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Für die Referenda muss gezahlt werden


Der stellvertretende Vorsitzende russischen Sicherheitsrates Dmitrij Medwedjew besteht darauf, dass für die Koordinierung der Arbeit mit den evakuierten Einwohnern der Ukraine ein Stab gebraucht werde. Es ist möglich, dass dieser Struktur bevorsteht, sich mit allen sozial-ökonomischen Problemen der unter Moskauer Kontrolle gebrachten Territorien zu befassen. Moskau hat bereits begonnen, sie zu finanzieren. Kiew bemüht sich, dass die Ausgaben größer werden. Bezahlen werden dafür doch die Einheimischen, denen auch noch Referenda bevorstehen. Und die Kremlpartei „Einiges Russland“, die von Medwedjew angeführt wird, unterzeichnete dieser Tage ein Abkommen mit der Bewegung „Donezker Republik“ des Oberhauptes der Donbass-Republik DVR, Denis Puschilin. Folglich ist scheinbar der Operator (Ausrichter und Ausführende) der künftigen Abstimmung bestimmt worden.

„Richtig wäre es, ein einheitliches Zentrum zu schaffen und möglicherweise es als Stab zu bezeichnen, für eine Arbeit mit jenen, die aus den Konfliktzonen evakuiert wurden“, erläuterte Medwedjew, der jüngst im Verwaltungsgebiet Rostow weilte, wo sich die Hauptmasse der Flüchtlinge konzentriert.

Die Menschen stellten dem stellvertretenden Vorsitzenden des Sicherheitsrates der Russischen Föderation eine Vielzahl von Fragen dazu, wie sie denn doch ihr Leben einrichten sollen. Nach seinen Worten „trägt ein Teil dieser Fragen keinen persönlichen, keinen konkreten Charakter und verlangt bereits normative Lösungen“. Es ging unter anderem um die Rentenversorgung, um materielle Hilfe, medizinische Leistungen und die Schwierigkeiten mit der Ausstellung unterschiedlicher Dokumente. Folglich widmete der 56jährige Medwedjew die turnusmäßige Sitzung der institutionsübergreifenden Kommission des Sicherheitsrates zur Vervollkommnung der staatlichen Migrationspolitik gerade den Einwohnern der ukrainischen Regionen sowie der DVR und LVR, die nach Russland gebracht wurden.

Nun hat er die Anweisung erteilt, schnell alle Prozedurfragen mit der Anerkennung der Bildungszeugnisse und Diplome über eine berufliche Qualifikation zu klären, ohne die die Flüchtlinge keine Arbeit finden, die Kinder zur Schule zu schicken, zu Ärzten gelangen usw. können. Vor dem Hintergrund von allem Übrigen sieht dies jedoch wie ein ganz und gar geringes Problem aus, ja und überdies auch noch als ein minimal aufwendiges. Weitaus größere Ausgaben werden bereits auf den sogenannten befreiten ukrainischen Territorien vorgenommen, obgleich sich deren Wiederaufbau erst ganz am Anfang befindet. Und dabei wird er die ganze Zeit durch Schläge seitens der ukrainischen Truppen unterbrochen, wonach der Preis für eine Integrierung dieser Regionen mit Russland nur ansteigt. Beispielsweise lebt derzeit im Verwaltungsgebiet Saporoschje ein ganzer Kreis ohne eine zentrale Wasserversorgung nach einer Drohnen-Attacke vom 23. Juli. Über Zerstörungen von Ortschaft nach Beendigung der Gefechte in ihnen muss erst gar nicht gesprochen werden. (Von den Zerstörungen in der Ukraine nach Schlägen durch russische Truppen und Einheiten der sogenannten Donbass-Bürgerwehren wird derweil in den russischen Medien überhaupt nicht gesprochen. – Anmerkung der Redaktion)

Man kann annehmen, dass sich der von Medwedjew angekündigte Stab letztlich mit einer Koordinierung des gesamten Komplexes der ukrainischen Probleme befassen wird. Wobei diese nicht nur sozial-ökonomischer, sondern auch politischer Art sind. Schließlich ist der stellvertretende Vorsitzende des Sicherheitsrates und Ex-Präsident Russlands gleichzeitig der Chef der Kremlpartei „Einiges Russland“, die gerade jetzt aktiv das öffentliche Leben der Ostukraine in die russische Wirklichkeit zu integrieren sucht. Und es stehen auch noch die Referenda über einen Beitritt zur Russischen Föderation von mindestens der Donbass-Republiken sowie der Gebiete Saporoschje und Cherson bevor. In den letzten beiden Gebieten werden bereits nach russischem Vorbild Wahlkommissionen etabliert, die die Stimmen jener auszuzählen haben, die ungeachtet der Kampfhandlungen oder deren Androhung doch in ihren Wohnorten bleiben.

Allem nach zu urteilen, brauchen die Herrschenden der Russischen Föderation aus dem Grund, dass die Zahl der künftigen Wähler für den bevorstehenden Weg aus der Ukraine nach Russland real eine geringe ist, einen gewissen hiesigen Operator, der die Stimmenzettel überall, wo dies möglich ist, einsammelt. Mit den Flüchtlingen im Verwaltungsgebiet Rostow und den anderen Subjekten der Russischen Föderation wird es einfacher. Aber mit jenen, die in der ganzen Ukraine auseinandergelaufen sind, wird eine vertrauliche Verbindung gebraucht. Urteilt man anhand der Internetressourcen, die Kiew unterstützen, so sind die ukrainischen Aufklärungs- und Geheimdienste der Auffassung, dass sich gerade mit dieser Arbeit die Bewegung „Donezker Republik“ befasse, die Puschilin leitet und die die Mehrheit im Parlament der Donezker Volksrepublik besitzt. Und da kommt es doch zu solch einem Zufall, dass diese Struktur am 23. Juli mit „Einiges Russland“ ein Kooperationsabkommen unterzeichnete. Das Donbass-Analog zur russischen Regierungspartei wird sich offensichtlich wahrscheinlich in deren vollwertigen Ableger verwandeln. Nicht umsonst macht sich das Oberhaupt der Donezker Republik – wobei diese Bezeichnung hier bereits gerade ohne Anführungsstriche zu verwenden ist – derzeit mit Kollegen aus dem Korps der Gouverneure bekannt. Am 26. Juli erfolgte zum Beispiel ein Puschilin-Treffen mit dem Oberhaupt der russischen Teilrepublik Tschuwaschien, Oleg Nikolajew.

Vorerst aber sind die Aktivisten Puschilins laut einigen Angaben gerade für die Bildung von Wahlkommissionen in Nord-Taurien zuständig. Und oft werden sie auch selbst zu deren Mitgliedern. Und dass viele von ihnen auch noch bewaffnet sein werden, wird eine wahre Willensbekundung des Volkes, wie noch aus Zeiten des „Krim-Frühlings“ von 2014 gut bekannt ist, in keiner Weise stören, im Gegenteil – dies wird sie gar fördern.