Russische Staatsbeamte melden, dass sie beinahe eine Lösung für das Problem der Wasserversorgung der Krim gefunden hätten. Unter dem Meeresboden des Asowschen Meeres haben Geologen Wasser gefunden, aber nicht mit Trinkwasserqualität, sondern nur für technische Zwecke. Die Nutzung des „Asow“-Wassers verlangt große Aufwendungen – für das Anlegen spezieller Meeresbohrungen, für den Transport der Flüssigkeit an die Küste sowie für dessen Reinigung und Aufbereitung. Gegen das Projekt für die Förderung von unter dem Meeresboden des Asowschen Meeres entdeckten Wassers treten Wissenschaftler auf, die vorschlagen, zur Nutzung der traditionelleren Quellen zurückzukehren. Zumal das Wasser auf der Krim dank reichlicher Niederschläge erneut ausreicht.
Das Wasser, das im Verlauf von Bohrarbeiten im Bereich des Asowschen Meeres gefunden wurde, könne als Trinkwasser nach der erforderlichen Aufbereitung genutzt werden, teilte am vergangenen Montag Russlands Vizepremier Marat Chusnullin auf seiner Instagram-Seite mit. „Gefunden wurde schwach mineralisiertes Wasser, das bedingt Trinkwasser ist (geeignet zur Nutzung für technische Zwecke: für eine Bewässerung sowie in Heiz- und Kühlsystemen). Bei Vorhandensein einer erforderlichen Wasseraufbereitung kann das Wasser als Trinkwasser genutzt werden“, heißt es in dem Post.
Über die Anstrengungen von Geologen zur Suche nach neuen Wasserquellen für die Krim hatte die „NG“ im April letzten Jahres berichtet. Für das Krim-Projekt der staatlichen Holding „Rosgeologia“ waren 70 Millionen Rubel bereitgestellt worden. Im Juli war bekannt geworden, dass eine erste Partie von Flüssigkeit aus einer Tiefe von etwa 100 Metern gewonnen wurde.
In einer Präsentation des Vizepremiers wird mitgeteilt, dass die Krim und Sewastopol im Ergebnis der Realisierung der Maßnahmen des komplexen Planes für eine zuverlässige Wasserversorgung beider Regionen in den Jahren 2022-2023 zusätzlich fast 30.000 Kubikmeter Wasser am Tag erhalten würden (26.800 Kubikmeter – Simferopol, das Verwaltungszentrum der Krim; 3.100 Kubikmeter – Sewastopol).
Unmittelbar am Vorabend des Jahreswechsels hatte der Chef von „Rosgeologia“ Sergej Gorkow mitgeteilt, dass im Ergebnis der von der Holding im Jahr 2021 durchgeführten Arbeiten im Bereich des Asowschen Meeres keine Angaben über die Vorräte an Süßwasser vorgelegt werden könnten. „Die Hauptaufgabe war zu verstehen, gibt es Süßwasser oder nicht. Süßwasser ist festgestellt worden. Die Ermittlung der Vorräte, dies ist eine schwierige Arbeit. Anhand der Angaben von einer Bohrung werden keine Vorräte ausgewiesen. Wir brauchen Bohranlagen von einer völlig anderen Größe“, erläuterte Gorkow. Für eine weitere Durchführung von Arbeiten im Jahr 2022 würden zusätzliche Subventionen und neue Anlagen gebraucht. „Wir bereiten gegenwärtig Vorschläge für die Regierung vor, wie man dies tun kann. Erforderlich sind Anlagen und Ausrüstungen eines neuen Typs. Wahrscheinlich muss eine Bohrplattform gebaut werden“, sagte er.
Er berichtete gleichfalls, dass „Rosgeologia“ zusätzliche Mengen für eine Bereitstellung von Süßwasser in der Republik Krim im Umfang von über 100.000 Kubikmeter am Tag gesichert hätte. „Wenn Sie sich erinnern: Es gab eine Aufgabe durch Präsident Wladimir Putin für die Republik Krim, denn es bestand ein recht ernsthaftes Problem mit der Wasserversorgung. Wir haben den Plan hinsichtlich der Mengen und Sollmengen an Trinkwasser in der Republik erfüllt und sogar übererfüllt. Wir haben über 100.000 Kubikmeter am Tag sichergestellt“, erklärte er.
Wissenschaftler wenden sich jedoch scharf gegen eine Fortsetzung dieses Projekts. Die Position hinsichtlich des Wassers, das unter dem Asowschen Meer gefunden wurde und angeblich für eine Wasserversorgung geeignet sei, ist recht konkret: Es sei wenig wahrscheinlich, dass es genutzt werden könne, teilte man der „NG“ im Institut für Wasserprobleme der Russischen Akademie der Wissenschaften mit. Das Institut befasste sich nicht mit der Erschließung dieser Lagerstätte und hat nicht die Analyseergebnisse gesehen. „Wir haben uns auch nicht mit der Entsalzung und deren Bewertung befasst“, präzisierte man dort, wobei betont wurde, dass sich das Institut gegenwärtig mit der Untersuchung der Frage nach einer Gewährleistung der Wasser-Sicherheit der Krim befasse und die Möglichkeiten einer Nutzung der Zuflüsse der Krimflüsse für eine Wasserversorgung der Region untersuche.
Die schärfste ablehnende Haltung zum Wasser aus dem Meeresboden des Asowschen Meeres war bereits im Oktober bei einer Konferenz formuliert worden, die den Problemen der Wasser-Sicherheit der Krim gewidmet war. Die Proben des Wassers, die aus einer Schicht in einer Tiefe von rund 100 Metern unter dem Asowschen Meer gewonnen wurden, hätten ein Übersteigen der zulässigen Werte für Süßwasser um das 10fache demonstriert, teilte der Leiter des Instituts für Wasserprobleme Viktor Danilow-Daniljan mit. „ich denke, dass man nicht unter dem Meer bohren sollte“, erklärte er. Denn das Wasser besitzt, wie sich herausstellte, eine Mineralisierung von 10,4 Promille, was um ein 10faches die maximal zulässige Norm für Süßwasser übersteigt.
Wie der Wissenschaftler betonte, seien in er internationalen Praxis Fälle des Entdeckens von Süßwasser unter dem Meeresboden bekannt. Dessen Nutzung führe aber unweigerlich zu einer weiteren Substitution durch salziges. Dies bedeute, dass anstelle der Süßwasserressource nach einer gewissen Zeit dennoch Wasser mit einer Mineralisierung, die dem Asowschen Meer eigen ist, an die Oberfläche gelange – bis zu 14 Promille.
Das Projekt hat auch der Leiter des Lehrstuhls für Hydrogeologie der geologischen Fakultät an der Moskauer staatlichen M.-W.-Lomonossow-Universität Sergej Posdnjakow nicht unterstützt. Eine Bohrung werde nach Aussagen des Wissenschaftlers im Durchschnitt bis zu 3.000 Kubikmeter Wasser am Tag aus dem Meeresboden fördern. Um zumindest zehn Prozent der Krim-Bevölkerung mit Wasser zu versorgen, müsse man mindestens 40 bis 50 solcher Bohrungen niederbringen. Dies sei mehr als die Öl-Bohrungen in Norwegen, präzisierte der Wissenschaftler.
Mit der Zeit werde dieses Wassers unweigerlich zu salzigem, pflichtet er bei. Wenn dies in 25 Jahren erfolge, so könne man sich darauf einlassen. Wahrscheinlich werde es aber weitaus früher zu salzigem, vermutet Posdnjakow. „Wenn Sie diese Bohrungen niederbringen und anfangen, Wasser zu entnehmen, wird es durch Wasser aus dem Asowschen Meer ersetzt, in dem die Mineralisierung zehn bis 14 Gramm je Liter ausmacht, während die Menschen eine Mineralisierung des Wassers (bereits) bei einem Gramm je Liter spüren. Die sanitären und Hygienevorschriften und -normen verbieten, solch Wasser zu trinken“, betonte Posdnjakow.
Wissenschaftler der Russischen Akademie der Wissenschaften, der Föderalen Krim-Universität und einer Reihe anderer wissenschaftlicher Einrichtungen haben ein Konsortium gebildet, um gemeinsam die Klimaveränderungen auf der Krim zu beobachten, insbesondere den Zustand der Wasserressourcen auf der Halbinsel. Die Wissenschaftler beklagen, dass sie wie auch viele Spezialisten nicht die wissenschaftliche Begründung für das Projekt zur Förderung von Wasser aus dem Meeresboden des Asowschen Meeres gesehen hätten, da es nicht veröffentlicht wurde. Im Großen und Ganzen sind sie sich sicher, dass die Förderung solchen Wassers kein Potenzial habe.
Derzeit hat das Problem der Wasserversorgung der Krim einige Veränderungen im Vergleich zur Situation vom Januar des Jahres 2021 oder des Jahres 2020 erfahren. Dies hängt aber hauptsächlich mit der „Gnade“ der Natur zusammen, die im Sommer der Halbinsel solche Regenfälle bescherte, dass die föderale Regierung nach wie vor der Republik Subventionen für die Wiederaufbauarbeiten zahlt (im Dezember wurde eine weitere Tranche von fast 60 Millionen Rubel für Havarie- und Instandsetzungsarbeiten in Betrieben des Brennstoff- und Energiekomplexes überwiesen).
Gegenwärtig gibt es auf der Krim Schnee. Und der Füllstand der Stauseen ist weitaus höher als in den vergangenen trockenen Jahren, als die Einwohner streng Wasser sparen bzw. mit ihm haushalten mussten. Wie der Generaldirektor des Unternehmens „Wasser der Krim“ Maxim Nowik gegenüber Journalisten mitteilte, machte Ende 2021 der Füllstand des Simferopol-Stausees 36 Prozent aus, im Jahr zuvor waren es nur zehn Prozent gewesen. Für den Partisanskoje-Stausee nannte er die Zahl 60 Prozent (zehn Prozent im Jahr zuvor). Und für den Ajanskoje-Stausee – 99 Prozent anstelle der fünf Prozent im Jahr zuvor.
Bis zu einer Lösung des Problems ist es aber noch weit. Am vergangenen Montag wurde aufgrund von Havarie- und Reparaturarbeiten an den Wasserversorgungsnetzen die Wasserbereitstellung für die Einwohner von Feodosia, Dschankoj und den Lenin-Kreis eingeschränkt. Andererseits gab es in Sewastopol einen richtigen Feiertag. Man hatte für die Einwohner der Stadt die Wasserversorgung wiederhergestellt, die noch im vergangenen Jahr unterbrochen worden war. Aber mehr als zehn Straßen und einige Ortschaften in der Umgebung von Simferopol müssen sich noch etwas gedulden, denn sie bleiben etwas länger ohne eine zentrale Trinkwasserversorgung. Der Grund: eine Störung an einer der Hauptwasserleitungen.