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Die Ukraine legt weiter den Dnestr trocken


Die Regierung der Republik Moldowa verhandelt mit dem ukrainischen Ministerkabinett über den Bau einer Kaskade von Wasserkraftwerken der Ukraine am Dnestr, wegen denen der Fluss versandet. Kischinjow erörtere laut Aussagen der moldawischen Umweltministerin Juliana Cantaragiu die Idee einer Wiedergutmachung des Schadens aufgrund des ukrainischen Hydro-Komplexes. Die Dnestr-Verhandlungen erfolgen vor dem Hintergrund eines Skandals, der durch die Erklärung des Ex-Premiers der Republik Moldowa Vlad Filat über eine widerrechtliche Übergabe des moldawischen Nowodnistrowsker Wasserkraftwerks an die Ukraine ausgelöst wurde. Er hatte dies auch im Jahr 2011 abgesegnet. Gegen die Errichtung der neuen Wasserkraftwerke am Dnestr treten moldawische und ukrainische Wissenschaftler auf.

Juliana Cantaragiu teilte mit, dass die Republik Moldowa mit der ukrainischen Seite über die Suche nach einer gegenseitig vorteilhaften Lösung Verhandlungen führe, damit die Energie-Ambitionen Kiews nicht die Qualität des Flusses Dnestr beeinflussen. Nach ihren Worten werde unter anderem die Idee einer Wiedergutmachung des Schadens erörtert, der der Republik Moldowa durch den ukrainischen Hydro-Komplex zugefügt worden ist.

„Wir suchen Lösungen, um die Regeln für das Funktionieren des hydroenergetischen Dnestr-Komplexes auf die Ebene eines internationalen Abkommens zu bringen, in dem die Republik Moldowa eine aktive Rolle bei möglichen Veränderungen im Zuge des Monitorings des Funktionierens des Komplexes spielen wird. Diskutiert wird gleichfalls die Idee der Schaffung eines Wiedergutmachungsmechanismus. Hinsichtlich des Wassers, das die Grenze passiert, sind Abkommen abgeschlossen worden, die auch 50 Jahre diskutiert wurden. Daher ist es besser, lange, aber gut Verhandlungen zu führen“, sagte Juliana Cantaragiu in einer der Sendungen des öffentlichen Fernsehens. Dabei versichert die Ministerin, dass auch von einer Versandung des Dnestr keine Rede sein könne, und die moldawische Hauptstadt werden auf jeden Fall nicht ohne Trinkwasser bleiben.

„Es besteht keine Gefahr dafür, dass Kischinjow ohne Trinkwasser bleibt. Der Dnestr wird nicht so einfach zerstört. Trinkwasserquelle für Kischinjow ist der Dnestr, und so wird es auch bleiben. Seit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der vierten Turbine hat sich die Fließgeschwindigkeit des Wassers nicht verändert. Um auch die weiteren drei Turbinen in Betrieb zu nehmen, sind größere Wassermengen erforderlich. Gerade die Installierung der anderen Turbinen und das Arbeitsregime des Komplexes sind Gegenstand der Verhandlungen“, erläuterte die moldawische Ministerin.

Es sei daran erinnert, dass die Ukraine im Staudamm des Nowodnistrowsker Wasserkraftwerks vier Turbinen für die Erzeugung von Elektroenergie installierte und plant, drei weitere zu installieren. Nach Meinung von Ökologen würden die Handlungen der ukrainischen Seite die Wasserqualität im Fluss beeinflussen. Und es würde in wenigen Jahren das Risiko seiner Versandung bestehen. Wissenschaftler lenken die Aufmerksamkeit darauf, dass der Dnestr 70 Prozent des Trinkwasserbedarfs der Republik Moldowa deckt.

Derweil schaukelt sich um das Nowodnistrowsker Wasserkraftwerk, das früher Moldawien gehörte, dann aber durch die Regierung der Republik gegen zwei Tagebaue für die Gewinnung von Baumaterialien – in den ukrainischen Städten Tschernowzy und Perwomaisk – eingetauscht wurde, ein Skandal hoch. Die Sache ist die, dass der frühere Premierminister Vlad Filat die Ungesetzlichkeit der Übergabe des Staudamms unweit des moldawischen Dorfs Naslavcea an die Ukraine eingestanden hat. Dies hatte er Journalisten des internationalen Netzwerks BalkanInsight erzählt. Nach Aussagen Filats hätte er das Abkommen mit der Ukraine über die Übergabe des Staudamms des Nowodnistrowsker Wasserkraftwerkes an sie ohne ein entsprechendes Gutachten unterschrieben.

„Dies ist ein für uns beschämendes Ergebnis… Sicherlich hätte ich nach Naslavcea fahren und mich kundig machen müssen. Ich hatte aber keine Informationen“, suchte sich der frühere Regierungschef nicht sehr überzeugend zu rechtfertigen. Die Zeitung „Moldawische Nachrichten“ warf die Frage auf: Werden nach den Eingeständnissen des ehemaligen moldawischen Regierungschefs Handlungen der Generalstaatsanwaltschaft folgen? Die hüllt sich aber bisher in Schweigen. Nicht reagiert auf die Erklärung Filats hat auch die Präsidentin Maia Sandu, die früher unter seiner Leitung gearbeitet hatte.

Derweil hatten am 1. Oktober 2010 der Premierminister der Republik Moldowa Vlad Filat und seine ukrainische Amtskollegin Julia Timoschenko in Kiew unter großer Geheimhaltung ein Protokoll unterschrieben, dass das Eigentumsrecht der Ukraine auf das Nowodnsitrowsker Wasserkraftwerk, von dem sich ein Teil auf dem Territorium Moldawiens befindet, und darüber hinaus auf 17,35 Hektar des Dnestr-Ufers beim Dorf Naslavcea bestätigte.

Im Juli 2011 ratifizierte die regierende Mehrheit des moldawischen Parlaments das Zusatzprotokoll, das heimlich von Filat unterschrieben worden war. Im Oktober ratifizierte es auch die Werchowna Rada der Ukraine.

Nach Erhalt des Nowodnistrowsker Wasserkraftwerks fing die Ukraine an, aktiv am Dnestr eine Kaskade von Wasserkraftwerken zu errichten, die nach Meinung von Experten dem Dnestr endgültig einen Untergang bescheren werden. Nach Aussagen des Leiters der internationalen Assoziation der Verteidiger des Dnestrs „Eco-Tiras“ Ilya Trombitsky könne die Absicht der ukrainischen Seite, am Dnestr sechs Wasserkraftwerke zu bauen, zu einer Zerstörung des Öko-Systems des Flusses führen und einer riesigen Region das Trinkwasser nehmen. Trombitsky verteidigt bereits seit Jahren konsequent den Dnestr, wobei er auch ukrainische Ökologen für eine Erörterung des Problems gewinnt. Dies ist kein ökologisches Problem, sondern das Problem des Fehlens einer ökologischen Komponente bei unseren Offiziellen. Bei uns diskutieren die Staatsbeamten schon sehr lange überhaupt nicht mehr diese Fragen mit Spezialisten“, hatte früher die Vorsitzende der Gesamtukrainischen ökologischen Liga Tatjana Timotschko betont.

Sie sagte, dass die Umweltschützer und Wissenschaftler der Ukraine kategorisch gegen den Bau der Kaskade von Wasserkraftwerken an dem Fluss seien. Nach Aussagen Timotschko werde der Bau der Wasserkraftwerke an dem Fluss nicht nur dessen Versandung und einen Wassermangel nach sich ziehen. „Es besteht das Risiko einer seismischen Gefahr. Was immer auch einige Vertreter unserer ukrainischen Regierung sagen mögen, möglicherweise wissen sie nicht, was die Vrancea-Zone (die rumänischen Karpaten – „NG“) ist. Doch sie befindet sich neben uns“, erklärte Timotschko.

Was Vrancea ist, weiß man in Moldawien gut, wo mehrfach im Monat Erdstöße registriert werden. Das Epizentrum der Beben ist Vrancea.

Nach Meinung von Ökologen beider Länder müsse man Treffen von Spezialisten, Wissenschaftler und höchsten Beamten hinsichtlich der Bauarbeiten organisieren, die die negativsten Folgen haben könnten. Während jedoch die Wissenschaftler Alarm schlagen, errichten die Bauarbeiter neue Elemente der Kaskade. Und in der moldawischen Regierung führt man auch zumindest Verhandlungen mit Kiew, versichert aber, dass alles nicht so schlimm sei, wie die Wissenschaftler darstellen würden.

Die moldawische Umweltministerin ist sich gewiss, dass Kischinjow nicht ohne Trinkwasser bleiben werde. Freilich, seine Qualität kann leiden, wenn die Ukrainer weiter Turbinen des Hydroenergie-Komplexes in Dienst stellen werden. Nach Aussagen von Juliana Cantaragiu würden zur Vermeidung solch eines Szenarios Verhandlungen auf der Plattform der Kommission für die Dnestr-Fragen geführt.