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Diversanten schaffen im Brjansker Gebiet einen Casus Belli


Die Terrorakte im Brjansker Gebiet und im Verwaltungsgebiet Kursk können eine neue Runde der bewaffneten Konfrontation provozieren. Laut Medienangaben waren in den Morgenstunden des 2. März von der Ukraine aus Diversions- und Aufklärungsgruppen in zwei Dörfer des Verwaltungsgebietes Brjansk gekommen. Anfangs war gemeldet worden, dass dutzende Diversanten eine Menge Geiseln genommen, Zivilisten getötet und Gefechte geführt hätten. Bis zum Tagesende gab es jedoch nur Informationen über zwei Tote und einen verletzten Einheimischen. Später tauchte die Version auf, dass den Diversions- und Aufklärungsgruppen Bürger Russlands angehören würden, die gegen die Herrschenden der Russischen Föderation auf der Seite der Ukraine kämpfen würden.

Präsident Wladimir Putin, der nach Aussagen seines Pressesekretärs Dmitrij Peskow im Zusammenhang mit der Situation im Verwaltungsgebiet Brjansk die Reise in die Verwaltungsregion Stawropol gecancelt hatte, bezeichnete das Geschehen als „einen Terrorakt, ein weiteres Verbrechen“. Das russische Staatsoberhaupt erklärte, dass die Diversanten vorsätzlich ein Auto mit Zivilisten beschossen hätten. „Sie hatten gesehen, dass dies ein ziviles Fahrzeug ist. Sie hatten gesehen, dass dort Zivilisten und Kinder sitzen. Ein gewöhnlicher „Niva“. Sie eröffneten das Feuer gegen ihn. Eben solche Leute haben sich auch die Aufgabe gestellt, uns die historischen Erinnerungen zu nehmen, uns unserer Geschichte zu berauben, uns unserer Traditionen und unserer Sprache zu berauben“, erklärte der russische Präsident.

Vor diesem Hintergrund informierte der russische Inlandsgeheimdienst FSB, dass in der Grenzregion des Verwaltungsgebietes Brjansk Maßnahmen zur Vernichtung der Diversanten durchgeführt werden (obgleich letztlich nicht ein Diversant gefasst wurde – Anmerkung der Redaktion). „Im Klimow-Grenzkreis des Verwaltungsgebietes Brjansk werden durch den FSB Russlands und beigestellte Kräfte des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation Maßnahmen zur Vernichtung der bewaffneten ukrainischen Nationalisten, die die Staatsgrenze verletzten, durchgeführt“, erklärte man vollmundig im Inlandsgeheimdienst. Obgleich anfangs einige Medien gar von Gefechten zwischen russischen Militärs und den sogenannten Diversanten berichtet hatten. Und zum Tagesende wurde bekannt, dass die Diversions- und Aufklärungsgruppe recht schnell das Territorium der Russischen Föderation verlassen hatte.

Die Verantwortung für die Terrorakte im Brjansker Gebiet übernahm ein gewisses „Russisches Freiwilligen-Korps“ (RFK). Seine Vertreter veröffentlichte mehrere Fotos und Videos im Internet, die vor dem Hintergrund unter anderem des Feldscher- und Hebammen-Punktes im Dorf Ljubetschan des Verwaltungsgebietes Brjansk aufgenommen worden waren.

Diese militärische Formation, die angeblich aus Bürgern Russlands besteht, die auf der Seite von Kiew kämpfen, ist im August vergangenen Jahres offiziell etabliert worden und gehört zum Bestand der Streitkräfte der Ukraine. Laut Medienangaben sei die Mitgliederzahl dieser Gruppe eine geringe. Es wird die Auffassung vertreten, dass einer der Gründer Denis Kapustin sei, der unter dem Pseudonym Denis Nikitin bekannt ist. Mit seiner Beteiligung soll auch die Ermordung der Politologin Darja Dugina im Moskauer Gebiet organisiert worden sein. Und er soll angeblich auch hinter anderen Diversionsakten und Terrorakten auf dem Territorium Russlands stehen.

Kiew distanzierte sich jedoch von einer Beteiligung an den Ereignissen vom 2. März auf dem Territorium der Russischen Föderation. Dort ist man der Auffassung, dass dies eine „Provokation“ sei. Aber die Aussagen, beispielsweise des Beraters des Leiters des Office des ukrainischen Präsidenten, Michail Podoljak, sind widersprüchlich. Einerseits schreibt er, dass „Partisanen“ die Dörfer angegriffen hätten. Und im gleichen Atemzug wirft er den russischen Offiziellen vor, dass sie angeblich selbst die Überfälle organisiert hätten, um die Ukrainer als Terroristen hinzustellen. Der Sprecher der Hauptverwaltung für Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums, Andrej Jussow, entwickelte gleichfalls das „Partisanen“-Thema weiter.

Medien berichteten, dass auch in Suschany des Verwaltungsgebietes Brjansk eine Trafostation und eine Gasstation gesprengt worden seien. Am gleichen Tag wurde ebenfalls ein Beschuss von Grenzgebieten im Verwaltungsgebiet Kursk fixiert. Offizielle der Region berichteten, dass es im Raum des Dorfes Troizkoje des Korenjewo-Kreises neunmal zu einem Beschuss gekommen sei, weitere elfmal in der Umgebung des Dorfes Begostsch des Kreises Rylsk. Schläge seien auch gegen die Siedlung Tjotkino geführt worden. In diesem Dorf kam ein Mann ums Leben, ein zweiter wurde mit einer mittelschweren Verletzung in ein Krankenhaus eingeliefert.

Die russische Öffentlichkeit reagierte mit Empörung. „Ukrainische Diversanten kommen in ein Dorf im Verwaltungsgebiet Brjansk, töten Zivilisten, töten ein Kind und nehmen Einheimische als Geiseln. Dies überspannt den Bogen. Hier kann man schon nicht auf die Regeln für die Führung eines Krieges verweisen“, schrieb – die realen Tatsachen teilweise entstellend – der Militärkorrespondent Jewgenij Poddubnyj vom russischen Staatsfernsehen in seinem Telegram-Kanal. „Wir brauchen operative Gruppen, die sich mit einer punktuellen Liquidierung des Kommandos der ukrainischen Streitkräfte, des Sicherheitsdienstes der Ukraine und politischer Spitzenvertreter des Kiewer Regimes befassen. Damit keiner in den Reihen des Gegners ruhig schläft, selbst in den Regionen des Hinterlandes, selbst in Osteuropa“, schreibt der „Journalist“, der schon längst dieser Berufsbezeichnung unwürdig geworden ist.

Der Militärkorrespondent Semjon Pegow (Telegram-Kanal WarGonzo) solidarisiert sich mit Poddubnyj, schließlich verdient er sein Geld mit Berichten direkt von der Front. Er betont aber, dass „die Terroristen unser Territorium, das Territorium des Verwaltungsgebietes Brjansk verlassen haben“. „Und aus der Sicht der Satzung beginnt hier gerade das zentrale Problem. Wenn ich mich nicht irre, sind die Schuld und die Verantwortung eben jener Grenzer dafür, dass irgendwer illegal das Territorium der Russischen Föderation verlassen hat, weitaus größer als für das Vordringen auf dieses. Im Großen und Ganzen: Wenn die Kämpfer geflohen sind, so erfordert dies wirklich mehr als ernsthafte Maßnahmen. Eine andere Sache ist: Sind denn unsere Grenzgebiete mit ausreichenden Ressourcen versorgt, um ihre Pflichten zu erfüllen. Alle Übel und Probleme den einfachen Kämpfern und Kommandeuren der unteren Ebene zuzuschreiben ist eine m. E. verderbliche Position“, schreibt Pegow.

Während die Rechtsschutzorgane versuchen, die Männer zu identifizieren, die die Dörfer überfallen hatten, werden unter Experten Vermutungen hinsichtlich einer möglichen Eskalierung des Konfliktes auf der Grundlage einer Anerkennung des Kiewer Regimes als ein terroristisches laut. Und Russlands Staatsfernsehen berichtet ausführlich über den 10jährigen Fjodor, der im Dorf Ljubetschan zwei Mädchen vor den Diversanten in Sicherheit brachte und dabei selbst verwundet wurde. Schließlich gibt es kaum Informationen aus dem Kreml in Bezug auf die Freitagssitzung des russischen Sicherheitsrates im Online-Regime.