Beinahe jedes Land ist auf das Wachstum seines Exports stolz, aber nur nicht Russland. In den letzten Monaten erweitern die Offiziellen der Russischen Föderation die Listen von Verboten und Einschränkungen für die Ausfuhr unterschiedlichster Waren – von Sonnenblumenkernen und -öl sowie Soja bis zu Metallschrott und Weizen. Zu einem neuen Punkt in der Liste der Einschränkungen können jetzt Holzspäne und Holzspanplatten werden. Das Industrie- und Handelsministerium hat bereits über diese Pläne informiert. Die Beamten sind sich gewiss, dass sie durch Exportverbote die Inlandspreise stabilisieren. Tatsächlich aber maskieren die Export-Beschränkungen nur den tiefgreifenden kranken Zustand der russischen Wirtschaft, in der die Einkommen der Bevölkerung zurückgehen, die Inlandsnachfrage stagniert und die nationale Währung abgewertet wird.
Die Aufnahme von Holzspanplatten und Holz in Form von Spänen und Hackschnitzeln von Nadelbäumen in das Verzeichnis der Waren, die für die russische Wirtschaft wichtig sind, ermöglicht, „im Falle des Auftretens eines Ungleichgewichts auf dem Markt“ zu reagieren“, erklärte man im Ministerium von Denis Manturow.
Im Industrie- und Handelsministerium begründet man die Aufnahme der Holzspäne in das Register damit, dass innerhalb eines Jahres die Preise für Holzspanplatten um 40 Prozent angestiegen seien, und der Export dieser Erzeugnisse sei um 30 Prozent in die Höhe geschnellt. Im Ministerium verweist man darauf, dass im Zusammenhang mit der Einschränkung des Handels aufgrund der Pandemie Möbelgeschäfte geschlossen worden seien, was zu einem Einbruch der Nachfrage nach deren Erzeugnissen geführt hätte. Nach der Wiederaufnahme des Handels habe die Nachfrage zugenommen, es sei jedoch ein Mangel an Materialien entstanden. Im Ministerium ist man der Auffassung, dass man jetzt einen Mechanismus brauche, „der erlaubt, die Situation im Interesse einer Absicherung des Binnenmarktes auszubalancieren“.
Es sei angemerkt, dass laut Angeben eben dieses Ministeriums der Umfang der Herstellung von Holzspanplatten entsprechend den Ergebnissen für das Jahr 2020 im Land um nur ganze 1,5 Prozent zurückgegangen ist. Dabei ist der Umfang des Exports solcher Platten im gleichen Zeitraum laut Zollangaben um fast 16 Prozent gewachsen.
Die russischen Möbelhersteller hatte bereits im letzten Dezember über einen Mangel an Materialien informiert. In der Vereinigung der Unternehmen der Möbel- und Holzverarbeitungsbranche Russlands warnte man vor einem 15-%-igen Anstieg der Preise für Rahmenmöbel im Zusammenhang mit dem Mangel an Materialien und der Zunahme ihrer Selbstkosten.
Im Industrie- und Handelsministerium hatte man noch Anfang Dezember das Problem des Mangels an Holzspanplatten scheinbar nicht bemerkt. Im Ressort von Denis Manturow hatte man erklärt, dass halblegale, im Schattensektor arbeitende Möbelhersteller den Mangel an Platten für Möbel signalisieren würden, die keinen mit den Herstellern der Holzspanplatten abgestimmten Zeitplan für die Einkäufe, keine Vorauszahlungen und keine Lagerkapazitäten hätten. Die großen Hersteller aber, unterstrich man im Ministerium, „haben zwar ein gewisses Ungleichgewicht auf dem Markt der Holzspanplatten signalisiert, aber unterstrichen, dass sie dank der mit den Herstellern abgestimmten technologischen Pläne für die Einkäufe und Produktion den Einfluss dieser Situation für sich nicht spüren“. Im Industrie- und Handelsministerium hatte man gleichfalls damit gerechnet, dass die Aufregung auf dem Markt der Holzspanplatten bereits im Januar nachlassen werde.
Anfang Februar hat sich jedoch die Rhetorik der Offiziellen verändert. Und jetzt sind die Beamten bereit, den Export einzuschränken, um die Preise für Möbel im Landesinnern zu zügeln.
Das Exportverbot für Späne und Holzspanplatten ist bei weitem nicht die einzige Restriktion für den russischen Export. In den letzten Wochen erweitern die Offiziellen regelmäßig das Spektrum der Verbote, wobei sie dies jedes Mal mit der Notwendigkeit einer Stabilisierung des Binnenmarktes motivieren. Zuvor hatten die Beamten von einem vollständigen Verbot für den Verkauf russischen Metallschrotts ins Ausland gesprochen. Die Beamten hatten gehofft, so den Preisanstieg für Baubewehrungsstahl und Rohre zu stoppen, für deren Herstellung Metallschrott der Hauptrohstoff ist.
Im vergangenen Jahr sind die Preise für Metallschrott um 71 Prozent gestiegen, und zu Beginn dieses Jahres haben sie ein Maximum von 488 USD je Tonne erreicht. Innerhalb von zwölf Monaten sind 4 Millionen Tonnen des Gesamtumfangs an Rohlingen von 26,4 Millionen Tonnen in den Export gegangen. Seit dem 30. Januar gelten in der Russischen Föderation erhöhte Exportzölle für Metallschrott bzw. Altmetall in einer Höhe von 45 Euro je Tonne anstelle der bisherigen fünf Euro. Solch eine Maßnahme soll ein halbes Jahr wirken. Und nach Meinung der Regierung würde sie für eine Stabilisierung der Preise auf dem Binnenmarkt reichen. Die Offiziellen entwickeln jedoch zusätzliche Mechanismen für eine Einschränkung ihrer Zunahme. Si hat man im Industrie- und Handelsministerium die Verhängung eines vollständigen Verbots für die Ausfuhr von Eisenmetallbruch aus der Russischen Föderation nicht ausgeschlossen, wenn der Preis für Bewehrungsstahl nicht zurückzugehen beginnt.
Umfangreich angewandt werden Export-Restriktionen auch für eine Verringerung der Inflation bei den Lebensmittelpreisen im Land. Anfang Dezember war ein Beschluss über Exportzölle für Sonnenblumenkerne und -öl sowie Raps ab Januar 2021 unterzeichnet worden. Wie der russische Regierungschef Michail Mischustin bekanntgab, werde die Maßnahme erlauben, deren Exportumfang zu reduzieren und den Preisanstieg für solche Erzeugnisse zu zügeln. Die Zollgebühr wurde bis auf 30 Prozent, aber mindestens 165 Euro je Tonne angehoben. Sie wird bis zum 31. Juli 2021 gelten. Bis dahin machte die Zollgebühr für Sonnenblumenkerne und -öl 6,5 Prozent, aber nicht weniger als 9,75 Euro je Tonne aus. Für Raps gab es keine.
Ab Mitte Dezember wurde eine Tarifquote von 17,5 Millionen Tonnen für den Export von Weizen, Roggen, Gerste und Mais zwecks Stabilisierung der Preise für Mehl und Brot festgelegt. Dabei wird bei Lieferungen in Länder außerhalb der Zollunion und über die Quote hinaus eine Zollgebühr von 50 Prozent gelten (aber nicht weniger als 100 Euro je Tonne). In den Grenzen der Quote machen die Zollgebühren für die Ausfuhr von Roggen, Gerste und Mais 0 Prozent aus, für die Ausfuhr von Weizen – 25 Euro je Tonne.
Seit dem 1. Februar ist für eine Dauer von bis zum 30. Juni im Land auch eine Zollgebühr für den Export von Soja in Länder außerhalb der Eurasischen Wirtschaftsunion eingeführt worden. Die Zollgebühr wurde in einer Höhe von 30 Prozent des Zollwertes der Erzeugnisse, aber nicht weniger als 165 Euro je Tonne festgelegt. Dies werde entsprechend der Erwartungen der Beamten erlauben, die Sojabohnen auf dem Binnenmarkt zu halten. Und damit den Preisanstieg für Futtermittel im Land einzuschränken.
Die Hauptbegründung für die Anhebung der Exportzölle ist eine Stabilisierung der Preise im Land. Dabei sind die angehobenen Zölle nicht der einzige Mechanismus der Offiziellen. Jetzt planen die Beamten, die Börsenpreise der Exportverträge für Weizen, Mais, Gerste, aber auch für Zucker, Erdölbitumen und Rundholz zu beobachten. „In Russland wird das Verzeichnis der Waren erweitert, für die die Beobachtung deren Preise auf der Basis von Börsendaten vorgenommen wird. Das aktuelle Verzeichnis wird durch einige neue Positionen ergänzt“, folgt aus dem entsprechenden Regierungsbeschluss.
Das neue Dokument verpflichtet die Teilnehmer des Marktes, die Börsen über die Parameter außerhalb der Börsen abgeschlossener Verträge hinsichtlich der ausgewiesenen Waren zu informieren. Bezüglich der Getreidekulturen und des Zuckers tritt die Pflicht ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Dokuments in Kraft, in Bezug auf Bitumen und Holz – nach 180 Tagen.
„Die Erweiterung des Mechanismus zur Registrierung außerhalb der Börsen abgeschlossener Verträge erlaubt, genauere Preisindikatoren hinsichtlich der ausgewiesenen Erzeugnisse und Produkte zu erhalten, objektive Informationen über das Geschehen auf dem Markt zu haben, Spekulationen zu verhindern und insgesamt rechtzeitig auf eine mögliche Veränderung der Situation zu reagieren“, meint man im Ministerkabinett.
In der Regierung denkt man, dass diese Entscheidung erlauben werde, genauer den Getreideexport zu regulieren. Der neue Mechanismus der Offiziellen sieht vor, dass auf der Grundlage der Informationen über den Preis der an der Börse registrierten Exportverträge das Landwirtschaftsministerium die Höhe der Zollgebühr berechnen werde. Beispielsweise wird für Weizen bei einem Weltmarktpreis von bis zu 200 USD je Tonne keine Zollgebühr erhoben, liegt der Preis über dieser Summe, beträgt die Zollgebühr 70 Prozent von der Differenz zwischen dem Weltmarkt- und dem Basispreis. Für Gerste und Mais wird der Preis-Indikator in einer Höhe von 185 USD je Tonne festgelegt.
Erklärt wird, dass der flexible Exportzoll für Weizen, Mais und Gerste, der mit Hilfe des neuen Mechanismus berechnet wurde, ab dem 2. Juni gelten wird. Er wird erlauben, den negativen Einfluss der Schwankungen der Weltmarktpreise auf den Binnenmarkt zu minimieren, hofft man in der Regierung.
Nach Meinung der Experten der „NG“, werde die Politik der Offiziellen zur Zügelung des Exports und der Preise eine zweifache Wirkung auslösen. Es ist kein Geheimnis, dass die Weltmarktpreise für viele Waren aufgrund der Krise angestiegen sind. Und für die russischen Hersteller und Erzeuger ist es erheblich vorteilhafter geworden, die Erzeugnisse zu exportieren, stimmt Pawel Sigal, 1. Vizepräsident der Vereinigung „Stütze Russlands“, zu. „Aus dieser Sicht sind die Handlungen der Regierung gerechtfertigt. Die Anhebung der Exportzölle wird den Umfang der Verkäufe ins Ausland verringern, und in Russland wird sich kein Mangel hinsichtlich einer Reihe von Warenpositionen ergeben“, pflichtet er bei.
Dabei sei es nicht wünschenswert, in der langfristigen Perspektive den Export zu beschränken, sagt Maxim Schein, Investitionschefstratege des Investitionsunternehmens „BKS – Welt der Investitionen“. Seiner Meinung nach beeinflu