Weißrusslands Gesundheitsminister Dmitrij Pinjewitsch berichtete in einer Sendung des staatlichen Fernsehkanals „Belarus 1“, wie versucht werde, die in seinem Verantwortungsbereich zunehmenden Probleme zu lösen. Derweil berichtete sein polnischer Amtskollege über einen spürbaren Zustrom weißrussischer Mediziner in sein Land. Zuvor hatte Alexander Lukaschenko vorgeschlagen, das Problem zu lösen, indem man die Absolventen der medizinischen Ausbildungseinrichtungen nötigt, zehn Jahre am zugewiesenen Einsatzort zu arbeiten. Außerdem artikuliert sich die Sorge des Präsidenten um die Gesundheit der Bürger in einer Verschärfung der Politik in Bezug auf die privaten medizinischen Zentren.
Im Januar kommenden Jahres wird in Weißrussland die Fertigung eines COVID-Vakzins eigener Produktion beginnen. Über diese Leistung berichtete in einer Sendung des Fernsehkanals „Belarus 1“ Gesundheitsminister Dmitrij Pinjewitsch. Dabei seien nach seinen Worten 72 Prozent der Bevölkerung gegen COVID geimpft. Und es habe sich eine „mächtige Schicht hinsichtlich einer Buster-Vakzinierung“ herausgebildet.
Dies ist ein beeindruckendes Ergebnis unter Berücksichtigung der Haltung zu dieser Erkrankung seitens Alexander Lukaschenkos an sich. Anfang dieses Jahres hatte er erklärt: „Ich rate an, sich keinen Kopf zu machen. Sobald Sie anfangen, „och“ und „ach“ zu stöhnen, und der Teufel weiß, wohin zu laufen – dies ist eine Not. Und die jungen Menschen müssen sich auch keine Sorgen machen“.
Hinsichtlich der Vakzinierung und der internationalen Quarantänemaßnahmen war er auch ganz und gar gnadenlos: „Ich möchte all diesen internationalen Betrügern sagen: Es reicht schon! Man hat uns die Taschen schon so sehr umgekrempelt, dass da nichts geblieben ist. Sie haben schon alle ausgezogen. Man muss diese Pandemie schon beenden“.
Jetzt jedoch wird das Land einen eigenen Impfstoff haben. Er ist allerdings kein Allheilmittel für alle Übel. Mit anderen Medikamenten aber ist die Situation keine einfache. Pinjewitsch gestand ein, dass die Sanktionen der EU die Situation mit Medikamenten-Lieferungen erschwert hätten. Der Minister teilte mit, dass hinsichtlich von 10 bis 15 Präparaten die Lage derart sei, dass ihre Vorräte für weniger als einen Monat reichen würden. Dafür erfolge aber entsprechend seinen Erklärungen eine aktive Arbeit zur Importsubstitution.
Es mangelt aber nicht nur an Medikamenten, sondern auch an jenen, die sie verschreiben. Pinjewitsch gestand einen Mangel an medizinischem Personal ein. Er machte jedoch sofort die Hoffnung: „Der Mangel an Personal ist keine Besonderheit für Belarus. Wenn wir die Personalfrage im Westen und Osten untersuchen, so sehen wir da genau das gleiche. Denn die Ausbildung eines medizinischen Spezialisten, besonders mit einer Hochschulausbildung, ist ein langwieriger, schwieriger und aufwendiger Prozess für jeglichen Staat. Viele lenken einfach nicht die Aufmerksamkeit darauf, wobei sie versuchen, die Frage durch eine äußere Migration im Unterschied zu unserem Staat zu lösen“.
In der Tat, der Auswanderungsfaktor spielt in dieser Situation offenkundig nicht die letzte Rolle. Polens Gesundheitsminister Adam Niedzielski erklärte, dass im letzten Jahr in seinem Land mehr als eintausend weißrussische Mediziner eingestellt worden seien.
Die Internetressource „Nascha Niwa“ (deutsch: „Unsere Flur“, in Weißrussland ist der Zugang zu dieser Internetseite eingeschränkt) führt solche Daten an: „Laut Angaben aus nationalen Datenbanken für ausgeschriebene Arbeitsstellen sucht man im Land 4614 Fachärzte, 3607 Krankenschwestern und 2209 Sanitäter“. Dabei betont die Seite, dass es im Brester Gebiet an 1022 Medizinern mangele, und sie konstatiert, dass man diesen ganzen Mangel durch jene hätte decken können, die nach Polen ausgereist sind. „Nascha Niwa“ befragte unterschiedliche Vertreter der Mediziner-Community und erklärt: „Einige der Gesprächspartner bringen den Personalmangel mit den Ereignissen des Jahres 2020 in einen Zusammenhang. Zu den Protesten in Minsk und in den westlichen Verwaltungsgebieten waren mehr Mediziner gekommen, die nach der Niederschlagung der Proteste gezwungen waren, nach den IT-Spezialisten auszureisen“.
Im vergangenen Jahr forderte Lukaschenko vom Chef des Gesundheitsministeriums, dass er einen Vorschlag über ein obligatorisches Arbeiten der Absolventen medizinischer Ausbildungseinrichtungen im Verlauf von zehn Jahren in den zugewiesenen Einrichtungen vorbereitet. Allerdings sind solche Maßnahmen letztlich nicht ergriffen worden.
Neben politischen gibt es auch andere Ursachen für den Exodus der Kader. Beispielsweise hat in diesem Sommer Alexander Lukaschenko aufgefordert, aktiver die Tätigkeit der privaten medizinischen Zentren zu überprüfen. Er hatte damals erklärt: „Ich bin ein Mensch des Staates. Sie haben sicherlich dies bereits bemerkt. Und ich werde alles tun, um vor allem das staatliche Gesundheitswesen zu entwickeln. Denn ich habe das Private bereits satt: Es will nichts gelingen. Aber jeder will an der Gesundheit der Menschen verdienen“.
Er unterstrich, dass man diese Privaten nicht aus den Augen verlieren dürfe. „Wir kontrollieren sehr streng. Nicht, weil mir die privaten Unternehmen nicht gefallen, unter anderem im Gesundheitswesen. Nein. Sondern weil man ehrlich arbeiten muss. Und an der Gesundheit der Menschen wird keiner Geld verdienen werden“, erklärte Lukaschenko.
Und nun teilt der Gesundheitsminister mit, wie der Auftrag des Präsidenten erfüllt wird. „Ja, wir haben das Recht, für bis zu sechs Monaten die Arbeit eines Zentrums auszusetzen. Solang die Beanstandungen nicht beseitigt werden. An solchen Fällen gab es nicht wenige – 28. Sieben Zentren haben noch nicht wieder geöffnet. Aber hinter jeder Schließung steht das Schicksal eines Menschen“.
Derweil betont „Nascha Niwa“, dass man den Strom der auswandernden Mediziner stoppen könne, aber nur nach einem generellen Verwehren einer Ausreise aus dem Land. Die Beamten würde aber die Situation mit dem Mangel an Personal nach Meinung der Ärzte an sich nicht stark beunruhigen. Die Internetseite zitierte die Worte eines anonymen Mediziners aus Gomel: „Sie machen sich nur darüber Sorgen, wie sie sich selbst über Wasser halten können. Sie werden sich nicht in Krankenhäusern behandeln lassen, wo es an Ärzten des für sie zum Zeitpunkt einer Krankheit erforderlichen Profils mangelt. Sie erinnern sich nur dann des Problems, wenn man es sagt oder anweist, es zu bemerken“.