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Die Ukraine wird um jeden Preis aufgerüstet


Das im vergangenen Dezember von den Vereinigten Staaten angeschobene Narrativ über einen angeblich herannahenden baldigen russischen Überfall auf die Ukraine (der anfangs von den Amerikanern für Ende Januar angekündigt wurde) hatte mehrere Ziele. Eine der Hauptaufgaben dieser Propaganda war jedoch offensichtlich die Aufhebung der früher existierenden politischen und juristischen Hindernisse für eine Aufstockung des Militärpotenzials der Ukraine für deren Zementierung als ein langfristiges antirussisches Aufmarschgebiet des Westens.

Die Ergebnisse haben nicht auf sich warten lassen. Während früher jede neue potenzielle Lieferung von Waffen oder Militärtechnik in die Ukraine recht lange erörtert wurde, sind seit Ende Dezember die Schleusen geöffnet worden. Und nach Kiew ergießt sich ein ganzer Strom unterschiedlichster militärischer Hilfe.

Spitzenreiter sind hier natürlich die USA. Bereits Ende Dezember hatte Präsident Joseph Biden hinter vorgehaltener Hand ein neues Paket amerikanischer Militärhilfe für die Ukraine im Umfang von 200 Millionen Dollar gebilligt – bereits das zweite zusätzliche Paket im Jahr 2021 nach den Ende August für Kiew bereitgestellten 60 Millionen Dollar.

Die Waffenlieferungen für die Ukraine entsprechend dem August-Paket erfolgten im Oktober-November, als die Vereinigten Staaten der Ukraine 30 Javelin-Panzerabwehr-Raketenkomplexe und 180 lenkbare Raketen dazu übergaben. Es sei daran erinnert, dass die Ukraine im Jahr 2018 im Rahmen der amerikanischen Militärhilfe die ersten 37 Javelin-Komplexe und 210 Raketen dazu aus dem Bestand der US-Armee erhielt. Und im Jahr 2020 – zehn Javelin-Startkomplexe und 150 Raketen dazu aus einer neuen Produktionsserie. Im vergangenen Jahr sind den Ukrainern gleichfalls Schusswaffen und Scharfschützengewehre geliefert worden, augenscheinlich inklusive 12,7-Millimeter-M2-Maschinengewehre.

Die Übergabe von Militärgut an die Ukraine entsprechend dem neuen Biden-Paket wurde am 22. Januar begonnen, als mit einem Frachtflugzeug vom Typ Boeing 747 90 Tonnen Militärgut in Kiew angeliefert wurden, unter denen weitere einhundert Javelin-Panzerabwehrlenkraketen mit einer Sicherung waren, den vom Pentagon verbreiteten Aufnahme von der Beladung des Flugzeugs auf dem US-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt Dover nach zu urteilen. Augenscheinlich wurden auch rund 100 exotische, in kleiner Serie gefertigte bunkerbrechende Einzelschusswaffen mit Schulterstart vom Typ M141 SMAW-D geliefert, die Ende der 1990er Jahre gefertigt wurden.

Vertreter der US-amerikanischen Administration signalisieren offen die Absicht, die Nomenklatur der amerikanischen militärischen Lieferungen für die Ukraine zu erweitern. Geplant sind bereits Lieferungen mobiler Stinger-Luftabwehrraketen. Meldungen in den amerikanischen Medien nach zu urteilen, kann man gleichfalls Lieferungen von TOW-2-Raketenkomplexen sowie modernen funkelektronischen Kampfmitteln und anderer Technik aus den Vereinigten Staaten erwarten.

Geprüft werden auch Möglichkeiten für die Lieferung von Luftwaffentechnik an die Ukraine. Am 19. Januar informierte das Weiße Haus über die Absicht, den Streitkräften der Ukraine fünf Mi-17-Hubschrauber aus russischer Fertigung zu übergeben, die sich derzeit im Bestand des US-Verteidigungsministeriums befinden. Gemeint sich vermutlich Hubschrauber vom Typ Mi-17W-5 der einstigen Luftstreitkräfte Afghanistans, die sich auf dem Territorium der Ukraine nach einer Instandsetzung in ukrainischen Betrieben befinden. Möglicherweise wird es im Weiteren um Flugzeuge und Hubschrauber der einstigen afghanischen Luftstreitkräfte unterschiedlicher Typen gehen (auch einschließlich Mi-17-Hubschrauber), die nach der Flucht der Amerikaner aus Afghanistan im vergangenen August auf das Territorium mittelasiatischer Republiken gebracht wurden.

Im Streben danach, dem älteren Brüder von der anderen Seite des Atlantiks nicht nachzustehen, ist jetzt Großbritannien zu einem aktiven Sponsor der Ukraine geworden. London hatte früher ein Abkommen über die Gewährung eines Kredits im Umfang von 1,7 Milliarden Pounds Sterling für die Entwicklung der Seestreitkräfte Kiews unterzeichnet, der am Donnerstag durch die Werchowna Rada (das ukrainische Parlament) gebilligt wurde. Im Rahmen der Nutzung dieser Kreditmittel sollen für die Ukraine unter anderem acht große Raketenschnellbaute gebaut und zwei ausgemusterte Minensuchschiffe verkauft werden. All dies ist jedoch eine Sache mehrerer Jahre. Vorerst wurden vom 17. bis einschließlich 20. Januar eiligst aus Beständen der britischen Armee über 2.000 mobile NLAW-Raketenabwehrkomplexe nach Kiew gebracht worden. Es handelt sich dabei um großkalibrige panzerbrechende Einweg-Granatwerfer mit einer bis auf 600 Meter erhöhten Reichweite durch die Integrierung eines Zielsuchsystems. Diese Waffensysteme wurden im Rahmen von acht Flügen von Transportflugzeugen des Typs Boeing C-17a Globemaster III der British Royal Air Force angeliefert.

Die Entscheidung, der Ukraine Militärhilfe zu gewähren, die bisher nicht weiter konkretisiert wurde, signalisierten auch Kanada, Polen und eine Reihe anderer Staaten. Tschechien kündigte die Lieferung von Artilleriemunition für die Ukraine an. Offensichtlich geht es dabei um Munition des Kalibers 152 Millimeter, in deren Hinsicht in der ukrainischen Armee ein akuter Mangel herrscht, zumal es die ukrainischen Offiziellen immer noch nicht verstanden haben, eine eigene Fertigung dafür anzuschieben.

Litauen, Lettland und Estland erklären ständig jegliche mögliche Unterstützung für Kiew im Kampf gegen eine Aggression. Sie beschlossen, der Ukraine einen Teil ihrer Waffen aus US-amerikanischer Produktion zu übergeben: Estland – Javelin-Panzerabwehrraketen mit ablaufenden Lagerungsfristen, Lettland und Litauen – mobile Stinger-Luftabwehrraketenkomplexe. Unter Berücksichtigung der geringen Anzahl von Stinger-Raketen ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der baltische Kanal einfach zu einer Tarnung für umfangreichere Lieferungen von Stinger-Komplexen unmittelbar aus Amerika in die Ukraine wird.

Die Esten haben beschlossen, der Ukraine alte sowjetische 122-Millimeter-Haubitzen D-30 zu überlassen, die sie früher von den Finnen erhalten hatten. Die Deutschen haben aber Estland keine Genehmigung für die Entsendung dieser Waffen in die Ukraine erteilt.

Ungeachtet der an Moskau gerichteten Drohreden über eine entschiedene „Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine“ tragen die westlichen Militärlieferungen für Kiew bisher einen eingeschränkten Charakter und werden wohl kaum das Kräfteverhältnis zwischen den Streitkräften der Ukraine und Russlands wesentlich beeinflussen können. Für eine Abwehr großer allgemeiner Truppen- und Luftwaffen-Gruppierungen können Panzerabwehr- und Luftabwehrmittel kurzer Reichweite vom Prinzip her nur eine begrenzte Rolle spielen. Für die Hoffnungen auf eine Schwächung der angreifenden Truppengruppierungen hat die Ukraine zu wenig operativen Raum und eigene Truppen. Sowohl das eine als auch das andere enden schneller, noch bevor der Effekt der Verluste real für die massiv angreifenden Kräfte des Gegners wirksam wird.

Jegliche Lieferungen bedeutsamerer und schwerer Waffen verlangen von den westlichen Ländern ein ganz anderes Niveau militärischer Hilfe für die Ukraine, mehr Zeit und den Einsatz westlicher Kräfte für die Wartung und Bedienung der komplizierteren Systeme, was eine Eskalation durch die Verwicklung auslöst, zu der der Westen gar nicht bereit ist. Daher ist das, was derzeit mit solch einem Pomp und solch einer Reklame durch die westlichen Ländern in die Ukraine gebracht wird, imstande keine größere Rolle als eine Kugel für einen Elefanten zu spielen.