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Im UN-Sicherheitsrat wird der Westen Moskau anhören und Angst machen


Am Montag soll auf Initiative der USA der Sicherheitsrat der UNO zusammentreten (geplant für 16.00 Uhr MEZ – Anmerkung der Redaktion). Das erklärte Diskussionsthema ist die Ukraine. Die Diskussionen, die im Sicherheitsrat erfolgen, werden in Vielem den Ton des weiteren russisch-amerikanischen Dialogs bestimmen, nachdem die Vereinigten Staaten eine Antwort auf die Vorschläge der Russischen Föderation zu Sicherheitsfragen gegeben haben. Vorerst räumt man sowohl in Moskau als auch in Washington vorsichtig ein, dass Verhandlungen zumindest zu einigen Aspekten der russischen Initiativen möglich seien. Zur gleichen Zeit besteht der Westen auf eine Deeskalation der Situation rund um die Ukraine als eine Bedingung für die Fortsetzung des Verhandlungsprozesses. Mehr noch, Großbritannien hat begonnen, über neue Sanktionen gegen Geschäftsleute aus der Russischen Föderation zu sprechen.

In einer Erklärung der ständigen Vertreterin der USA bei der UNO, Linda Thomas-Greenfield, wird die Wichtigkeit der Einberufung des Sicherheitsrates unterstrichen. Sie beharrt darauf, dass die Mitglieder des Sicherheitsrates untersuchen müssten, „was für die Ukraine, Russland und Europa auf dem Spiel steht und wie sich eine weitere Besetzung der Ukraine durch Russland auf die grundlegenden Prinzipien der Weltordnung und Pflichten auswirken wird“. Es ist klar, dass, wenn bei der Sitzung der Versuch unternommen wird, eine Resolution zu verabschieden, die die russischen Handlungen verurteilt, insbesondere die Konzentration von 100.000 Soldaten unweit der ukrainischen Grenzen, dieses Dokument nicht angenommen wird. Die Russische Föderation hat als ein Ständiges Mitglied des Sicherheitsrates ein Vetorecht, das sie im Bedarfsfall anwenden wird. Linda Thomas-Greenfield machte jedoch kein Hehl daraus, dass das Ziel der amerikanische Initiative sei, nicht die Verabschiedung einer verurteilenden Resolution zu erreichen, sondern zu demonstrieren, dass die Position Russlands keiner in der Welt unterstütze. Sie zog eine Analogie zur Krim-Resolution von 2014, als 13 der 15 Mitglieder des Sicherheitsrates die Handlungen der Russischen Föderation verurteilten.

Jetzt wird sich eventuell die gleiche Situation wiederholen. Eine gewisse Intrige birgt die Position Chinas in sich. Eine eindeutige Unterstützung für Russland war von Seiten Pekings nicht zu vernehmen. Daher ist die Variante nicht ausgeschlossen, dass es sich der Stimme enthalten wird. Gegenwärtig besteht die Haltung des Landes, die in einem Kommentar für die russische staatliche Nachrichtenagentur TASS durch den UN-Vertreter der Volksrepublik China Zhang Jun dargelegt wurde, darin, dass der Dialog zur Situation rund um die Ukraine fortgesetzt werden müsse.

Zur gleichen Zeit betonen die Amerikaner, dass der Sicherheitsrat auch im Kontext des weiteren Dialogs mit der Russischen Föderation wichtig sein werde. „Wir betrachten die für Montag geplante Sitzung als eine Möglichkeit für Russland, seine Handlungen zu erklären, und wir werden mit der Bereitschaft zu ihr kommen, es anzuhören“, teilte ein US-Diplomat bei einem Sonderbriefing mit.

Derweil kann die Erörterung der Frage über Sanktionen gegen Russland die Verhandlungen ernsthaft beeinflussen oder gar zum Scheitern bringen. Sowohl im Weißen Haus als auch in den Hauptstädten der EU-Länder ist davon die Rede, dass man vor der Verhängung harter Sanktionsmaßnahmen nicht halt machen werde, aber nur im Falle eines russischen Überfalls auf das ukrainische Territorium. Dass es nicht um präventive Sanktionen geht, bestätigte indirekt Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian. In einem Sonntag von der Pariser Zeitung „Le Journal du Dimanche“ veröffentlichten Interview betonte er, dass er „keinerlei Differenzen zwischen den Europäern“ hinsichtlich dessen spüre, ob Sanktionen verhängt werden sollen oder nicht, wenn Russland anzugreifen beginne.

Das einzige Land, in dem man von prinzipiell neuen Sanktionen spricht, ist Großbritannien. Die britische Außenministerin Elizabeth Truss erklärte in einem Interview für den TV-Kanal Sky News, dass London den Mechanismus der Sanktionen gegen Russland in der nächsten Woche ändern und russische Geschäftsleute in sie einbeziehen werde, „die an einer Unterstützung des Regimes beteiligt sind“. „Wir werden nicht über Details hinsichtlich dessen sprechen, wer und unter welchen Sanktionen sein wird. Dieser Gesetzentwurf wird uns erlauben, ein größeres Spektrum von Zielen zu treffen. Daher wird es keinen geben, der denken wird, dass er eine Immunität gegen Sanktionen besitzt“, erklärte sie wortwörtlich. In ihrem Interview räumte Truss sogar die Möglichkeit der Konfiszierung gewissen Besitzes von Bürgern Russlands auf britischem Territorium ein.

Wladimir Schweizer, Leiter der Abteilung für soziale und politische Studien des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, äußerte in einem Kommentar für die „NG“ große Zweifel darüber, dass sich Großbritannien auf irgendwelche eigenen Sanktionen gegen die Russische Föderation einlassen werde. „Das Land gehört nicht mehr zur EU, doch es koordiniert in der einen oder anderen Weise seine Sanktionspolitik mit den USA und der Europäischen Union. Folglich glaube ich nicht sehr an separate britische Maßnahmen“, sagte er.

Zur gleichen Zeit muss betont werden, dass Truss in der nächsten Woche nach Kiew kommen wird. Ergo kann ihre Erklärung nicht nur an Russland und an das innerbritische Publikum, das die Regierung von Boris Johnson aufgrund der Sanftheit gegenüber Moskaus kritisiert, sondern auch an die Ukraine gerichtet sein. Großbritannien positioniert sich ja doch seit kurzem als ein Sprachrohr und Lobbyist der Interessen der osteuropäischen Staaten.

Nicht dafür, dass die Briten sich wirklich anschicken, Sanktionen zu verhängen, spricht auch dies, dass eben jene Elizabeth Truss, aber auch der Verteidigungsminister des Vereinigten Königreichs Ben Wallace beabsichtigen, nach Russland zu kommen. Die Besuche werden in den nächsten zwei Wochen stattfinden. Ein genaues Datum ist bisher nicht mitgeteilt worden. Ja, und selbst Johnson beabsichtigt, mit Wladimir Putin hinsichtlich der Situation rund um die Ukraine zu telefonieren. Der Pressedienst des britischen Regierungschefs teilte mit, dass sowohl die Besuche der Minister als auch dieses Telefonat als Teil eines Prozesses angesehen werden, der darauf abzielt, „ein Blutvergießen in Europa zu vermeiden“.