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Eine weißrussische Kali-Katastrophe


Die Gespräche der Opponenten der weißrussischen Herrschenden mit der Führung Norwegens und des Unternehmens Yara sind von einem Erfolg gekrönt worden. Die norwegische Seite hat sich vom Erwerb weißrussischen Kalis distanziert. Die Verkaufsstatistik weist jedoch aus, dass dies die Wirtschaft Weißrusslands nicht zum Einbrechen bringen wird.

Die Pressemitteilung, wonach der norwegische Hersteller von Kali-Dünger Yara ab 1. April den Erwerb weißrussischen Kalis einstellt, tauchte auf der Internetseite des Unternehmens am 10. Januar auf (https://www.yara.com/corporate-releases/yara-initiates-belarus-sourcing-wind-down-due-to-effects-of-sanctions-on-supply-chain-while-continuing-safety-program-and-trade-union-support/). In der Mitteilung heißt es, dass die Entscheidung im Zusammenhang mit den Sanktionen getroffen worden ist, die gegen Weißrussland verhängt wurden. Aus ihr folgt, dass Yara nicht selbst auf eine Zusammenarbeit mit dem weißrussischen Lieferanten verzichtet, sondern „andere Glieder der Lieferkette“, was den Export von Pottasche aus Weißrussland unmöglich macht. Während an sich die „Einkäufe von Yara in Belarus vollkommen den verhängten Sanktionen entsprechen“.

„Bei der Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften strebte Yara positive Veränderungen an, wobei es (das Unternehmen) seine Präsenz in Belarus für eine Propagierung der Sicherheitsregeln und einer Einhaltung der Menschenrechte nutzte. Der Einfluss der aktuellen Sanktionen gegen Weißrussland auf die Lieferkette hat jedoch Yara gezwungen, eine Einstellung der Lieferungen weißrussischer Pottasche zu initiieren“, heißt es in der Unternehmensmitteilung.

In dem Dokument wird betont, dass die „Folgen der geltenden Sanktionen gegen Belarus die Fähigkeit von Yara verringern, positiv die Sicherheit und das Wohlergehen der Beschäftigten von „Belaruskali“ zu beeinflussen“. Dabei beabsichtigt der norwegische Hersteller, „die Realisierung des Programms für die Industriesicherheit, das im Jahr 2021 begonnen wurde, in enger Zusammenarbeit mit der unabhängigen Gewerkschaft von „Belaruskali“ fortzusetzen“, werden in der Pressemitteilung die Worte des Präsidenten und CEO von Yara International, Svein Tore Holsether, zitiert.

Es sei daran erinnert, dass die Geschichte der Ausübung von Druck auf das norwegische Unternehmen gleich nach den Präsidentschaftswahlen in Weißrussland begonnen hatte. Damals hatten Arbeiter von „Belaruskali“ ein Streikkomitee gebildet und zu einer Arbeitsniederlegung aufgerufen, wobei sie die Abhaltung neuer Wahlen forderten. Im Dezember 2020 kam Svein Tore Holsether nach Weißrussland und traf sich mit dem Management von „Belaruskali“. Er legte die Bedingungen dar, die das weißrussische Unternehmen einhalten müsse, um dem „Verhaltenskodex für Geschäftspartner von Yara“ zu entsprechen. Im Weiteren erklärte man als Antwort auf die Appelle der demokratischen Kräfte in dem norwegischen Unternehmen, dass „Belaruskali“ diese Bedingungen erfüllen würde.

Im August letzten Jahres besuchte die Anführerin der weißrussischen demokratischen Bewegung Swetlana Tichanowskaja Norwegen. Dort traf sie sich nicht nur mit offiziellen Vertretern, sondern auch der Führung von Yara International. Mehrfach haben sie auch per Videokonferenzschaltungen miteinander gesprochen. Dennoch hat, wie sich aus der Mitteilung über die anstehende Einstellung der Lieferungen ergibt, nicht die Haltung des norwegischen Herstellers zum Abbruch der Beziehungen geführt, sondern die Handlungen der anderen Beteiligten der Lieferkette.

Yara präzisiert nicht, wer sich konkret in der Lieferkette von einer Zusammenarbeit distanziert. Es besteht jedoch Grund zur Annahme, dass dies Litauen sein kann, über dessen Territorium die weißrussischen Kalidünger transportiert werden. Im Dezember vergangenen Jahres war in diesem Land ein Skandal aufgeflammt, und die Regierung musste zurücktreten, da die Litauische Eisenbahn weiterhin mit „Belaruskali“ zusammenarbeitet. Die erklärt wiederum, dass die Lösung des Vertrags mit den weißrussischen Partnern für sie zu einer Insolvenz führen könne.

Weißrussische Pottasche (Kali) ist unter amerikanische und europäische Sanktionen geraten. Während sich die europäischen als recht milde erwiesen haben (sie treten nach Abschluss der Realisierung laufender Verträge in Kraft und erfassen lediglich etwa 20 Prozent der Erzeugnisse, die von „Belaruskali“ produziert werden), sehen die US-amerikanischen sogar eine sekundäre Wirkung vor. Gemeint ist, dass nicht nur die Geschäftspartner des weißrussischen Herstellers, sondern auch deren Partner leiden können.

Kali ist ein wichtiges Exportprodukt für Weißrussland. Durch seinen Verkauf verdient das Land alljährlich um die 2,5 Milliarden Dollar. Die direkten europäischen Sanktionen stellen keine große Gefahr für die Wirtschaft dar, da Europa nicht der Hauptkäufer dieses Produkts ist. Laut Statistikangaben für das Jahr 2020 machte der Export in die europäischen Länder um die acht Prozent vom gesamten Kali-Export aus, was wertmäßig mehr als 200 Millionen Dollar sind. Die Hauptlieferungen gehen nach Brasilien (21,6 Prozent), China (13,3 Prozent) und Indien (zwölf Prozent). Was Norwegen angeht, so macht dessen Anteil gerade einmal etwas mehr als drei Prozent am gesamten Exportumfang aus. Wertmäßig waren dies 74 Millionen Dollar.

Wenn die Lösung des Vertrags mit Yara International das einzige Ergebnis der Wirkung der Sanktionen gewesen wäre, so hätte Weißrussland die wegbrechenden Mengen kompensieren können. Der Abbruch der Zusammenarbeit mit dem norwegischen Unternehmen bringt mehr Imageverluste, denn finanzielle Verluste mit sich. Eine weitaus größere Gefahr stellt eine Unterbrechung jener Ketten dar, auf die der norwegische Hersteller verweist. Die Sache ist die, dass fast die gesamte weißrussische Pottasche (Kali) über Litauen exportiert wird. Im Hafen von Klaipeda hat Weißrussland einen Anteil am Schüttgut-Terminal.

Minsk erörtert mit Moskau Perspektiven für eine Umleitung der Transitströme über russische Häfen. Dafür gibt es jedoch mehrere Hindernisse. Insbesondere das Fehlen technischer Umschlagsmöglichkeiten. Außerdem ist Russland selbst Exporteuer von Kali-Dünger. Im Zusammenhang ist es nicht sehr daran interessiert, den Konkurrenten zu retten. Früher hatten Branchenexperten die Vermutung geäußert, dass zu einem Ausweg aus der entstandenen Situation eine Vereinigung von Belaruskali“ und „Uralkali“ zu einem Unternehmen werden könne. Darüber sprach Igor Udowizkij, Inhaber des Terminals „Biriu kroviniu terminalas“ in Klaipeda, über den die weißrussischen Düngemittel exportiert werden.

Es sei daran erinnert, dass in den Jahren 2005-2013 „Belaruskali“ und „Uralkali“ bereits gemeinsam ihre Erzeugnisse exportierten – über die Weißrussische Kali Company. Jedoch hatten sie sich später spektakulär getrennt. Der damalige Generaldirektor von „Uralkali“ Wladislaw Baumgärtner hatte sogar in einem weißrussischen Gefängnis gesessen. Nunmehr wird Weißrussland genötigt sein, sich auf eine Zusammenarbeit mit Russland einzulassen, aber bereits in der Rolle eines Bittstellers und nicht in der Eigenschaft eines, der die Bedingungen diktiert.