Bei der Tagung des Rates der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit, die die Ereignisse in Kasachstan von Anfang Januar bilanzierte, war eindeutig nur ein Feind genannt worden – die sozialen Netzwerke. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte, dass gerade durch das Internet die Versuche erfolgen würden, unsere Menschen von außen her in Protestaktionen zu involvieren, die „ein Vorläufer auf für einen Überfall von Terroristen sind“. Die Kämpfer gegen die „äußere Einmischung“ in die inneren Angelegenheiten der „belagerten Festung“ aus den Reihen der Abgeordneten der Staatsduma (des Unterhauses des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) und anderer gesellschaftlicher Aktivisten haben bereits die Bereitschaft bekundet, den Kampf gegen die digitale Bedrohung hinsichtlich Russlands zu verstärken.
In der kommenden Woche kommt die Staatsduma aus den Neujahrsferien und wird die neue Tagungsserie aufnehmen. Wahrscheinlich werden bereits in der zweiten Januarhälfte durch Abgeordnete unterschiedliche Maßnahmen zur Forcierung der Internet-Sicherheit des Landes vorgeschlagen werden. Es ist offensichtlich, dass es zwei Hauptrichtungen im Kampf gegen die äußere Bedrohung für die innerrussische Situation geben wird.
Die erste ist die Fortsetzung des Drucks auf die internationalen IT-Unternehmen, die auch den Bürgern der Russischen Föderation die Möglichkeiten ihrer unbegrenzten Serviceleistungen zur Verfügung stellen. Solch eine Tätigkeit hat bei den Abgeordneten bereits eine bestimmte Definition erhalten – „Erdung der Internet-Giganten“. Die zweite Richtung, die jegliche Gegenaufklärung niemals vergisst, ist das Aufspüren einheimischer Komplizen von ausländischen Ansprüchen. Da jedoch die sozialen Netzwerke vom Wesen her sie massenhaft reproduziert, funktionieren die traditionellen Methoden für ein konkretes Entgegenwirken nicht. Und daher werden präventive Maßnahmen ergriffen.
Eine von ihnen ist beispielsweise das in den Gesetzen verankerte Recht der Generalstaatsanwaltschaft, eine unverzügliche, das heißt eine außergerichtliche Blockierung von Internetressourcen, die verbotene, schädliche oder falsche Informationen verbreiten, zu verlangen. Die entsprechenden Gesetzesänderungen sind zu Beginn dieses Jahres in Kraft getreten. Es sei daran erinnert, dass neben der Werbung für gefälschte Zeugnisse über Impfungen gegen COVID-19 die Aufrufe zu Massenunruhen und nichtgenehmigten Protestaktionen, aber auch die Materialien von in der Russischen Föderation verbotenen Organisationen blockiert werden. Alles in allem ist der Adressat dieser Gesetzesänderungen durchaus klar. Nicht ohne Grund wurden sie im Rahmen eines großen drakonischen Gesetzespakets gegen die Nawalny-Anhänger verabschiedet.
Der russische Präsident hatte jedoch bei der Tagung des Rates der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit das Problem bestimmt weiter formuliert, wobei er erklärte, dass „durch die Ausnutzung von Internetverbindungen und sozialer Netzwerke weiterhin Versuche zur Involvierung unserer Bürger in Protestaktionen, die ein Vorläufer auch für einen Überfall von Terroristen sind, unternommen werden“. Das heißt: Es geht um das Internet als solches. Doch gegen dieses haben sich die Gesetzgeber bisher keinerlei Maßnahmen ausgedacht. Unter Berücksichtigung dessen, dass dies überhaupt vom Prinzip her nicht einfach ist, werden wahrscheinlich keine mit der heißen Nadel gestrickten Vorschläge in die Staatsduma eingebracht werden. Dennoch gibt es keinerlei Zweifel dahingehend, dass ein Auftrag zu deren Ausarbeitung beispielsweise vom Apparat des nationalen Sicherheitsrates unbedingt an die Abgeordneten erfolgen wird.
Dies wird indirekt zum Beispiel durch die Erklärung des Vorsitzenden des Staatsduma-Ausschusses für Sicherheitsfragen Wassilij Piskarjow (Kremlpartei „Einiges Russland“) bestätigt. Kurz nach dem Putin-Auftritt teilte er mit: „Unter Berücksichtigung der Situation, die sich durch die terroristische Attacke äußerer Kräfte herausgebildet hat, der Kasachstan ausgesetzt worden war, beabsichtigen wir, die Arbeit zur Festlegung einheitlicher Vorgehensweisen in der Gesetzgebung bezüglich einer Abwehr von Bedrohungen für die Sicherheit unserer Länder zu aktivieren“. Er hatte wohl kaum nur eine Aufstockung der Haushaltsausgaben für die Geheimdienste oder irgendwelche Korrekturen der entsprechenden Gesetze über die Sicherheits-, Rechtsschutz- und bewaffneten Organe im Blick. Zumal der Abgeordnete an sich, der im Übrigen selbst früher in den Rechtsschutzorganen ein hochrangiges Amt bekleidet hatte, präzisierte: Der Sicherheitsausschuss der Staatsduma „verfügt über umfangreiche Informationen über Fakten einer ausländischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands und über Technologien, die dabei eingesetzt werden“.
Noch ein hauptamtlicher Wächter für die Mauern der „belagerten Festung“, der Leiter der Arbeitsgruppe der Öffentlichen Kammer der Russischen Föderation für eine Abwehr der Verbreitung falscher Informationen und für die öffentliche Kontrolle und Sicherheit des Internets, Alexander Malkewitsch (Kremlpartei „Einiges Russland“), hielt die Worte des Präsidenten für eine Billigung der bereits erfolgenden „Erdung der sozialen Netzwerke“. Der Politiker und Journalist unterstrich: „Unser Weg ist der einzig richtige. Wir müssen sie zwingen, die Gesetze unseres Landes und das Wichtigste – die digitalen Rechte der Nutzer, durch die diese Unternehmen Geld verdienen, zu achten“. Nach seinen Worten werde im Jahr 2022 die Arbeit „zur Formulierung von Wegen für eine systematische Abwehr digitaler Gefahren und Bedrohungen“ fortgesetzt. Allerdings sind die sozialen Netzwerke bisher noch nicht aus Russland vertrieben worden. Doch die Bürger des Landes werden offensichtlich sorgfältiger den Grad der Freiheit ihrer Worte mit dem Grad der Besorgnis der Herrschenden in ein Verhältnis bringen bzw. zwischen ihnen abwägen müssen.