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In Deutschland wird die Hysterie rund um die Ereignisse im Südosten der Ukraine angeheizt


Allem nach zu urteilen hat die Anerkennung der Donezker und der Lugansker Volksrepubliken in den Grenzen, die in deren Verfassungen ausgewiesen wurden, das heißt in den Grenzen der in den 1930er Jahren gebildeten ukrainischen Verwaltungsgebieten Donezk und Lugansk, womit die Machthaber der Donbass-Republiken gefährliche Gebietsansprüche haben, keinen Eindruck auf den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij und seine Umgebung gemacht. Zu einer Antwort wurden die Einberufung von Reservisten (sie wurde als eine Teilmobilmachung verkündet) und eine Verstärkung des Beschusses des Territoriums der bereits von Moskau anerkannten Republiken. Laut Angaben des russischen Grenzdienstes seien durch die Artillerie der ukrainischen Armee ein Grenzposten 150 Meter von der ukrainisch-russischen Grenze zerstört und der Versuch von zwei Diversionsgruppen der ukrainischen Armee, auf Russlands Territorium vorzudringen, vereitelt worden. Wobei es im zweiten Fall um eine richtige Gefechtsauseinandersetzung ging, da die ukrainische Armee versucht haben soll, eingekreiste ukrainische Diversanten mit Hilfe von zwei Schützenpanzerwagen freizubekommen. Die sollen aber bereits auf dem Territorium Russlands durch Granatwerfer vernichtet worden seien. Die deutsche Presse hat gar nicht oder nur wenig darüber berichtet. Dagegen ziehen es die deutschen Massenmedien vor, die Lage aufzuheizen. Einen jüngsten Versuch unternahm diesbezüglich der Verleger des größten deutschen Verlages, der Axel Springer SE, Mathias Döpfner.

In einem Beitrag, der in der dem Verlag gehörenden Zeitung „Die Welt“ veröffentlicht wurde, erinnert er sich an Ereignisse von Ende Juni 2011, als das deutsche Parlament – der Bundestag – den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hatte. Im Grunde genommen war dies der Beginn der Energiewende. Damals aber hatte sich der russische Botschafter vorgestellt, dass das russische Erdgas die Atomenergie ersetzen könne. Dafür hätte man auch nach den Worten Döpfners die Wodka-Gläser vom Dach der russischen Botschafter Unter den Linden, von wo aus der Bundestag gut auszumachen war, erhoben. Zu einer Folge wurde, behauptet der Verleger, „eine unnötige Abhängigkeit von russischer Energie und russischer Politik geschaffen. Das Ergebnis war Nord Stream 2 und eine tiefe Entfremdung zwischen Amerika und Deutschland und Europa“. Die Europäer hätten damals an Putin geglaubt, schreibt der Verleger, und sich getäuscht. Scheinbar kehre die Vergangenheit zurück. Und die Geschichte kommen erneut auf die gewohnten Gleise der Ära vor Willy Brandt, als die Sozialdemokraten den Versuch unternahmen, mit kühnen wirtschaftlichen Schritten im Geist von „Pipelineröhren für Gas“ den damaligen „eisernen Vorhang“ niederzureißen. Döpfner spricht von einer Naivität der Deutschen, denen die vergangenen Jahre nichts gelehrt hätten. Natürlich, die halbherzige Politik im Geiste von „sowohl für uns als auch für Sie“, die deutschen Bundesregierungen nach der Kanzleramtszeit von Gerhard Schröder verfolgten, hat gerade auch zu dem heutigen Zustand geführt. Leider reichte es weder Angela Merkel noch umso der heutigen Regierung Deutschlands an Mut, um eine Entscheidung zwischen Europa von Lissabon bis nach Wladiwostok auf der einen Seite und der transatlantischen Solidarität auf der anderen zu treffen. Europa ist aufgrund der Schwäche, der mangelnden Informiertheit und Beschränktheit der heutigen deutschen Politiker mit den Scheuklappen der antirussischen Politik der USA erstarrt.

Heutzutage gehe es darum, wie der einstige deutsche Bundesaußenminister Sigmar Gabriel in einem Interview für den „Deutschlandfunk“ erklärte, dass „Nord Stream 2“ keine Zukunft habe. Wie Gabriel meinte, habe er stets an friedliche Dividende geglaubt, die die Wirtschaft bringe. In diesem Falle aber sei dies seiner Meinung nicht geschehen. Und jetzt, selbst wenn die Krise überwunden wird, müssten sowohl Deutschland als auch Europa aufs Neue ihre Energiebeziehungen regeln.

Die Situation unterscheidet sich natürlich drastisch vom Jahr 2008, als sich Abchasien und Südossetien von Georgien gelöst hatten (zumal Moskau damals auch diese ehemaligen Teilrepubliken Georgiens eiligst anerkannte und heute großzügig finanziert und damit über Wasser hält – Anmerkung der Redaktion). Es geht darum, dass der Großteil der Territorien der von Moskau anerkannten Republiken im Südosten der Ukraine unter ukrainischer Verwaltung bleiben. Daher dreht sich das Hauptthema der berechtigten Spekulationen der deutschen Medien darum, wo Putin halt machen könne. Anders gesagt: Wird er anstreben, den verbliebenen Großteil der Verwaltungsgebiete Donezk und Lugansk zu erobern oder wird er weiter gehen? Schließlich werden in Deutschland seine Erklärungen über das gemeinsame Volk und dem faktischen Nichtvorhandensein des Rechts der Ukraine auf eine staatliche Eigenständigkeit als Erklärung über Ansprüche auf das gesamte ukrainische Territorium interpretiert (ganz zu schweigen davon, dass damit die gesamte Nachkriegsordnung über den Haufen geworfen wird – Anmerkung der Redaktion). In diesem Zusammenhang macht Döpfner den Lesern mit dem schlimmsten Krieg und dem Tod von hunderttausenden Menschen, von Zivilisten, Müttern und Kindern Angst. Er erklärt, dass eine humanitäre Katastrophe möglich sei.

Der Verleger ist der Auffassung, dass man mit Sanktionen Putin nicht stoppen könne. Und daher sei für die deutsche Außenpolitik die Zeit gekommen, Entscheidungen zu treffen. Nach seiner Meinung bräuchte Europa Deutschland, und die USA bräuchten Europa.

Döpfner schlägt keine Lösungen vor. Er macht Angst und ruft faktisch zu einem Abbruch der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland auf, die weitaus breiter und tiefer sind als die zwischen Russland und den USA. Dabei bemerkt der Verleger nicht die Tatsache oder will sie nie nicht zur Kenntnis nehmen, dass Putins Erklärung über das gemeinsame Volk der Bürger Russlands und der Ukrainer gerade die Unmöglichkeit der Führung eines großangelegten Krieges durch dieses gegen die Ukraine bedeutet, da dies ein Krieg gegen das eigene Volk wäre.