Der Oberste Rat für nationale Verteidigung Rumäniens wird am 19. September die Präsidentschaftswahlen Moldawiens und das dortige Referendum über einen EU-Beitritt erörtern. Dabei werde es um eine „Gewährleistung der Unumkehrbarkeit des europäischen Kurses“ des Nachbarlandes gehen, meldeten rumänische Massenmedien. „Wenn Moldowa seine geopolitische Ausrichtung verändert, wird dies eine unmittelbare Gefahr nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Rumänien schaffen“, erläuterte Wladislaw Kulminskij, Ex-Vizepremier der Republik Moldowa, das Interesse von Bukarest für die Situation im Nachbarland.
Die moldawischen Präsidentschaftswahlen, die für den 20. Oktober anberaumt wurden, lösen im Westen verstärktes Interesse aus. Am Vorabend hatte US-Außenminister Anthony Blinken erklärt, dass Russland versuche, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in Moldawien zu manipulieren.
Danach gab man in Bukarest die Einberufung des Obersten Rates für nationale Verteidigung Rumäniens bekannt. Bukarester Medien erläutert unter Berufung auf offizielle Quellen, dass dies mit der Notwendigkeit einer „Gewährleistung der Unumkehrbarkeit des europäischen Kurses“ der Republik Moldowa zusammenhänge. Kischinjower Massenmedien werten teilweise das Interesse von Bukarest für die Wahlkampagne in Moldawien als eine „Einmischung in die Wahlen und das Referendum“ im Nachbarland.
Die Zeitung „Moldawskoje Vedomosti“ schreibt beispielsweise, dass sich Rumänien so aufführe, „als ob Moldowa eines seiner Verwaltungsgebiete sei“. Und fährt fort: „Es kann angenommen werden, dass den gegenwärtigen Herrschenden der Republik Moldowa Hilfe beim Erreichen der nötigen Ziele gewährt wird, schließlich sind rund eine Million Einwohner unseres Landes Staatsbürger Rumäniens“.
Das Blatt räumt ein, dass „Medien, die Geheimdienste und diplomatische Strukturen hinzugezogen werden, um die so nötigen Ja-Stimmen zu sichern. … Etwas Ähnliches haben wir bei den früheren Wahlen gesehen, als man die Diaspora (in den EU-Ländern – „NG“) zu den Wahllokalen gefahren hatte. Da die Einsätze gestiegen sind, kann man auch entschiedenere Handlungen erwarten“, resümiert der Autor des entsprechenden Beitrags. Nach seiner Meinung werde dies alles unter dem Applaus der moldawischen Offiziellen erfolgen.
Der frühere Vizepremier der Republik Moldowa für Reintegration, Wladislaw Kulminskij, kommentierte die Informationen über die Einberufung des Nationalen Verteidigungsrates, auf dessen Tagesordnung die „strategische Partnerschaft mit Moldowa“ und die „Gewährleistung der Unumkehrbarkeit ihres europäischen Kurses“ stehen. Kulminskij betonte, dass „Moldowa nach dem Zusammenbruch der UdSSR die Politik „sowohl mit den einen als auch mit den anderen“ vorgezogen hat, wobei es keine klare Entscheidung getroffen hat“.
„Heute möchte Russland die regionale Ordnung verändern und den Einflussbereich, zu dem die Ukraine und die Republik Moldowa gehören, wiederherstellen. In einem Kommuniqué des rumänischen Präsidenten ist eine Warnung an die Adresse Großbritanniens, Kanadas, der USA und Australiens enthalten, die erklärt hatten, dass Russland plane, Moldowa in seinen Einflussbereich zurückzuholen“, sagte der frühere Vizekabinettschef in einer TV-Sendung.
Er erklärte gleichfalls, dass, „wenn Russland nicht auf militärischem Wege (in die Republik Moldowa – „NG“) kommen kann, es versuchen wird, eine Regierung in Kischinjow zu schaffen, dank der Moldowa in einer Grauzone bleiben wird“.
„Die globale (Welt-) Ordnug aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg existiert nicht mehr. Und wir können nicht mehr an das internationale Recht appellieren. Hier wird nur die Situation-Postfaktum Bedeutung besitzen, die geschaffen wird und in der sich Moldowa befinden wird. Wenn Moldowa seine geopolitische Ausrichtung verändert, schafft dies eine unmittelbare Gefahr nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Rumänien“, sagte Wladislaw Kulminskij.
Es sei betont, dass die Handlungen der moldawischen Offiziellen von vielen Ländern der Europäischen Union unterstützt werden, zumal zeitgleich mit der Wahl des Präsidenten der Republik Moldowa ein Referendum über die Integration des Landes in die EU durchgeführt wird. Entsprechend der Absicht der Initiatorin der Volksbefragung, der Präsidentin Maia Sandu, sollen die Moldawier den Kurs der Republik zur Europäischen Union bestätigen und für die Aufnahme dieser Bestimmung in die Landesverfassung votieren.
Damit diese Veranstaltung gelingt, kommen am 17. September europäische Beamte nach Kischinjow für eine Teilnahme an der sogenannten Plattform für eine Unterstützung der Republik Moldowa, die von Deutschland, Frankreich und Rumänien vor zwei Jahren initiiert worden war, teilte Sandu mit. Sie präzisierte, dass eine Verstärkung der Unterstützung für die Republik Moldowa seitens der Europäischen Union das Ziel sei.
Péter Szijjártó, der Außenminister Ungarns, das gegenwärtig den Vorsitz in der EU führt, hat im September ebenfalls Kischinjow besucht, jedoch die Kischinjower Spitzenvertreter jedoch etwas enttäuscht. Er hatte erklärt, dass die EU-Mitgliedsländer im Verlauf von Tagungen hinter verschlossenen Türen gegen eine Erweiterung der Europäischen Union auftreten würden.
„Ich möchte Ihre gute Stimmung nicht verderben, doch unsere Hauptaufgabe ist es, der Heuchelei ein Ende zu bereiten, die in Brüssel hinsichtlich einer EU-Erweiterung aufgekommen ist. Die meisten EU-Länder sagen öffentlich, wie stark sie eine Erweiterung der EU unterstützen würden. Ich wohne dem da bei. Und wenn die Presse nicht zugegen ist, gibt es keine Kandidaten. Da sind lediglich wir. Die 27 Mitgliedsländer, der Großteil der Außenminister-Kollegen, treten eher gegen eine Erweiterung denn dafür ein“, sagte Péter Szijjártó. Wonach Abgeordnete der regierenden Partei PAS vorschlugen, den Außenminister der Republik Moldowa, Mihail Popșoi, aufgrund des überschwänglichen Empfangs des ungarischen Amtskollegen zu entlassen.
„Die Konferenz, die am 17. September erfolgt, ganze drei Tage vor dem offiziellen Beginn des Wahlkampfes für die Präsidentschaftswahl, hat augenscheinlich nichts gemein mit der äußeren Unterstützung für Maia Sandu“, ironisiert der moldawische Ex-Premier Vlad Filat. „Eine Retrospektive der vorangegangenen Konferenzen ist aber notwendig, um die praktische Relevanz dieser Plattform für die Bürger der Republik Moldowa zu begreifen“, schreibt der Politiker.
Insgesamt hat es vier Konferenzen der Plattform gegeben. Die erste fand am 5. April 2022 in Berlin statt. Entsprechend ihren Ergebnissen war Moldowa eine Hilfe im Umfang von 659 Millionen Euro versprochen worden. Die zweite erfolgte am 15. Juli 2022 in Bukarest, wonach Moldowa zusätzlich 77 Millionen Euro zugesagt wurden. Die dritte fand am 21. November 2022 in Paris statt. Frankreich und Deutschland hatten 200 Millionen bzw. 95 Millionen Euro zugesagt. Und die vierte erfolgte im vergangenen Jahr in Kischinjow.
Das Ergebnis der vier Konferenzen der Plattform für eine Unterstützung der Republik Moldowa beläuft sich auf 1,180 Milliarden Euro. Bis zum 17. September – dem Tag des Beginns der fünften Konferenz — bat Filat die Regierung Moldawiens, im Geiste einer Transparenz des Treffens von Entscheidungen, einen ausführlichen Bericht vorzulegen: Wie viel der zugesagten 1,180 Milliarden Euro in den Staatshaushalt gelangte und wie diese Mittel genutzt wurden. „Wenn kein Bericht vorgelegt wird, richten wir diese Frage an die 65 europäischen Beamten, die an der fünften Sitzung der Plattform teilnehmen“, verkündete der Oppositionspolitiker. „Maia, wo ist das Geld?“, fragte Filat (dem selbst Korruption und Geldwäsche vorgeworfen wird – Anmerkung der Redaktion) die moldawische Präsidentin, die seinerzeit zu der von ihm geführten Regierung gehört hatte.
Kischinjower Medien behaupten, dass das Treffen der EU-Vertreter im Rahmen der Plattform zwecks Unterstützung des Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen Moldawiens, der für den Westen von Vorteil ist, erfolge. Moldawische Journalisten betonen, dass den „ganzen September Abgesandte der EU nach Kischinjow kommen, um angeblich die Euro-Integration, tatsächlich aber Sandu für eine zweite Amtszeit zu unterstützen“.
Derweil hat das Unternehmen iData Ergebnisse seiner neuen Umfrage veröffentlicht. Laut deren Angaben sind 47,2 Prozent der Befragten der Auffassung, dass sich die Angelegenheiten in Moldawien nicht in der richtigen Richtung bewegen würden. Über ein Drittel (36,6 Prozent) der Einwohner der Republik sind kategorisch gegen einen EU-Beitritt der Republik Moldowa. Weniger als die Hälfte (47,8 Prozent) der Befragten plädieren für eine Billigung der Verfassungsänderungen beim Referendum. Das Vertrauensrating der Präsidentin ist bis auf 25,3 Prozent eingebrochen. Das heißt, fast 75 Prozent der Moldawier sind gegen Sandu, konstatieren die iData-Soziologen. Für die „eigenen Leute“ ist sie aber noch der Leader.