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In Moldawien hat man das Regime des Ausnahmezustands verlängert


In der Republik Moldowa werden große Unternehmen stillgelegt, unter denen das bekannte Backwaren-Kombinat „Franzeluţa“ ist, das die Bevölkerung mit Brot zu sozialen Preisen versorgt. Der Politologe Ian Lisnevschi sagte in einer Fernsehsendung, dass bereits zum Jahreswechsel jeder zehnte Einwohner der Republik Moldowa seine Arbeit verlieren würde. Mehr als die Hälfte der Bürger der Republik sind der Auffassung, dass die Regierung die Schuld daran trage, die laut Angaben des Projekts „Barometer der öffentlichen Meinung“ „schlechter als alle vorangegangenen“ sei. Die Regierung schiebt aber Russland die Schuld zu. Vor diesem Hintergrund sieht die Erklärung von Außenminister Nicu Popescu, wonach die Republik Moldowa faktisch die Teilnahme an der Arbeit der GUS eingestellt habe, nicht wie eine Sensation aus.

Eine vollständige Ablehnung der Tendenzen, die im GUS-Raum zu beobachten sind, signalisierte Moldawiens Minister für auswärtige Angelegenheiten und europäische Integration, Nicu Popescu. Dabei unterstrich er: „Unsere absolute Priorität bleiben die Integration und der Beitritt zur Europäischen Union“. Dies bestätigen auch die Ergebnisse einer soziologischen Untersuchung, die am Vorabend durch das „Barometer der öffentlichen Meinung“ vorgelegt worden waren.

Wenn am nächsten Sonntag ein Referendum über einen Beitritt der Republik Moldowa zur Europäischen Union stattfinden würde, würden mit JA 50,9 Prozent votieren, dagegen – 30,2 Prozent. Dabei glauben bei weitem nicht alle in der Republik, dass die Integration mit der EU eine nahe Perspektive für Moldawien ist. Über ein Viertel der Bürger (28,7 Prozent) sind der Auffassung, dass Moldawien niemals zu einem vollwertigen EU-Mitglied werde. Laut Angaben der „Barometer“-Umfrage meinen 20,4 Prozent der Befragten, dass es der Republik gelingen werde, die Mitgliedschaft in den kommenden zehn Jahren zu erhalten, 15,5 Prozent – in 20 bis 25 Jahren, 11,2 Prozent – in vier bis fünf Jahren sowie 7,9 Prozent – in zwei, drei Jahren. Weitere 16,3 Prozent taten sich mit einer Antwort schwer.

„Diese Daten demonstrieren den Grad der Widersprüche in unserer Gesellschaft. Ein sehr geringer Prozentsatz der Bürger ist der Auffassung, dass Moldowa in der nächsten Zukunft zu einem Mitglied der EU werden könne. In dieser Situation müssen die Offiziellen mehr mit den Bürgern kommunizieren und erklären. Bisher schweigen sie aber. Dies muss eine ganze Politik sein, die auf den Bürger ausgerichtet ist“, kommentierte die gewonnenen Ergebnisse Arcadie Barbarosie, Direktor des Instituts für öffentliche Politik, der NGO, die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Die Beziehungen mit Russland würden in der gegenwärtigen Etappe die meisten Befragten als keine hochwertigen einschätzen.

Über die Hälfte der Befragten (71,7 %) bewerten die Beziehungen Moldawiens mit der EU als gute, 12,2 % – nicht sehr; die Beziehungen mit den USA — 63,7 % gegenüber 14,5 %; mit der Ukraine – 69 % gegenüber 15,6 %; mit Rumänien – 75 % gegenüber 12,4 %; mit Russland – 20,4 % gegenüber 68,2 %. Folglich bewertet nur der fünfte Teil der Befragten die Beziehungen mit der Russischen Föderation als gute. Nach Meinung von Barbarosie – ein Ergebnis des „Krieges“ der Regierung der Republik Moldowa mit „Gazprom“.

Mehr als die Hälfte der Bürger sind der Meinung, dass die Regierung von Natalia Gavrilița die schlechteste als alle vorangegangenen sei, weisen die Daten des „Barometers der öffentlichen Meinung“ aus. Arcadie Barbarosie merkte an, dass die Premierministerin diesen Daten Beachtung schenken und Schlussfolgerungen ziehen müsste.

Derweil bewertet fast die Hälfte der Befragten (48,8 Prozent) die derzeitige politische Situation in Moldawien als eine „sehr instabile“.

„Wenn man die Krisensituation analysiert, so wird bereits zum Jahreswechsel jeder zehnte Einwohner der Republik Moldowa den Job verlieren. Schauen Sie, was geschieht! Alle Großbetriebe werden stillgelegt: „Franzeluţa“, „Ionel“ (ein im Land bekannter Konfektionsbetrieb – „NG“), „Mezon“ (in der Vergangenheit ein Unternehmen zur Herstellung von Mikrochips – „NG“). Es wird keine Arbeitsplätze geben“, sagte der Politologe Ian Lisnevschi in einer Sendung des Fernsehkanals NTV Moldova.

Er bekundete die Gewissheit, dass genau solch ein Schicksal den Mittelstand und die Kleinunternehmen erwarten würden. „Einerseits werden die Menschen irgendwo Kredite aufnehmen. Das Business arbeitet aber nicht so. Das Business sucht stets, wo es für dieses vorteilhafter ist. Wenn dies im Ausland vorteilhafter sein wird, so wird es gehen oder dichtmachen“. Nach Meinung des Experten würden mit Beginn des Frühjahrs die Probleme nicht aufhören.

„Ja, im Frühjahr wird es wärmer. Wir werden weniger Gas und Strom verbrauchen. Wir werden aber nirgends arbeiten können. Wir werden einfach kein Geld haben, absolut“, resümierte Ian Lisnevschi.

Dies begreifen augenscheinlich auch die einfachen Bürger der Republik Moldowa. Auf die Frage „Was muss man in erster Linie unternehmen, um die Lage des Landes zu verbessern?“ antworteten 29,3 Prozent der Befragten, dass man die Führung auswechseln müsse. Auf die traditionelle Frage „Bewegen sich die Angelegenheiten in Moldowa in der richtigen Richtung?“ antworteten 64 Prozent der Befragten mit NEIN und nur 19 Prozent positiv (die übrigen antworteten nicht oder taten sich schwer). Laut einer Umfrage vom Juni lag dieses Verhältnis noch bei 51 % zu 38 %.

Am meisten beunruhigen die Bürger Moldawiens die Preis (22,9 %), die Armut (19,4 %), der Konflikt in der Region (18,1 %), die Zukunft der Kinder (11,2 %), die Gas- und Finanzkrise (7,7 %) sowie die Korruption (6 %).

Unter Berücksichtigung der Krise wandte sich Moldawiens Regierung mit der Bitte an das Parlament, das Regime des Ausnahmezustands um weitere 60 Tage zu verlängern. Das Ministerkabinett verwies dabei auf die Notwendigkeit des Ergreifens kurzfristiger Maßnahmen im Zusammenhang mit der entstandenen Situation.

„Unter den Hauptbedrohungen, mit denen unser Land in der nächsten Zukunft konfrontiert werden kann, sind die Einschränkung oder gar Einstellung der Lieferungen von Energieressourcen, die außerordentlich große Zunahme der Preise für sie, die Zunahme des Flüchtlingsstroms aus der Ukraine, aber auch die möglichen Folgen, ausgelöst durch die Teilmobilmachung, die von der Russischen Föderation verkündet worden war“, heißt es in einem Beschluss des Parlaments.

Es sei daran erinnert, dass das Regime des Ausnahmezustands um 60 Tage, beginnend ab dem 6. Dezember, verlängert wurde. Verhängt wurde es erstmals am 24. Februar. Später wurde es dreimal um 60 Tage und einmal um 45 Tage verlängert. Das erste Mal hatte das Parlament einmütig für die Verhängung des Ausnahmezustands votiert. Später ist die Opposition (die als moskaufreundliche gilt – Anmerkung der Redaktion) dagegen aufgetreten, doch die parlamentarische Mehrheit verabschiedete selbständig die für das Kabinett nötigen Beschlüsse.