Der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dmitrij Medwedjew, scheint einen ständigen Kampf zu führen, um nach seiner Amtszeit als Präsident nicht in Vergessenheit zu raten. Dabei bedient er sich aktiv seines Telegram-Kanals, auf dem er mitunter Texte veröffentlicht, die grenzwertig sind. Der 58jährige Politiker verwendet dort auch Formulierungen, die nicht nur seine Denkweise illustrieren, sondern gleichfalls deutlich machen: Das einstige Image eines Liberalen gehört der Vergangenheit an. Beobachter stellen sich jedoch auch die Frage, was bezweckt Medwedjew mit seinen Telegram-Einträgen. Geht es ihm nur um eine Darstellung seiner Ideen oder sind sie Testballons, um zu sondieren: Inwieweit ist die russische Elite bereit, die eine oder andere Entscheidung zu treffen? Und wie reagiert die Öffentlichkeit Russlands auf seine Gedanken, zumal 1,2 Millionen Menschen bei seinem Kanal angemeldet sind?
Am Donnerstag veröffentlichte Medwedjew einen neuen Text, der von einigen russischen Journalisten als „Friedensformel“ für die Ukraine bezeichnet wurde. Irgendwo deckt sich dieses Dokument mit Aussagen von Präsident Wladimir Putin, die im jüngsten Interview mit dem Chef der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti, Dmitrij Kisseljow, zu vernehmen waren (veröffentlicht am 13. März). In dem mehr als anderthalbstündigen Gespräch erklärte Putin unter anderem: „Sind wir zu Verhandlungen bereit? Ja, wir sind bereit. Wir sind aber nur zu Verhandlungen bereit, die nicht auf irgendwelchen „das hätten wir gern“ nach der Einnahme psychotroper Mittel beruhen, sondern auf jenen Realitäten basieren, die sich herausgebildet haben…“.
Nun also erschien der Medwedjew-Beitrag „Über die „Friedensformel“ der Kiewer Nazis, über schweizerische „Friedenskonferenzen“ und die reale Basis für Verhandlungen“. Die Redaktion „NG Deutschland“ veröffentlicht nachfolgend eine Übersetzung des – sollte man es vielleicht als ein Pamphlet bezeichnen?
„Wenn ich den Ausdruck „Friedensformel Selenskijs“ höre, empfinde ich ein unüberwindliches Gefühl von Ekel, das schnell in eine Empfindung von Scham aufgrund eines blödsinnigen Surrealismus des Geschehens übergeht. Schließlich begreifen alle ausgezeichnet – einschließlich auch der unverschämten westlichen Lügner -, dass selbst in weitaus einfacheren Situationen während eines Krieges ein Frieden entweder bei Bestehen eines beiderseitigen Willens der Parteien auf der Grundlage eines vernünftigen Kompromisses oder durch eine Kapitulation einer der Konfliktseiten erreicht werden kann.
Ein Wille der sogenannten einstigen Ukraine zu Verhandlungen ist nicht auszumachen. Auf jeden Fall auf der Grundlage einer Anerkennung der Realitäten, wovon gestern Wladimir W. Putin gestern gesprochen hatte. Für sie sind die Realitäten eine an Hirngespinste erinnernde „Friedensformel“ eines provinziellen Clowns in einem grünen Trikot. Und in keiner Weise anders. Dies sieht so artifiziell aus, dass der einzige Ausweg ist, seine, eine russische Formel zu konstruieren, eine ruhige und durchaus realistische. Eine für alle humane. Was für eine? Nun, beispielsweise solch eine:
- Anerkennung der Niederlage in der militärischen Komponente des Konfliktes durch die frühere „Ukraine“. Eine vollständige und bedingungslose Kapitulation der früheren „Ukraine“ in Gestalt der neonazistischen Clique in Kiew. Eine Demilitarisierung der früheren „Ukraine“ und das Verbot für die Schaffung militärischer Formationen auf ihrem Territorium in der Zukunft.
- Anerkennung des nazistischen Charakters des früheren Kiewer politischen Regimes durch die internationale Staatengemeinschaft und Vornahme einer Zwangsentnazifizierung aller Machtorgane der früheren „Ukraine“ unter Kontrolle der UNO.
- Konstatierung des Verlustes des Status der früheren „Ukraine“ als ein internationales Rechtssubjekt durch die UNO und der Unmöglichkeit eines Beitritts jeglicher ihrer Rechtsnachfolger zu Militärallianzen ohne eine Zustimmung Russlands.
- Rücktritt aller verfassungsmäßigen Machtorgane der früheren „Ukraine“ und unverzügliche Abhaltung von Wahlen in ein provisorisches Parlament des sich selbstverwaltenden Territoriums der früheren „Ukraine“ unter der Ägide der UNO.
- Verabschiedung von Gesetzen über die Auszahlung aller zustehenden Wiedergutmachungen an Russland durch das provisorische Parlament, inklusive der Zahlungen an die Verwandten von ums Leben gekommenen Bürgern unseres Landes und der Zahlungen für die gesundheitlichen Schäden der Verwundeten. Festlegung der Modalitäten für eine Wiedergutmachung des materiellen Schadens, der den Subjekten der Russischen Föderation zugefügt wurde.
- Offizielle Anerkennung durch das provisorische Parlament der früheren „Ukraine“, dass ihr ganzes Territorium Territorium der Russischen Föderation ist. Annahme eines Aktes über eine Wiedervereinigung der Territorien der früheren „Ukraine“ mit Russland.
- Selbstauflösung des provisorischen Parlaments. Anerkennung des Aktes der Wiedervereinigung durch die UNO.
So kann eine sanfte russische Friedensformel aussehen. Dies ist schließlich auch eine Kompromiss-Position, ja? Ich denke, dass man gerade ihr entsprechend auch einen wohlwollenden Konsens mit der internationalen Staatengemeinschaft inkl. der angelsächsischen Welt suchen und produktive Summits durchführen kann, wobei mit einem gegenseitigen Einvernehmen unserer nahen Freunde – der westlichen Partner – gerechnet wird“.