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In Minsk kämpft man gegen Parasiten und Faschisten


Die Vorsitzende des Republiksrates, Natalia Kotschanowa, hat vorgeschlagen, „eine Erfassung der sozialen Nützlichkeit der Bürger“ vorzunehmen. Zur gleichen Zeit erfolgt eine aktive Aktualisierung der „Parasiten“-Datenbank. Sie sollen für einige kommunale Dienstleistungen entsprechend einem höheren Tarif zahlen. Derweil hat Staatsoberhaupt Alexander Lukaschenko aktiv beim Subbotnik am vergangenen Samstag gearbeitet und sich mit einer Grußadresse an die Teilnehmer eines antifaschistischen Forums gewandt, das in der Hauptstadt Minsk abgehalten wurde.

Natalia Kotschanowa, die Vorsitzende des Republiksrates der Nationalversammlung Weißrusslands, hat einen überraschenden Vorschlag unterbreitet. In einem Interview für die Zeitung „SB. Belarus heute“ erklärte die Parlamentschefin: „Man muss vom sozialen Parasitentum abgehen. Im Zusammenhang damit muss die Arbeit der Parlamentarier und der Verwaltungsvertikale insgesamt zur Involvierung der nichtbeschäftigten Bürger in die Wirtschaft nicht bloß fortgesetzt, sondern unter eine erstrangige Kontrolle gestellt werden. Wir sind bereits mehrfach eine Erfassung der sozialen Nützlichkeit der Bürger angegangen. Wir fürchten aber die ganze Zeit, irgendwen zu kränken. Andererseits aber ist etwa für diejenigen nicht ärgerlich, die gewissenhaft und fleißig arbeiten und durch ihre Steuern die nicht in der Wirtschaft Beschäftigten unterhalten?!“.

Kotschanowa schlägt vor: „Man muss dieses Thema ernsthaft mit dem Volk erörtern. Vorgenommen werden muss eine großangelegte soziologische Untersuchung, diskutiert werden muss auf den Dialog-Plattformen und in den Massenmedien. Mögen die Menschen selbst bestimmen, wo hier eine Maßnahme sozialer Gerechtigkeit ist“.

Es ist hier unschwer ein Appellieren an die Erfahrungen der chinesischen Genossen auszumachen. In der Volksrepublik China wird die Konzeption von einem „sozialen Kredit“ realisiert. Für ein richtiges, sozial gebilligtes Verhalten, für die Loyalität gegenüber den Offiziellen und unterschiedliche Leistungen werden den Bürgern Punkte angerechnet, die deren soziales Rating formiert, das wiederum ihren Status und die Rechte für einen Zugang zu den einen oder anderen Leistungen und Möglichkeiten bestimmt.

Ob die weißrussischen Offiziellen etwas Ähnliches implementieren wollen, wird die Zukunft zeigen. Vorerst aber setzen sie aktiv den Kampf gegen Faulenzerei fort. Im gesamten Land sammeln spezielle Kommissionen Informationen über den Beschäftigungsgrad der Bevölkerung, um die Datenbank der „Parasiten“ zu aktualisieren. Die Beschäftigung müssen selbst jene bestätigen, die für mehr als 30 Tage aus dem Land ausgereist sind. Die in dieser Datenbank erfassten Personen müssen für eine Reihe von kommunalen Dienstleistungen entsprechend den kompletten Tarifen zahlen. Außerdem ist dieser Tage ein Gesetz in Kraft getreten, demzufolge jene, die man für Faulenzer bzw. Arbeitsscheue hält, selbst für Geschenke von nächsten Verwandten eine Steuer zahlen müssen.

Und dies ist nicht erstaunlich, da die Spitzenvertreter des Landes selbst eine ausschließliche Arbeitsliebe demonstrieren. Nicht nur Natalia Kotschanowa, sondern auch Alexander Lukaschenko höchstselbst haben am traditionellen Subbotnik aktiv teilgenommen. Das Staatsoberhaupt hat mit seinem Team Bäume auf dem Territorium des Komplexes „Chatyn“ gepflanzt. Zum Gedenken an den 80. Jahrestag der Tragödie von Katyn sind 80 Eichen gepflanzt worden. „Die Festung von Brest und Katyn sind internationale, bekannte Orte. Daher muss man sie natürlich auf höchster Ebene unterstützen“, betonte der Staatschef. Und besonders unterstrich er die Bedeutsamkeit und den symbolischen Charakter dieser Orte im Kampf gegen den Faschismus.

Gerade der Bekämpfung dieses Übels war das parallel zum Subbotnik in Minsk veranstaltete antifaschistische Forum „Aufgaben der internationalen kommunistischen Bewegung im Ringen um Solidarität der fortschrittlichen Kräfte und gegen die neue faschistische Bedrohung für die Menschheit“ gewidmet gewesen.

An dem hatten über 40 ausländische Gäste teilgenommen. Der bedeutendste war aber der Chef der KPRF Gennadij Sjuganow. Alexander Lukaschenko begrüßte die Kämpfer gegen den Faschismus und unterstrich in seiner Botschaft an sie: „Die scheinbar für immer in der Vergangenheit zurückgelassenen Ideen des Nazismus finden heute neue Anhänger in den aufgeklärtesten Ländern der Welt. Daher muss die Stimme der Anhänger der kommunistischen Ideen im Kampf für das Recht eines jeden Menschen auf Frieden und eine schöpferische Arbeit hartnäckig und kompromisslos erklingen“.

Der Politologe Pawel Ussow kommentierte auf der Belsat-Internetseite die aktive Einführung solcher sowjetischen Praktiken wie Subbotniks und bezeichnete sie als eine Form zwecks Nötigung einer maximalen Anzahl von Bürgern zu einer politischen Unterwürfigkeit. Der Experte betonte: „Aber hinsichtlich jener, die sich nicht unterordnen wollten, hat man persönliche Sanktionen eingeführt, um jene Menschen herauszufiltern und zu verdrängen, die selbst auf einer symbolischen Ebene diesem System Widerstand leisten könnten. Das, was wir heutzutage haben, ist eine Fortsetzung der Praktiken, die Lukaschenko und das System im Verlauf aller Jahre der Herrschaft eingeführt hatten. Andererseits aber ist dies natürlich noch ein Element für eine zusätzliche Kontrolle, ein Monitoring der Situation. Mit all diesen Ritualen wie die Subbotniks, Meetings und irgendwelcher Demonstrationen legitimieren die Herrschenden über die Handlungen und die Gehorsamkeit der Menschen eine neue Ordnung, die sich in Belarus stabilisiert hat“.

In diesem Jahr sprachen die Offiziellen von einer Rekordzahl an Teilnehmern – drei Millionen Menschen. Im vergangenen und vorletzten Jahr meldete das Statistikamt Belstat über 2,4 bzw. 2,3 Millionen Weißrussen, die an der Wiedergeburt der „großen Initiative“, wie Lenin die Subbotniks in einem Text vom 28. Juni 1919 bezeichnet hatte und dessen Geburtstag dieser Feiertag der Arbeit auch gewidmet wurde, teil.

Pawel Ussow betonte: „Man kann sagen, dass die Teilnahme am Subbotnik ein Demonstrieren einer Zustimmung zur existierenden Ordnung ist, betrachten Sie es als eine Abstimmung durch das Verhalten zur Unterstützung des Regimes. Die Zerstörung derartiger Rituale ist eine der Formen eines passiven Widerstands“.