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In Moldawien haben Gasproteste begonnen


In Moldawien haben Proteste der Bevölkerung gegen die Gastarife begonnen. Als erste sind Einwohner der Gagausen-Autonomie zu einem Meeting gekommen. Der ehemalige stellvertretende Verwaltungschef der Autonomie, Valerij Ianioglo, sagte der „NG“, dass die Volksversammlung (das Parlament) Gagausiens eine Delegation für Verhandlungen in Moskau über Gaslieferungen für die Region entsprechend dem Preis von Transnistrien gebildet hätte. Die Gagausen erinnern daran, dass Russisch in der Autonomie eine Sprache der zwischennationalen Kontakte und die Bevölkerung prorussisch eingestellt sei. Zur gleichen Zeit reichte in Kischinjow der Bürgermeister der Hauptstadt Ion Ceban eine Beschwerde in der Generalstaatsanwaltschaft gegen die Entscheidung der Regierung, die Gastarife rückwirkend anzuheben, ein.

Gagausien ist ein autonomes territoriales Gebilde im Süden Moldawiens und ist zu 100 Prozent an die zentrale Gasversorgung angeschlossen, teilte der „NG“ Valerij Ianioglo mit. 90 Prozent der privaten Wohnhäuser sind an eine Gasleitung angeschlossen. Die Anhebung der Tarife erlaube nach Aussagen Ianioglos nicht, die Häuser mit Gas zu beheizen. Und die Bürger würden nunmehr zum Heizen Holz verwenden. Aber auch dies nicht für lange, denn es mangelt an Bäumen. Daher hat man in der Volksversammlung einige Abgeordnete ausgewählt und zu Verhandlungen zwecks Reduzierung der Gaspreise für die Autonomie losgeschickt.

In Comrat, der Hauptstadt Gagausiens, berichtete man der „NG“, dass die Abgeordneten nach Moskau reisen und die Staatsduma (das Unterhaus des russischen Parlaments – Anmerkung der Redaktion) bitten würden, zu helfen diese Frage zu klären, genauso wie dies in Bezug auf Transnistrien getan worden war.

Bei der Kundgebung, die in Comrat erfolgte, sprachen die Redner davon, dass auf Beschluss der Volksversammlung Russisch die Sprache der zwischennationalen Kontakte sei. In den Schulen der Region werde in russischer Sprache unterrichtet. Gagausien würde aktiv mit russischen Regionen zusammenarbeiten. Und die Bevölkerung halte sich für eine prorussische.

Die Teilnehmer der Protestaktion in Comrat formulierten kritische Anmerkungen an die Adresse der Präsidentin Moldawiens. Sie erklärten: „Maia Sandu hat sich, um es ihren amerikanischen Freunden recht zu machen, mit Russland zerstritten. Dies ist aber unser wichtiger strategischer Partner. Russland hat stets Moldowa geholfen. Unsere Offiziellen haben damals geschwiegen. Und sie schweigen auch heute. Wir haben die Schlussfolgerung gezogen, dass unsere Herrschenden heute für sich selbst dastehen, und das Volk steht für sich selbst ein“. Die Kundgebungsteilnehmer betonten, dass das Oberhaupt (Baschkan) Gagausiens Irina Vlach Moskau sofort nach dem Auftreten der Probleme mit den Gaspreisen hätte reisen müssen.

„Gagausien besitzt sehr gute internationale Beziehungen mit Regionen der Russischen Föderation der Türkei und der EU. Man muss sich an alle um Hilfe wenden, erklären, dass sich unser Volk an der Grenze einer humanitären Katastrophe befindet“, erklärte Alexander Tarnavski, Abgeordneter der Volksversammlung Gagausiens.

Der Einwohner von Comrat Ivan Kylcik betonte, dass „wir ohne die Hilfe Russlands nicht auskommen werden“.

Nach Aussagen des Abgeordneten Nikolai Dudoglo könne die Bevölkerungsmehrheit die Rechnungen entsprechend den neuen Tarifen nicht bezahlen. Der Politiker hält es für notwendig, dass „sich das ganze gagausische Volk“ zwecks finanzieller Hilfe an Russland wendet.

„Was können die Abgeordneten tun, die man für eine Reise nach Moskau delegierte? Lassen Sie uns ernsthafte sein. Wenn sich aber das ganze gagausische Volk meldet? Die moldawischen Gasleitungen erlauben uns nicht, aus Russland billiges Gas und Moldowa teures zu bekommen. Daher brauchen wir Kompensationszahlungen. Ich schlage vor, zwei Fonds für eine Wiedergutmachung der Tarife für alle Bewohner Gagausiens zu bilden – aus dem gagausischen Etat und durch unsere Freunde, die uns achten. Dies sind Russland und die Türkei“, sagte der Abgeordnete der Volksversammlung Gagausiens.

Die Protestierenden riefen dazu auf, Moldawiens Präsidentin Maia Sandu und die Premierministerin des Landes Natalia Gavrilița abzusetzen.

Gagausiens Oberhaupt Irina Vlach wertete die Absicht, eine Delegation für Gespräche mit Moskau über den Abschluss eines gesonderten Vertrags zwischen der Autonomie Gagausien und dem russischen Gaskonzern über Gaslieferungen zu einem geringeren Preis zu bilden, als eine unreife. „Heute können Verhandler zum Gaspreis nur „Moldovagaz“, die Präsidentin und die Regierung sein“, betonte sie. „Die Abgeordneten der Volksversammlung Gagausiens sind dazu nicht berechtigt“.

Derweil finden Protest-Meetings auch in Kischinjow statt. Jüngst trat die Partei „Bürgerkongress“ gegen die Anhebung der Gaspreise auf. Und am Wochenende brachte sie erneut ihre Anhänger auf die Straßen. Auf der Agenda standen erneut die Tarife, die Benzin- und Lebensmittelpreise.

Zuvor war gemeldet worden, dass der Block aus Kommunisten und Sozialisten im Bürgermeisteramt den zentralen Platz von Kischinjow für Februar und März zwecks Abhaltung von Protestaktionen gebucht habe.

Am vergangenen Montag reichten Kischinjows Bürgermeister Ion Ceban und sein Stellvertreter Fadei Nagacevschi in der Generalstaatsanwaltschaft eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Nationalen Agentur für die Regulierung der Energiewirtschaft, die Gaspreise rückwirkend anzuheben, ein. Die Beamten halten diese Entscheidung für einen Missbrauch, wobei sie berücksichtigen, dass ein Gesetz nur dann retroaktiv angewandt werde, wenn die Initiative einen positiven Einfluss auf die Bürger ausübt. Mehr noch, Ceban wirft der Regierung eine unbegründete Verhängung des Ausnahmezustands vor. Nach seinen Worten würden dem Gesetz widersprechende Entscheidungen unter dem Deckmantel des Regimes des Ausnahmezustands getroffen werden. Der Bürgermeister und sein Stellvertreter bitten die Generalstaatsanwaltschaft, eine Untersuchung der Legitimität der Entscheidung über die rückwirkende Anhebung der Tarife vorzunehmen. Es macht Sinn zu betonen, dass diese Entscheidung auch in der Berufungskammer angefochten wird.

„Die Nationale Agentur für die Regulierung der Energiewirtschaft ist zumindest auf dem Papier eine unpolitische, unabhängige Einrichtung, aber keine Institution, die zusammen mit dieser Regierung dem Volk der Republik Moldowa das letzte Geld wegnimmt. Wir fordern die Einleitung von Strafverfahren gegen jene, die die Anweisungen der Regierung ignorieren sollten. Der Ausnahmezustand war ausschließlich dafür verhängt worden, um rückwirkend eine Zustimmung zur Anhebung der Tarife zu erteilen“, sagte Ion Ceban.

Es sei daran erinnert, dass die erwähnte Agentur am 28. Januar beschloss, die Tarife für Erdgas anzuheben. Ausgewiesen wurde, dass die neuen Tarife ab 1. Januar in Kraft treten würden. Außerdem veröffentlichte die Nationale Agentur für die Regulierung der Energiewirtschaft am 1. Februar einen neuen Höchstpreis für Benzin und Dieselkraftstoff, der seit dem vergangenen Mittwoch gilt. Die Rekordpreise für Kraftstoff erklärt die Agentur mit der Zunahme der Preise für Erdöl der Marke Brent. „Eine Zunahme ist in den meisten Ländern der Region zu beobachten, darunter in Rumänien, dass der Hauptlieferant von Kraftstoff für unser Land ist“.

Das Thema der rückwirkenden Erhöhung des Tarifs für Erdgas hat heftige Diskussionen im Land ausgelöst. „Im Dezember hatte die Regierung gewusst, dass sich der Gaspreis verändern wird. Keiner hatte gewusst, in was für einer Richtung die Veränderung sein wird und wieviel das Gas kosten wird. Um eine Schätzung vorzunehmen, braucht man konkrete Zahlen. Als auf dem internationalen Markt konkrete Zahlen auftauchten, konnte man Berechnungen anstellen. Moldowa macht derzeit zahlreiche Krisen durch, die nicht von Innen her generiert werden. Alle machen eine Gas-Krise durch, die Pandemie-Krise. Wichtig ist zu analysieren, wie die Regierungen in diesen Krisen handeln und was sie unternehmen, um die Last dieser Tarife von den Schultern der Bürger zu nehmen, erläuterte in einer Fernsehsendung die Abgeordnete der Präsidentenpartei PAS Marcela Adam.

„Sie erzählen Märchen. Die Entscheidung ist rückwirkend getroffen worden. Und sie haben sie den Bürgern aufgebürdet“, erklärte der Leiter der Dorfverwaltung von Kondrica, Andrei Donike. Nach Meinung des ehemaligen Parlamentariers Valeri Gilecki bestehe das Problem darin, dass es nicht gelungen sei, sich mit „Gazprom“ über einen festen Gaspreis unabhängig von den Schwankungen auf dem internationalen Markt zu einigen.

Der Führer der Partei „Plattform DA“ Dinu Plîngău ist der Auffassung, dass das größte Problem in dieser Krise die Transparenz der Annahme von Entscheidungen war. „Wir wissen nach wie vor nicht, wie die Vertragskonditionen aussehen“, betonte er.

Während man in der moldawischen Gesellschaft darüber streitet, wer an der Gas-Geschichte die Schuld trage, informiert die „Moldovagaz“ AG über eine Preissenkung im Februar. Moldawien wird russisches Erdgas um 80 Dollar je 1000 Kubikmeter billiger als im Januar beziehen. (Andere Quelle nennen gar eine Reduzierung um knapp 120 Dollar – Anmerkung der Redaktion.) Laut vorläufigen Berechnungen des Chefs von „Moldovagaz“ Vadim Ceban werde Moldawien rund 563 Dollar für eintausend Kubikmeter Gas bezahlen, meldet u. a. die Internetseite www.tv8.md. Vadim Ceban sagte jedoch nichts über eine mögliche Reduzierung der Tarife für die Endverbraucher.