinlich auch jene Bürger Russlands, die stark durch die Ströme der aggressiven Staatspropaganda müde geworden sind, sich aber fürchten, dies offen zu erklären.