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Die Übersterblichkeit erreichte eine halbe Million Menschen, verschwindet der Dollar aus den Staatsreserven?


Der natürliche Bevölkerungsschwund (wenn mehr Menschen sterben als geboren werden) hat sich innerhalb eines Jahres um das 2fache beschleunigt, folgt aus Daten, die am vergangenen Freitag die russische Statistikbehörde Rosstat veröffentlichte. Entsprechend den Ergebnissen der ersten vier Monate dieses Jahres erreichte er fast 305.000 Menschen, während im analogen Zeitraum des Vorjahres der Schwund rund 158.000 Menschen ausmachte.

Rosstat bestimmt vier Gruppen der Todesfälle von Personen mit diagnostiziertem COVID-19: Wenn COVID-19 die Hauptursache für das Ableben ist; wenn er als hauptsächliche Todesursache angenommen wird, obgleich zusätzliche medizinische Untersuchungen durchgeführt werden müssen; wenn er eine begleitende Erkrankung war, der die Entwicklung anderer Krankheiten beeinflusste und das Auftreten von Komplikationen, die den Tod beschleunigten, förderten; wenn COVID-19 eine Begleiterkrankung war, aber in keiner Weise den Eintritt des Todes beeinflusste.

Nach Analyse der Statistik von Rosstat teilte Analytiker des Kanals Macro Markets Inside (MMI) mit, dass COVID-19 innerhalb von zwölf Monaten zur Haupttodesursache für 181.000 Menschen geworden war. Dies sei mehr als der Operative Stab der russischen Regierung meldet, der für einen längeren Zeitraum mit Stand vom 6. Juni fast 124.000 Coronavirus-Tote fixierte.

Wie die Analytiker von MMI meinen, würden „die beste Vorstellung über die demografischen Verluste Russlands aufgrund COVID-19“ andere Zahlen vermitteln, die Angaben über die Übersterblichkeit. Die Statistik von Rosstat erlaubt zu bewerten, um wieviel sich in jedem Pandemie-Monat die Zahl der Verstorbenen im Land im Vergleich zum analogen Monat des Vorjahres erhöht hat. Im Endergebnis hat sich ab Mai des Jahres 2020 bis einschließlich April dieses Jahres die Zahl der Verstorbenen um beinahe 27 Prozent oder um mehr als 480.000 Menschen erhöht.

Die Russische Föderation unterschiedet sich von anderen Ländern durch eine hohe Übersterblichkeit und einen vergleichsweise geringen Stand der Vakzinierung der Bevölkerung bei deren relativen Zugänglichkeit. Wie in der vergangenen Woche der stellvertretende Gesundheitsminister Oleg Gridnjew beim Internationalen Petersburger Wirtschaftsforum mitteilte, sei der Plan der massenhaften Vakzinierung in der Russischen Föderation zu mehr als 25 Prozent erfüllt worden.

Laut seiner Präzisierung habe sich das Tempo in der letzten Zeit beschleunigt. Jedoch müsse man es immer noch forcieren, schließlich „soll bis September-Oktober die Zahl der Vakzinierten 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen“. Wenn man sich an den Aussagen des Vizeministers orientiert, dass sich bisher lediglich ein Viertel vom Plan orientiert habe, ergibt sich, dass es sich um etwa 15 Prozent der Bevölkerung handelt.

Diese paradoxe Situation erfordert besondere Aufmerksamkeit und eine Analyse: Die Pandemie hat nicht nur die Schwäche und Unterfinanzierung der Systeme des Gesundheitswesens in verschiedenen Ländern offenbart, sondern in einer Reihe von Staaten, unter anderem in der Russischen Föderation, auch ernsthafte gesellschaftliche Widersprüche deutlich gemacht, die die Offiziellen lange nicht bemerkten oder nicht anerkennen wollten.

Insgesamt aber verlief die vergangene Woche in der feierlichen Atmosphäre des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums, das für viele seiner Teilnehmer zu einer Erinnerung an die Vor-COVID-19-Aktivitäten wurde. Dabei ging es auch nicht ohne sensationelle Erklärungen ab. „Wir haben beschlossen, in der Struktur der Aktiva des Fonds für nationales Wohlergehen vollkommen vom Dollar abzugehen. Ist das Geopolitik? Ja, sie hat wirklich Bedeutung“, erklärte Finanzminister Anton Siluanow in einem Interview für den russischen staatlichen TV-Kanal „Rossia 24“. „Warum? Weil unsererseits die Gewissheit in diese Währung, in diese Aktiva schwindet.“ Nach seinen Worten bemühen wir uns natürlich, „unsere Ressourcen in sicheren Aktiva zu bewahren“. Der Minister erläuterte, dass unter sichere Aktiva Gold und die „keine Zweifel auslösenden“ chinesischen Yuans verstanden werden.

Am Rande des Forums fügte Siluanow hinzu, dass etwa ein Monat vorgesehen werde, um die in Dollar notierten Aktiva auf null zu bringen. Laut Angaben des Ministers würden heute in der Struktur des russischen Fonds für nationales Wohlergehen rund 35 Prozent auf Dollar entfallen, und es würden 0 Prozent werden. Dabei werde der Anteil der Euro im Zuge der Transformation 40 Prozent erreichen, der Yuans – 30 Prozent, des Goldes – 20 Prozent und der Pfund Sterlings und der japanischen Yens – jeweils fünf Prozent. „Die ist eine durchdachte Entscheidung, sie hängt unter anderem mit den Sanktionsdrohungen zusammen, die wir von der amerikanischen Führung erhalten und zur Kenntnis genommen haben“, erläuterte der 1. Vizepremier Andrej Beloussow.

Festgelegt hat sich die Regierung auch hinsichtlich der Verwendung der Reservemittel. „Wir sind übereingekommen. Dies ist eine mehr oder weniger Konsensentscheidung, dass es ungefährlich für die Geld- und Kreditpolitik ist, innerhalb von drei Jahren eine Billion Rubel in den Umlauf zu bringen. Dies sind 333 Milliarden Rubel im Jahr. Nun, wo 333 sind, da sind auch 400. Wir haben uns mit 400 Milliarden eine Planke festgelegt. Irgendwo werden es weniger sein. Aber nicht mehr als 400 Milliarden“, sagte Beloussow am Rande des Internationalen Petersburger Wirtschaftsforums.

Übrigens, in der vergangenen Woche zeichnete sich Beloussow durch Kreativität bei der Auswahl der Terminologie für die Diskussionen über die Wirtschaft aus. Am vergangenen Montag erklärte er in einem Interview von RBC TV, dass „im COVID-Jahr … die Einnahmen der Metallurgen um ein Mehrfaches angestiegen sind“. „Dies ist nicht schlecht. Und es ist sogar nicht schlecht, dass sie Dividenden zahlen. Schlecht ist aber, dass sie alle die Preise auf dem Inlandsmarkt entsprechend dem Ansteigen der Weltmarktpreise angehoben haben“, sagte Belussow. Und er fuhr fort: „Wir sind zu der Auffassung gelangt, dass die Metallurgen uns – den Staat, den Haushalt – hinsichtlich der staatlichen Investitionen und des staatlichen Rüstungsauftrages um 100 Milliarden Rubel pro Jahr, entschuldigen Sie dieses Wort, übers Ohr gehauen haben. Dieses Geld müssen sie uns, meine ich, in Form von Steuern zurückzahlen“.

Die Metallurgen sind durch derartige Erklärungen nicht begeistert. Reagiert hat auch Putin bei der Plenartagung des Petersburger Forums: „Ich bitte die Kollegen …, Andrej Remowitsch (Beloussow – „NG“) nicht zu kränken. Er hat sich vielleicht in der Hitze der Diskussion etwas drastisch geäußert“, sagte der Präsident. Er lenkte das Augenmerk darauf, dass sich die Konjunktur des Weltmarktes verändert hätte und die Branche begonnen habe, Supereinnahmen zu bekommen. Und solch eine Situation führe dazu, dass die Metallurgen Supereinnahmen unter anderem im Land bekommen wollen. Man könne sie verstehen, fügte Putin hinzu. Es ergebe sich aber eine Dysbalance in der Wirtschaft. Wie der Präsident eingestand, ereigne sich derartiges im Bauwesen, im Erdöl- und Energiesektor sowie in der Rüstungsindustrie. Und ganz zu schweigen von der Lebensmittelindustrie.