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Die Ukraine bereitet sich vor, „kluge“ Drohnen als Schwärme zu formieren


Ukrainische Drohnen versuchten am 2. April, wichtige Objekte der Russischen Föderation im Verwaltungsgebiet Lipezk und in Tatarstan anzugreifen. Mehrere Schläge erfolgten weit von der Frontlinie entfernt – gegen die besondere Wirtschaftszone „Alabuga“ (unweit von Jelabuga) und den Bereich des Erdölverarbeitungswerkes in Nishnekamsk. In Kiew macht man keinen Hehl daraus, dass man beabsichtigt, die ukrainischen Streitkräfte durch die Entwicklung und den massenhaften Einsatz neuer hochpräziser Drohnen zu verstärken. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte, dass die Ukraine „versucht, die Kampfhandlungen auf das Territorium der Russischen Föderation zu verlegen“, und betonte, dass die Streitkräfte Russlands „asymmetrisch reagieren“.

Wie die Antwort auf die ukrainischen Drohnen-Angriffe aussehen wird, hat Sergej Schoigu nicht gesagt, aber unterstrichen, dass die Militärs der Russischen Föderation weiterhin „den Gegner von den eingenommenen Positionen verdrängen und dessen Gefechtsmöglichkeiten verringern“.

Und der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, Generaloberst Andrej Kartapolow (Kremlpartei „Einiges Russland“), beantwortete so die Frage danach, wann die ukrainischen Schläge gegen strategische Objekte aufhören werden: „Wenn wir Kiew einnehmen, dann wird das Chaos mit den Drohnen aufhören“.

Derweil behaupten amerikanische Medien, dass die Attacken der ukrainischen Drohnen gegen russische Erdölverarbeitungsbetriebe dank des Einsatzes von Drohnen großer Reichweite durch die Streitkräfte der Ukraine möglich geworden seien. Einige von ihnen hätten begonnen, die Basisform der künstlichen Intelligenz zu nutzen. Laut Angaben der Journalisten sei jeder Flugapparat mit einem Computer ausgerüstet, in dem Satellitendaten und Daten über die jeweilige Örtlichkeit gespeichert seien. Auf deren Grundlage würden die ukrainischen Drohnen angeblich ohne eine Ankopplung an das GPS-System sowie an Satelliten der USA und der NATO fliegen. Die Drohnen stützen sich auf ein maschinelles Sehen – eine Form der künstlichen Intelligenz, die der Apparatur der jeweiligen Drohne erlaubt, deren Standort zu bestimmen. Laut Medienberichten „bestimmt die Ukraine mit den Verbündeten vorab den Flugplan der Drohnen ab. Und die Nutzung der künstlichen Intelligenz erlaubt, Ziele mit einer Genauigkeit von bis zu einigen Metern zu treffen“. Kiew hat wohl kaum selbständig derartigen Waffen schaffen können, meint man in Moskau. Und das Wort „Verbündete“ (zu denen gewöhnlich Strukturen des Pentagons, des CIA und der NATO gerechnet werden) sieht hier als das bestimmende aus.

Dabei zitieren die amerikanischen Journalisten auch den ehemaligen britischen Offizier sowie Experten auf dem Gebiet von Drohnen und künstlicher Intelligenz Chris Lincoln-Jones. Hinsichtlich der Schläge ukrainischer weitreichender Drohnen gegen Ziele in Russland teilte er mit, dass „es bei den Drohnen früher keinen solchen Grad von Autonomie gegeben hatte. Und wir befinden uns immer noch in den Frühstadien einer Erschließung des Potenzials dieser Technologie“. Es sei betont, dass der Minister für digitale Transformation der Ukraine, Michail Fjodorow, zur Frage danach, wann nach seinen Einschätzungen Drohnen mit einer künstlichen Intelligenz auf dem Gefechtsfeld eingesetzt werden können, erklärte, dass „die ersten Prototypen bereits bis Ende des Jahres auf dem Gefechtsfeld auftauchen können. Vorerst natürlich nicht massenhaft“.

Besonders aufhorchen lassen die Worte von Fjodorow, wonach die Ukraine im Vergleich zum vergangenen Jahr die Herstellung von weitreichenden Drohnen um das 10fache erhöht habe. Dabei erklärte der Chef des ukrainischen Ministeriums für digitale Transformation, dass „die meisten eingesetzten Drohnen eine Reichweite von 700 bis 1000 Kilometern haben. Es gibt aber auch Modelle, die über eine Entfernung von mehr als 1000 Kilometern fliegen können“. Fjodorow erinnerte daran, dass das Staatsoberhaupt der Ukraine, Wladimir Selenskij, die Aufgabe formuliert hätte, eine Million Drohnen herzustellen. „Wir arbeiten laut Plan, wollen aber dieses Ziel übertreffen“, sagte der Minister. Er lenkte das Augenmerk auf die Entwicklungen der künstlichen Intelligenz und erklärte, dass in der Zukunft die ukrainischen Drohnen „autonom miteinander agieren werden, um Ziele anzugreifen“. „Gegenwärtig schließen wir den ersten Schritt ab. Es geht um eine Unterstützung für die Unternehmen, die Systeme entwickeln, die in der Lage sind, Ziele zu ermitteln und die Drohnen auf diese zu lenken. Der nächste Schritt ist die Verbindung zwischen den Drohnen. Die Drohnen bilden Schwärme, um die gegnerische Technik zu treffen. Um aber diese Aufgabe zu erfüllen, muss man zuerst die vorhergehenden lösen – das Planen der Funkfrequenzen, die Bestimmung des Ziels und vieles andere. Die künstliche Intelligenz wird immer mehr zu einer unersetzlichen Komponente der Militärtechnik“, betonte der Minister.

In der russischen Experten-Community werden Pläne für ein Vorgehen gegen solche Projekte diskutiert. Wobei die Frage nach einem Schutz von Objekten in der Tiefe des Territoriums der Russischen Föderation bereits vor einigen Monaten aufgeworfen worden war. Viele Varianten sind vorgeschlagen worden, beginnend mit der Stationierung einfacher Luftabwehr- und MG-Anlagen an den nötigen Stellen und bis hin zur Schaffung eines Alarm-Systems, dass den Verantwortlichen erlauben würde, die Flugparameter der Drohnen zu begreifen und sie noch beim Anflug abzuschießen. Sind in Russland solche Systeme geschaffen worden, ist bisher unklar. Derweil attackieren weiterhin ukrainische Drohnen russische Objekte. Der Militärexperte und Generalleutnant im Ruhestand Jurij Netkatschjow erinnert daran, dass westliche Spitzenmilitärs jüngst darüber gesprochen hätten, wie in der Ukraine das System zum Auffinden und zum Schutz vor russischen Drohnen aufgebaut sei. „Die Streitkräfte der Ukraine und Vertreter der ukrainischen Rüstungsindustrie haben Systeme zur Fixierung von Geräuschen in Form einfacher Telefone an Fernmeldemasten installiert, von denen es in der Ukraine bis zu 10.000 gibt. Bei einem Überfliegen von Drohnen gelangen entsprechende Signale in die Einheiten der Luftverteidigung der Streitkräfte der Ukraine, und in Kiew wird deren Flugbahn bekannt. Ergo ergibt sich die Möglichkeit, sie abzuschießen, wobei nicht nur kostspielige Flugabwehr-Systeme, sondern auch Schusswaffen, Artillerie sowie mobile Flugabwehr-Komplexe eingesetzt werden“.