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Ein Ex-Fußballer ohne eine Hochschulausbildung wird Georgiens neuer Präsident


Zum nächsten Staatsoberhaupt Georgiens wird allem nach zu urteilen der frühere Fußballer und Exekutivsekretär der Partei „Kraft des Volkes“, Michail Kavelashvili. Seine Kandidatur für dieses Amt hat die Partei „Georgischer Traum“ vorgestellt. Wie der Gründer der Partei, Bidzina Ivanishvili, sagte, seien ihm solche Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Patriotismus und Prinzipienfestigkeit eigen.
„Michail ist das beste Beispiel für einen georgischen Mann. Er ist ein bemerkenswerter Gatte und Vater von vier Kindern. Ich bin sicher, dass Kavelashvili die Würde zurückbringen wird, die dem Institut des Präsidenten zeitweilig genommen worden war“, erklärte Ivanishvili. Parallel dazu bezichtigte der graue Kardinal Georgiens das amtierende Staatsoberhaupt Salome Zurabishvili eines Landesverrates und eines Verrats an „ausländische Offizielle“.
„Ich begreife ausgezeichnet die große Verantwortung des Amtes des Präsidenten Georgiens, besonders angesichts dessen, dass das amtierende Staatsoberhaupt unser Hauptdokument – die Verfassung Georgiens – kränkte und ignorierte und sie sogar heute weiter verletzt“, erwiderte Kavelashvili.
Die politische Karriere des einstigen Fußballers (der am 22. Juli 1971 geboren wurde – Anmerkung der Redaktion) begann im Jahr 2016. Über die Parteilisten von „Georgischer Traum“ wurde er dreimal ins Parlament gewählt. Dabei ist die Spalte „Bildung“ auf der Internetseite des Parlaments bei ihm leer. Im Jahr 2022 informierte das Parlament die Nichtregierungsorganisation „Institut für die Entwicklung der Informationsfreiheit“, dass „kein Dokument, dass die Ausbildung des Abgeordneten Michail Kavelashvili bestätigt, nicht vorgelegt wurde und daher nicht im Apparat (des Parlaments) aufbewahrt wird“. Außerdem konnte Kavelashvili im Jahr 2015 nicht Präsident des Fußballverbands von Georgien aufgrund dessen, dass er kein Diplom hatte, werden.
Bemerkenswert ist, dass am Vorabend einheimische Medien angenommen hatten, dass die regierende Partei für das Amt des Präsidenten Ex-Premier Irakli Garibashvili oder den Sohn des ersten Präsidenten der Republik Zviad Gamsachurdia, Konstantin, nominieren könnte. Jedoch wurde, wie der Chef der Parlamentsfraktion von „Georgischer Traum“, Mamuk Mdinaradse, betonte, die Wahl zugunsten eines Mannes getroffen, hinsichtlich dessen Patriotismus es keinerlei Zweifel gebe. Augenscheinlich hatten sich die Erfahrungen aus der Wahl von Zurabishvili im Jahr 2020 für Ivanishvili als zu schmerzhafte erwiesen. Daher hat man dieses Mal entschieden, sich abzusichern und auf Nummer sicher zu gehen.
Die Wahl des Staatsoberhauptes erfolgt am 14. Dezember, und seine Amtseinführung – am 29. Dezember. Erstmals wird sie in der Geschichte der Republik keine landesweite werden. Das sechste Staatsoberhaupt werden 300 Wahlmänner wählen, unter denen die 150 Abgeordneten des Parlaments, die 21 Mitglieder des Obersten Sowjets von Adscharien, 20 Mitglieder des Obersten Sowjets der Autonomen Republik Abchasien und 109 Mitglieder der örtlichen Machtorgane sind. Die Abstimmung an sich erfolgt im Parlament Georgiens unter Leitung der Zentralen Wahlkommission.
Um Präsident im ersten Wahlgang zu werden, muss ein Kandidat mindestens zwei Drittel der Stimmen der Wahlmänner auf sich vereinigen. Wenn dies nicht erfolgt, treten die zwei Kandidaten mit den besten Ergebnissen zur Stichwahl an. Die Oberhand erlangt derjenige, der eine einfache Stimmenmehrheit erhält.
Allerdings wird sich wohl kein Bedarf an einer Stichwahl ergeben, da sich Kavelashvili wahrscheinlich als ein alternativloser Kandidat erweisen wird. Unter anderem lehnen die Gegner von „Georgischer Traum“ weiterhin eine Teilnahme an der Arbeit des neuen Parlaments ab. Drei der vier Oppositionsparteien – „Einheit – Nationale Bewegung“, „Starkes Georgien“ und „Koalition für Veränderungen“ – haben bereits Erklärungen in der Zentralen Wahlkommission mit der Forderung abgegeben, die Abgeordnetenmandate von ihren Mitgliedern entgegenzunehmen. Insgesamt sind dies 49 Stimmen. „Gacharia für Georgien“ möchte gleichfalls nicht ins Parlament einziehen, beeilt sich aber vorerst nicht, die entsprechenden Erklärungen zu schreiben. Diese Partei hat zwölf Mandate. Dabei kann einen Präsidentschaftskandidaten eine Initiativgruppe nominieren, die mindestens aus 30 Mitgliedern des Wahlmännerkollegiums besteht.
„Ich möchte dem leidgeprüften georgischen Volk dazu gratulieren, dass es erstmals seit der Proklamierung der Unabhängigkeit des Landes endlich mit dem Präsident Glück gehabt hat. Alle vorangegangenen Oberhäupter Georgiens waren Marionetten der globalen Kriegspartei gewesen. Und ihre Herrschaft reduzierten sie auf eine grobe Verletzung der Verfassung. Man musste den Teufelskreis durchbrechen und allen Generationen der Georgier solch einen Kandidaten vorschlagen, der sie auf der Grundlage von Patriotismus und Anständigkeit vereinen könnte. Kavelashvili ist eine der wenigen Personen in der Machtstruktur, dem gegenüber es schwierig ist, zumindest irgendwelches diskreditierendes Material vorzulegen. Es ist unmöglich, ihn zu kaufen, anzuwerben oder abzuwerben. Dies ist ein in der Vergangenheit erfolgreicher Fußballer, Mitglied der Auswahl, der es geschafft hat, unter anderem für „Manchester City“ zu spielen. Er konnte seiner Familie erlauben, in Europa zu leben. Er hat aber entschieden, sie nach Georgien zu bringen und sich mit Politik zu befassen. Kavelashvili war stets an der Spitze des Kampfes gegen die Gegner der Republik. Unter anderem hatte gerade er begonnen, amerikanischen Diplomaten unbequeme Fragen zu stellen. Ich hoffe, dass er einen Beitrag zur Ausgestaltung der Beziehungen mit allen Nachbarn Georgiens einschließlich Russland leisten kann“, betonte gegenüber der „NG“ David Kartvelishvili, politischer Analytiker und Mitglied der Partei „Kraft des Volkes“.
Allerdings strahlen nicht alle Experten einen derartigen Optimismus aus. „Dies ist eine Verhöhnung des Staates. Ivanishvili hat beschlossen, zum Landespräsidenten einen Mann ohne eine Hochschulausbildung und elementare Erziehung zu machen. Kavelashvili ist beispielsweise dadurch bekannt, dass er sich erlauben kann, während eines Parlamentsauftritts zu fluchen. Ivanishvili ist aber darüber enttäuscht, dass die beiden vorangegangenen Präsidenten – Georgi Margvelashvili und Salome Zurabishvili – sein Vertrauen nicht rechtfertigten. Zum Ende ihrer Amtszeit haben sich beide mit dem Gründer von „Georgischer Traum“ zerstritten. Im Endergebnis hat er beschlossen, in dieses Amt den ungebildetsten und kulturlosesten Menschen zu bringen, damit der sicherlich seine Marionette bis zuallerletzt bleibt“, meint der Politologe Nika Tshitadse.
Er betonte gleichfalls, dass die Präsidentschaft von Kavelashvili dazu führen werde, dass Georgien weiter seine Souveränität verlieren werde. Nach Aussagen von Tshitadse sei es ungenügend, auf der Landkarte der Welt seine Flagge und sein Territorium zu haben, um ein vollwertiger Staat zu sein.
„Es ist schwierig, die Politik in einem Irrenhaus zu kommentieren. Georgien ist ein nichtstattgefundener Staat. Faktisch ist die Republik zu einem Spielzeug in den Händen von Ivanishvili geworden. Kavelashvili ist eventuell kein schlechter Mann, doch er eignet sich nicht für die Rolle eines Präsidenten. Georgien befindet sich an der Grenze einer Vernichtung. Die Massenauswanderung der Georgier wird in acht bis zehn Jahren dazu führen, dass wir zu einer nationalen Minderheit im eigenen Land werden. Überdies befindet sich der Südkaukasus im Zentrum der Aufmerksamkeit der globalen Großmächte, was einem Staatsoberhaupt große Verantwortung auferlegt“, erklärte der Analytiker Demuri Giorchelidse gegenüber der „NG“.