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In Kiew kann man die orthodoxen Weihnachtsfeiern am 7. Januar absagen


Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine, Metropolit Epiphanius (Dumenko) und das Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, Erzbischof Swjatoslaw (Schewtschuk) haben dieser Tage eine Reform des Kirchenkalenders erörtert. Und sie haben vereinbart, eine spezielle Arbeitsgruppe für eine weitere Behandlung auch der Frage über das Datum des Feierns des Weihnachtsfests zu bilden.

Der Präsident der Ukraine, Wladimir Selenskij, hatte am 24. Dezember den Ukrainern und Christen des westlichen Ritus zum lichten Weihnachtsfest gratuliert. Nach seinen Worten würden die Einwohner der Ukraine das diesjährige Festen unter nicht einfachen Bedingungen des militärischen Konflikt begehen und daher des traditionellen Geist von Weihnachten anders empfinden. Dabei versicherte Selenskij: „Das Böse hat keine Waffe, die stärker als der Schutz ist, der uns durch Gott gegeben wurde. Das Böse wird an diesem Schutzschild wie eine Steinmauer zerbrechen. Wir haben dies mehrfach gesehen. Wir haben zu Beginn des Konflikts standgehalten, wir haben Attacken, Gefahren, einer nuklearen Erpressung, Terror und Raketenschlägen standgehalten. Wir werden auch diesen Winter überstehen, da wir wissen, für was wir kämpfen“.

Bekanntlich wird Weihnachten entsprechend dem Gregorianischen Kalender in der Nacht zum 25. Dezember gefeiert. Ein Teil der christlich-orthodoxen Kirchen, die sich an den Julianischen Kalender halten, feiern es in der Nacht zum 7. Januar. Zur gleichen Zeit begeht das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, das die Orthodoxe Kirche der Ukraine etablierte, das Fest zusammen mit den Katholiken.

Es ist nicht erstaunlich, dass sich am Vorabend Metropolit Epiphanius mit dem Oberhaupt der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche (UGKK), Swjatoslaw, getroffen hat, um eine Reform des Kirchenkalenders zu erörtern. Für eine weitere Behandlung der Frage hätten sie vorgeschlagen, eine spezielle Arbeitsgruppe zu bilden, meldete der Pressedienst der UGKK. Und präzisierte weiter: „Diese Arbeitsgruppe soll konkrete Vorschläge für die Oberhäupter und Synoden beider Kirchen im Kontext der Vorbereitung zu den Feierlichkeiten aus Anlass des 1700. Jahrestages des Ersten Konzils von Nicäa im Jahre 325 ausarbeiten. Bei diesem Konzil waren die kalendarischen Prinzipien für das Kirchenleben bestimmt worden“. Diese Frage werde jedes Mal immer akute am Vorabend der Weihnachtsfeiertage, wies man in der UGKK hin.

Obgleich die Oberhäupter der genannten ukrainischen Kirchen auf eine Zuspitzung der „Kalender“-Frage verweisen würden, würden sie jedoch in Wirklichkeit selbst diese zuspitzen, konstatierte in einem Kommentar für die „NG“ der Experte der Ukraine-Abteilung im Institut für die GUS-Länder, Alexander Dudtschak. Nach seiner Meinung werde dies dafür getan, um die Zerstrittenheit in der ukrainischen Gesellschaft zu verstärken und die Traditionen zu untergraben, die von alters her auf diesem Boden bewahrt wurden. „Somit versucht man in Kiew, jene übernationale, jene überstaatliche Verbindung zu zerstören, die über Jahrhunderte die ukrainischen Gebiete mit den traditionellen orthodoxen Territorien vereinigte“, erklärte Dudtschak.

Unter solchen Bedingungen sehe, fügte er hinzu, die künftige Entscheidung hinsichtlich der erklärten Reformierung des Kirchenkalenders mit einer Änderung des Datums für das Feiern von Weihnachten als eine vorausbestimmte aus. Offensichtlich werde die Frage nur darin bestehen, sofort das Feiern am 7. Januar zu verbieten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass man für den Anfang doch erlauben werde, beide Daten parallel zu begehen, womit noch ein Feiertag zugelassen wird, vermutete der Experte aus dem Institut für die GUS-Länder.

Es sei daran erinnert, dass im Herbst der Synod der Orthodoxen Kirche der Ukraine den Diözesen erlaubte, Gottesdienste zu Ehren von Christi Geburt am 25. Dezember zu zelebrieren. Wobei das Datum für das Feiern von Weihnachten entsprechend dem Gregorianischen Kalender früher durch Kiew zu einem offiziellen freien Tag erklärt worden war. In diesem Jahr aber hatte man aufgrund des Kriegszustands die freien Tage zu Weihnachten gecancelt. Wobei die Ukrainische orthodoxe Kirche, die die meisten Gemeindemitglieder hat (und eigentlich dem Moskauer Patriarchat untersteht – Anmerkung der Redaktion), sich an die traditionellen Kanons hält. Und gerade sie wird im Übrigen einer aktiven Verfolgung seitens der Offiziellen ausgesetzt, woran der Experte Dudtschak erinnerte.

Bemerkenswert ist, dass in den begleitenden Informationen in den ukrainischen Massenmedien neben anderem betont wurde, dass sich neben der unterschiedlichen Zeitzählung der Gläubigen des westlichen und östlichen Ritus auch die Wahrnehmung von entscheidenden Festereignissen unterscheide. Ausgehend davon kann nicht ausgeschlossen werden, dass mit den weiteren Reform-Neuerungen deren Initiatoren versuchen werden, auch die Osterfeiertage zu erfassen.