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Erneut ist gegen Russland ein wahrer Krieg entfesselt worden


 

Vor dem Hintergrund der militärischen Sonderoperation Russlands in der Ukraine, die inzwischen den 440. Tag andauert, erfolgen die Feierlichkeiten zum 78. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland. Die Atmosphäre ist dementsprechend. In vielen russischen Städten sind die Militärparaden abgesagt worden, wobei vor allem Sicherheitsaspekte als Grund genannt wurden. So hatte Igor Artamonow, Gouverneur des Verwaltungsgebietes Lipezk, in seinem Telegram-Kanal am 3. Mai geschrieben, dass die Sicherheits- und Rechtsschutzorgane Informationen über mögliche Provokationen am Tag des Sieges im Verlauf der ursprünglich geplanten Fest- und Gedenkveranstaltungen hätten. Andere Städte – zum Beispiel die Heldenstadt Wolgograd, die im russischen Staatsfernsehen Rossia-24 als Stalingrad ausgewiesen wurde – erlebten jedoch Militärparaden mit Gefechtstechnik der russischen Armee. Die war auch auf dem Roten Platz in Moskau zu sehen, wo Präsident Wladimir Putin zusammen mit den Staatsoberhäuptern Weißrusslands, Kirgisiens, Kasachstans Tadschikistans und Turkmenistans sowie dem Premierminister Armeniens (während vor einer Woche aus dem Kreml noch informiert wurde, dass nur der kirgisische Präsident Sadyr Dschaparow als Ehrengast zur Parade erwartet werde) auf der Ehrentribüne zwischen Kriegsveteranen Platz genommen hatte. In diesem Jahr dauerte die Hauptparade des Landes aber nicht einmal 50 Minuten, denn es wurde spürbar weniger Technik aufgefahren. Einziger Panzer war ein historischer T-34. Neben den erstmals bei einer Parade gezeigten gepanzerten Truppen-Transportern „Spartak“ und „Achmat“ gab es jedoch unter anderem Exemplare der Raketenkomplexe „Jars“ und „Iskander-M“ sowie die Luftverteidigungskomplexe S-400 „Triumph“. Trotz strahlendem Sonnenschein war in diesem Jahr keine Flugschau mit sonst üblichen vielen Hubschraubern und Flugzeugen zu erleben. Überdies war in Moskau nicht zu übersehen: Das Stadtzentrum rund um den Roten Platz war – abgesehen von Polizei- und anderen Sicherheitskräften — menschenleer, während sonst in früheren Jahren Schaulustige dicht gedrängt an der Twerskaja-Straße oder am Majakowskij-Platz standen, um sich dort die Armeetechnik anzuschauen (für einen Platz auf den Ehrentribünen auf dem Roten Platz gab es spezielle Einladungen). Richtige Volksfeststimmung ist in der russischen Hauptstadt zum Tag des Sieges, der um 22.00 Uhr mit einem zehnminütigen Höhenfeuerwerk ausklingen wird, kaum zu spüren.

Mit Spannung wurde die Ansprache von Präsident Putin während der Militärparade im Herzen Moskaus erwartet, zumal Kremlsprecher Dmitrij Peskow vorab keine Details preisgeben wollte. In diesem Jahr galt sie spürbar erneut den Spitzenvertretern der westlichen Welt, wobei sich die Rhetorik und das Narrativ als bekannte erwiesen. Das Staatsoberhaupt erklärte wieder, dass gegen Russland ein wahrer Krieg entfesselt wurde. Dafür gab es kaum Worte darüber, wie sich der Staat um die weniger als 14.000 noch lebenden Kriegsveteranen sorgen werde. Die Redaktion „NG Deutschland“ veröffentlicht nachfolgend eine Übersetzung der Ansprache von Wladimir Putin auf dem Roten Platz.

 

„Sehr geehrte Bürger Russlands! Genossen Soldaten und Matrosen, Unteroffiziere und Hauptfeldwebel, Stabsbootsmänner und Fähnriche! Genossen Offiziere, Generale und Admirale! Kämpfer und Kommandeure – Teilnehmer der militärischen Sonderoperation!

Ich gratuliere Ihnen zum Tag des Sieges!

(Ich gratuliere) zum Feiertag – zu Ehren unserer Väter, Groß- und Urgroßväter, die ihre Namen berühmt und unsterblich gemacht haben, indem sie das Vaterland verteidigten. Zum Preis eines unermesslichen Mutes und gewaltiger Opfer haben sie die Menschheit vor dem Nazismus gerettet.

Heute befindet sich die Zivilisation erneut an einer entscheidenden Grenze, an einem Wendepunkt. Gegen unsere Heimat ist erneut ein wahrer Krieg entfesselt worden. Aber wir haben dem internationalen Terrorismus eine Abfuhr erteilt. Wir verteidigen auch die Einwohner des Donbass, gewährleisten unsere Sicherheit.

Für uns, für Russland gibt es keine unfreundlichen, feindseligen Völker — weder im Westen noch im Osten. Wie auch die absolute Mehrheit der Menschen auf dem Planeten wollen wir die Zukunft als eine friedliche, freie und stabile sehen.

Wir sind der Auffassung, dass jegliche Ideologie einer Überlegenheit hinsichtlich ihres Wesens widerlich, verbrecherisch und todbringend ist. Die westlichen globalistischen Eliten

behaupten jedoch nach wie vor ihre Ausschließlichkeit, hetzen die Menschen auf und heizen die Gesellschaften auf, provozieren blutige Konflikte und Umstürze, säen Hass, eine Russophobie und aggressiven Nationalismus und vernichten auch die Familien-, die traditionellen Werte, die den Menschen zum Menschen machen. Und alles dafür, um auch weiterhin zu diktieren und den Völkern ihren Willen, ihre Rechte und Regeln und vom Wesen her ein System von Raub, Gewalt und Unterdrückung aufzuzwingen.

Scheinbar haben sie vergessen, wozu die wahnsinnigen Ansprüche der Nazis auf eine Weltherrschaft führten. Vergessen hat man, wer dieses schreckliche, totale Böse zerschlagen hat, wer wie eine Wand für den Heimatboden aufgetreten war und nicht sein Leben für eine Befreiung der Völker Europa schonte.

Wir sehen, wie man in einer Reihe von Ländern unerbittlich und kaltblütig Gedenkstätten für sowjetische Kämpfer zerstört, Denkmäler für große Feldherren abreißt, einen wahren Kult um die Nazis und ihre Komplizen schafft und versucht, die Erinnerungen an die wahren Helden auszulöschen und zu verleumden. Solch eine Verunglimpfung der Heldentat und der Opfer der siegreichen Generation ist auch ein Verbrechen, ein offenkundiger Revanchismus jener, die zynisch und offen einen neuen Feldzug gegen Russland vorbereiteten, die dafür das neonazistische Ungeziefer aus der ganzen Welt zusammengetragen haben.

Ihr Ziel ist – und da gibt es nichts Neues -, einen Zerfall und eine Vernichtung unseres Landes zu erreichen, die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges über den Haufen zu werfen, endgültig das System der globalen Sicherheit und des Völkerrechts zu zerstören sowie jegliche souveränen Zentren einer Entwicklung zu erwürgen.

Die unermesslichen Ambitionen, die Arroganz und das Anspruchsdenken führen unweigerlich zu Katastrophen. Gerade darin liegt die Ursache der Katastrophe, die gegenwärtig das ukrainische Volk erlebt. Es ist zu einer Geisel eines Staatsstreichs und des sich auf dessen Grundlage herausgebildeten kriminellen Regimes seiner westlichen Herren, zu einem Druckmittel bei der Realisierung ihrer brutalen, eigennützigen Pläne geworden.

Für uns in Russland sind die Erinnerungen an die Verteidiger des Vaterlands heilig. Wir bewahren sie in unseren Herzen. Wir gedenken der Teilnehmer des Widerstandskampfes, die tapfer gegen den Nazismus gekämpft hatten, der Kämpfer der alliierten Armeen der USA, Großbritanniens und der anderen Staaten. Wir erinnern uns und ehren die Heldentat der Kämpfer Chinas im Kampf gegen den japanischen Militarismus.

Ich bin überzeugt: Die Erfahrungen der Solidarität und der Partnerschaft in den Jahren des Kampfes gegen die gemeinsame Bedrohung – dies ist unser unschätzbares Erbe. Sie sind gerade jetzt eine feste Stütze, während eine unumkehrbare Bewegung zu einer gerechten multipolaren Welt, die auf den Prinzipien eines Vertrauens und einer unteilbaren Sicherheit sowie gleicher Möglichkeiten für eine eigenständige und freie Entwicklung aller Länder und Völker beruht, an Stärke gewinnt.

Es ist sehr wichtig, dass heute hier, in Moskau, Spitzenvertreter der Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten zusammengekommen sind. Ich sehe darin eine dankbare Haltung gegenüber der Heldentat unserer Vorfahren. Sie haben gemeinsam gekämpft und gemeinsam gesiegt. Alle Völker der UdSSR haben ihren Beitrag zum gemeinsamen Sieg geleistet.

Wir werden uns dessen stets erinnern. Wir verneigen die Häupter vor den lichten Erinnerungen an alle, deren Leben der Krieg genommen hat, vor den Erinnerungen an die Söhne, Töchter, Väter, Mütter, Großväter, Ehemänner und -frauen, an die Brüder, Schwestern, Verwandten und Freunde.

Verkündet sei eine Schweigeminute.

(Schweigeminute)

Sehr geehrte Bürger Russlands!

Schlachten, die für die Schicksale unserer Heimat entscheidende waren, wurden stets zu vaterländischen, zu Volks- und heiligen Kriegen. Wir sind den Geboten der Vorfahren treu ergeben, begreifen zutiefst und deutlich, was es bedeutet, den Höhen ihrer heldenhaften, Arbeits- und moralischen Taten würdig zu sein.

Wir sind stolz auf die Teilnehmer der militärischen Sonderoperation, auf alle, die an der vordersten Frontlinie kämpfen, die unter Feuerbeschuss die Front versorgen, Verwundete retten. Es gibt gegenwärtig keine wichtigere Sache als Ihre Gefechtsarbeit. Auf Ihnen ruht heute die Sicherheit des Landes, von Ihnen hängt die Zukunft unserer Staatlichkeit und unseres Volkes ab. Sie erfüllen mit Ehren ihre heldenhafte Pflicht, kämpfen für Russland. Hinter Ihnen sind Ihre Familien, Kinder und Freunde. Sie warten auf Sie. Ich bin sicher: Sie spüren ihre grenzenlose Liebe.

Das ganze Land hat sich zusammengeschlossen, um unsere Helden zu unterstützen. Alle sind zum Helfen bereit und beten für Sie.

 

Kameraden! Freunde! Liebe Veteranen!

Heute ehrt man in jeder unserer Familien die Teilnehmer des Großen Vaterländischen Krieges, erinnert man sich an seine Verwandten, seine Helden, legt Blumen an Gedenkstätten für die Kämpfer nieder.

Wir stehen mit Ihnen auf dem Roten Platz, auf einem Boden, der sich an die Gefolgsleute von Jurij Dolgorukij und Dmitrij Donskoi, die Bürgerwehrkräfte von Minin und Poscharskij, die Kämpfer von Peter dem Großen und Kutusow sowie an die Paraden von 1941 und 1945 erinnert.

Heute sind hier Teilnehmer der militärischen Sonderoperation. Dies sind Berufsmilitärs und jene, die die Reihen der Streitkräfte im Verlauf der Teil-Mobilmachung aufgefüllt haben. Dies sind Kämpfer der Lugansker und der Donezker Korps sowie vieler Kampfeinheiten von Freiwilligen, Mitarbeiter der russischen Garde, des Innenministeriums, des FSB, des Katastrophenschutzministeriums und anderer Sonderdienste und Einrichtungen.

Ich begrüße Sie, Freunde! Ich grüße alle, die für Russland auf dem Schlachtfeld kämpfen, die sich gegenwärtig auf dem Gefechtsposten befinden.

In den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges haben unsere heldenhaften Vorfahren bewiesen, dass es nichts stärkeres, nichts mächtigeres und zuverlässigeres als unsere Einheit gibt. Es gibt in der Welt nichts stärkeres als unsere Heimatliebe.

Für Russland. Für unsere tapferen Streitkräfte! Für den Sieg!

Hurra!“

 

Post Scriptum

Im Vorfeld des 9. Mai veröffentlichte das staatliche Allrussische Meinungsforschungszentrum (VTsIOM) Ergebnisse einer Telefonumfrage, die unter 1600 Teilnehmern im Alter ab 18 Jahren am 23. April durchgeführt worden war. In deren Verlauf bezeichneten 65 Prozent der befragten Bürger Russlands den Tag des Sieges als wichtigsten Feiertag für sich. Auf die Frage der Soziologen, ob die Sowjetunion ohne die Hilfe der Alliierten aus der Antihitler-Koalition den Sieg über Nazi-Deutschland hätte erringen können, antworteten 66 Prozent der Befragten bejahend. Unter den Befragten über 60 Jahre lag dieser Wert bei 77 Prozent. Derweil vertraten 25 Prozent der Befragten eine gegenteilige Auffassung.