Tadschikistan sei ein wichtiger Partner der Türkei in Zentralasien. Dies erklärte der am 1. Juli nach Duschanbe gekommene Minister für nationale Verteidigung der Türkei, Hulusi Akar. Beim Treffen mit dem tadschikischen Amtskollegen Scherali Mirzo wurden Fragen zur militärtechnischen Zusammenarbeit beider Länder erörtert.
Die Türkei sei bereit, die Zusammenarbeit in den Fragen der Verteidigung, Sicherheit und Militärindustrie zu vertiefen, aber auch Erfahrungen auf dem Gebiet der Sicherheit der Grenzen und der Terrorismusbekämpfung weiterzugeben, erklärte Hulusi Akar in Duschanbe. Analoge Fragen wurden in Bischkek erörtert. „Unter Berücksichtigung der instabilen Situation in der Region und der zunehmenden Bedrohungen, besonders im Zusammenhang mit der Verkomplizierung der Situation in Afghanistan ist die militärtechnische Zusammenarbeit eine aktuelle und zeitgemäße, erklärte Kirgisiens Präsident Sadyr Dschaparow bei seinen Gesprächen mit Akar.
Er bekundete die Bereitschaft zu einer weiteren Entwicklung und Erweiterung der Zusammenarbeit im Interesse des Friedens und der Stabilität in beiden Ländern und insgesamt in der Region. Außerdem sagt Ankara zu, die Schulung und Ausbildung kirgisischen Militärspezialisten zu übernehmen. Im Übrigen absolvieren in der Türkei Militärs aller Länder Zentralasiens eine Ausbildung. Nun wird die Türkei nach allem Anschein die Quoten für sie erhöhen. Früher weilte der türkische Minister bereits in Nur-Sultan und Taschkent.
Für diese Hilfe bittet Ankara um wenig – die FETÖ (Fethullahçı Terör Örgütü, zu Deutsch „Fethullahistische Terrororganisation“) als eine terroristische Organisation anzuerkennen (so bezeichnen die Offiziellen der Türkei die Organisation des oppositionellen islamischen Aktivisten und Prediger Fethullah Gülen und seine Bewegung „Hizmet“, die man im Jahr 2016 eines Staatsstreichversuchs bezichtigte) und deren Anhänger, die sich auf den Territorien der befreundeten Länder verbergen, an die Türkei auszuliefern.
Mit Kirgisien ist nach allem Anschein diese Frage bereits geklärt worden. Auf jeden Fall erklärte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kirgisiens Präsident Sadyr Dschaparow Anfang Juni in Ankara: „Wir sind mit meinem teuren Bruder solidarisch, dass die FETÖ eine Bedrohung für die nationale Sicherheit beider Länder darstellt“. „Die jüngsten politischen Probleme haben das finstere, blutige und unangenehme Antlitz der FETÖ bloßgestellt. Geb’ Gott, dass wir gemeinsam dies überwinden, indem wir einander unterstützen. Ich habe dem geschätzten Präsidenten noch einmal dessen versichert, dass die Türkei das kirgisische Volk und die Offiziellen des Landes unterstützt. Bei jedem Schritt zur politischen Stabilität sind wir neben Kirgisien“, betonte Erdogan. Wonach bekannt wurde, dass die Türkei Kirgisien militärtechnische Hilfe auf der Basis eines Zuschusses gewähren wird. Eine Reihe kirgisischer Experten vermutete, dass dies türkische Drohnen sein könnten, aber älterer Modelle als die „Bayraktar“-Drohnen, die im Bergkarabach-Krieg Bekanntheit erlangten.
Von den Ländern der Region bleibt vorerst nur Turkmenistan nicht vom türkischen Einfluss erfasst. Aber schon im Herbst wird es die Reihen des Turk-Rates — der internationalen Organisation für turkische Kultur TÜRKSOY – vervollständigen. „Turkmenistan ist bereit, sich dem Turk-Rat anzuschließen, freilich wenn es einen Sonderstatus erhält, der durch das Status dieser Struktur nicht vorgesehen ist“, sagte der „NG“ Jewgenij Satanowskij, Direktor des Nahost-Instituts. Dabei zweifelt der Experte nicht daran, dass es den erhält, wie auch der erste Präsident Turkmenistans Saparmurat Nijasow einen analogen Status für sein Land in der GUS erhielt. Dabei ist interessant, dass sowohl Aserbaidschan als auch Kasachstan sowie Usbekistan und Kirgisien gemeinsam den Beitritt Turkmenistans zur TÜRKSOY lobbyierten. „Eine seltene Einmütigkeit. Russische Vorschläge solcher Art hatten keinen besonderen Enthusiasmus ausgelöst und stoßen auf keinen solchen. So fallen Imperien auseinander. Das Auseinandernehmen des postsowjetischen Raums entsprechend den neuen geopolitischen Realitäten geht mit zunehmender Intensität und nicht geringen Ergebnissen zugunsten Ankaras weiter. Während Moskau schläft… Das Vakuum, dass sich in der Region ergibt, da die russischen Integrationsprojekte schlingern, füllt die Türkei durch sich aus“, unterstrich Satanowskij. „Die Türkei hat eine neue Strategie für den Aufbau eines Imperiums – darunter auf unsere Kosten. Und sie errichtet es“.
Nach Aussagen von Jewgenij Satanowskij könne man die Länder der Region verstehen. Die Amerikaner würden Afghanistan der Willkür des Schicksals ausliefern, wobei sie einen großen Spannungsherd gleich nebenan neben Russland und China schaffen würden. Die Taliban-Bewegung (die in der Russischen Föderation verboten ist) errichte ihre Herrschaft über das gesamte Landesterritorium. Die zerschlagenen und schon längste vernichteten Taliban sind laut amerikanischen Reportagen plötzlich wiederauferstanden und kontrollieren rund 80 Prozent des Territoriums von Afghanistan. Dabei führen sie vor allem Gefechte im Landesnorden, wo die nicht zu den Puschtu-Stämmen gehörende Bevölkerung lebt, an der Grenze zu Tadschikistan und Usbekistan. Die afghanischen Militärs fliehen in die Länder Mittelasiens, um ihr Leben zu retten. Dies löst unbestrittenermaßen Besorgnis in Duschanbe, Taschkent und Aschgabat aus.
„Auf wen sollen sie sich stützen? Russland wird nicht dorthin gehen. Die Erfahrungen aus den Sowjetzeiten haben gereicht. Was die Türkei angeht, so ist sie allem nach zu urteilen dazu bereit. Für den Anfang wird sie in Zusammenarbeit mit Pakistan den Flughafen von Kabul unter ihre Kontrolle bringen. Und dort – wer weiß… Aller Anfang ist schwer“, betonte Satanowskij.
Mehr noch, die Türkei komme nach seinen Worten bereits ans Kaspische Meer. Das Şuşa-Abkommen der Türkei mit Aserbaidschan, das Aspekte einer militärischen Zusammenarbeit vorsehe, bringe die Türkei direkt ans Kaspische Meer. „Bald werden wir türkische Militärstützpunkte am Kaspi zu sehen bekommen. Und dies sind verständlicherweise NATO-Stützpunkte“, erläuterte Jewgenij Satanowskij. Die Prognose des Experten ist keine erbauliche: „Wir werden sehen, dass die Pläne zur Demontage der Russischen Föderation, die all unsere Nachbarn und die USA haben, eine gewisse praktische Dimension erlangen werden“.
Dmitrij Orlow, Generaldirektor des in Bischkek ansässigen Analytischen Zentrums „Strategie Ost-West“, ist der Meinung, dass dies „ein Spiel der Türkei für lange Zeit ist. Doch das Leben Erdogans kann dafür nicht reichen“. „Um zu einem regionalen Player zu werden, hätte Erdogan zwei Bedingungen einhalten müssen – in das Spiel so einzusteigen, dass dies keiner begreift, und am Spiel so teilzunehmen, dass dies keiner versteht. Erdogan hat nicht eine dieser beiden Bedingungen erfüllt. Jetzt führt er sich zu dreist auf. Und dies belegt, dass hinter ihm eine ernsthafte Kraft steht. Und dies ist wahrscheinlich Großbritannien“, sagte Orlow der „NG“. Nach seiner Meinung werde Erdogan die Widersprüche zwischen den USA, China und Russland auszunutzen suchen, allerdings nicht zu seinen Gunsten. Erdogan habe für diese Spiele weder Geld noch den nötigen Einfluss, was wiederum darauf hinweise, dass hinter ihm ein sehr einflussreicher gewisser Jemand stehe.