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In Russland signalisiert man die Bereitschaft, ausländischen Banken Tür und Tor zu öffnen


Die russischen Offiziellen haben bisher keine stabilen Kanäle für Außenhandelszahlungen im Interesse unserer Wirtschaft organisieren können. Die Zunahme der Probleme mit den grenzüberschreitenden Zahlungen veranlasste die Regierung und die Zentralbank, der Einrichtung von Filialen ausländischer Banken in der Russischen Föderation, die in den letzten Jahrzehnten streng verboten waren, zuzustimmen. Zusätzlich sind die russischen Staatsbeamten bereit, auch die Verbote für eine Nutzung von Kryptowährungen in den Zahlungen, darunter bei den Außenhandelszahlungen, aufzuheben. Zum zentralen Punkt der Sitzung der Regierung Russlands am vergangenen Donnerstag war ein Gesetzentwurf über Filialen ausländischer Banken in Russland geworden.

Die „NG“ hat bereits über den Rückgang der Importe (um 8,5 Prozent) in diesem Jahr vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei den internationalen Zahlungen geschrieben. Die Androhung sekundärer antirussischer Sanktionen verringert die Anzahl potenzieller Lieferanten von Waren aus der Russischen Föderation, erschwert aber gleichfalls die grenzüberschreitenden Zahlungen.

Weder die Zentralbank unter Leitung von Elvira Nabiullina noch die Mischustin-Regierung haben es nicht zustande gebracht, alternative Kanäle für Außenhandelszahlungen zu organisieren, konstatieren Unternehmer und selbst kremlnahe Wirtschaftsexperten.

„Man muss neue Instrumente für die Verrechnungen und Zahlungen schaffen, die wir bisher nicht getestet haben. Das Business macht dies. Hier sind aber dennoch ernsthafte Schritte seitens der Zentralbank und das Finanzministeriums zur Gestaltung eines neuen Systems für die internationalen Zahlungen nötig“, erklärte der Chef-Ökonom von VEB.RF, Andrej Klepatsch, der selbst viele Jahre lang Vizeminister im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel der Russischen Föderation gewesen war. Nach seinen Worten würden die „Gegner“ alles unternehmen, um auch ein Vorankommen von Technologien zu erschweren. Dabei würden viele russische Beamte versichern, dass sie „eine Vielzahl von Schritten zur Schaffung eines von jeglicher dominierenden dritten Seite unabhängiges Finanzsystem unternehmen“. Jedoch sind bisher keine Endergebnisse derartiger Schritte auszumachen. Die Zahlungen zwischen Russland und der Volksrepublik China in Yuan sind fast eingestellt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Verschlimmert hat sich die Situation vor dem Hintergrund der Erweiterung der Restriktionen der USA und der Furcht Chinas, unter sekundäre Sanktionen zu geraten, schrieb die Agentur. Und sie betonte, dass es für die russischen Unternehmen immer schwieriger werde, alternative Kanäle für die Zahlungen zu finden, darunter mit Hilfe von Kryptowährungen oder Vermittlerfirmen aus Drittländern.

Das Aufheben des langjährigen Verbots für ein Arbeiten von Filialen ausländischer Banken in Russland ist einer der Versuche, die Krise der Außenhandelszahlungen zu überwinden. Bis in die jüngste Vergangenheit erlaubten die russischen Behörden ausländischen Banken, in der Russischen Föderation keine Filialen einzurichten, sondern lediglich Tochterbanken zu etablieren, die nur gemäß der russischen Gesetzgebung geschaffen werden konnten und alle Forderungen der russischen Banken-Kontrolle einhalten mussten. Die zunehmenden Probleme veranlassten jedoch die russischen Staatsbeamten, von den Forderungen nach einer totalen Bankenkontrolle abzugehen. „Seit 2013, als in Russland Filialen ausländischer Banken verboten wurden, hat sich die Situation signifikant verändert. Aufgrund der seit dem Jahr 2022 geltenden Sanktionen sind die internationalen Zahlungen schwieriger geworden. In solch einer Situation werden Filialen ausländischer Banken aus befreundeten Ländern helfen, grenzüberschreitende Zahlungen ohne unnötige Vermittler abzuwickeln“, erklärte der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für den Finanzmarkt, Anatolij Aksakow. Der Abgeordnete aus der Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“ versprach, dass die Staatsduma kurzfristig die Gesetzesvorlage über die Genehmigung der Tätigkeit von Filialen ausländischer Banken behandeln werde. Der stellvertretende Vorsitzende der Zentralbank Alexej Gusnow bestätigte, dass die Institution von Elvira Nabiullina einverstanden sei, ausländische Banken in Form von Filialen ins Land zu lassen.

Freilich besteht die Gefahr, dass die russischen Staatsbeamten deren Arbeit mit Auflagen einschränken, die eine Präsenz ausländischer Finanziers in Russland uninteressant machen. Und im Ergebnis dessen wird eine Lösung der Krise der Außenhandelszahlungen immer noch nicht beginnen. Solche Risiken bestehen auch hinsichtlich der von den Offiziellen versprochenen Legalisierung von Zahlungen unter Verwendung digitaler Kryptowährungen.

Im Mai vergangenen Jahres hatte das Finanzministerium den Entwurf eines Gesetzes über die Arbeit von Filialen ausländischer Banken im Land an die Zentralbank und das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung übergeben. Filialen zu eröffnen, sollte Banken aus befreundeten Ländern erlaubt werden. Vorgeschlagen wird aber, sie in Bezug auf eine Arbeit mit natürlichen Personen einzuschränken. Zu Beginn der 2000er Jahre waren globale Banken bestrebt, sich einen Platz auf dem wachsenden und vielversprechenden russischen Markt zu sichern. Und bei den Verhandlungen mit den USA über die Bedingungen eines Beitritts Russlands zur WTO war die Frage nach der Zulassung von Filialen die brisanteste, erinnert die Moskauer Nachrichtenagentur Interfax. Die russischen Beamten hatten damals das Recht bewahrt, keine Pflichten hinsichtlich einer Zulassung von Filialen ausländischer Banken zu übernehmen, wobei sie sich auf die Zusage beschränkten, in solch einem Format ausländische Versicherer zuzulassen, was auch im Jahr 2021 durch ein Gesetz fixiert worden war. Im Herbst des Jahres 2022 teilte ZB-Chefin Elvira Nabiullina mit, dass sich einige ausländische Banken für die Möglichkeit der Einrichtung von Filialen in Russland interessieren würden. Im Februar letzten Jahres erklärte sie, dass die Zentralbank die Idee der Einrichtung von Filialen ausländischer Banken unterstütze, aber mit einer Einschränkung des Spektrums der für sie möglichen Operationen. Im vergangenen Dezember überarbeitete das Finanzministerium den Wortlaut der Gesetzesvorlage über die Arbeit von Filialen von Banken befreundete Länder und erweiterte für sie das Spektrum der Operationen mit Wertpapieren. Die Arbeit der Filialen mit natürlichen Personen war in der neuen Fassung des Gesetzentwurfs auf Geldüberweisungen eingeschränkt worden. In einigen Fällen wurde jedoch eine Übergabe von Informationen über solche Operationen an ausländische Banken genehmigt. Außerdem sollte ein Verbot für ein Hinzuziehen von Zahlungsagenten eingeführt werden. Durch den Gesetzentwurf wurde gleichfalls eine Reihe von Bedingungen für die Arbeit der Filialen verschärft. So tauchte der neue Punkt auf, wonach die Bank Russlands Forderungen festlegen und eine Bewertung der Qualität der internen Kontrolle einer Filiale vornehmen kann. Derweil wird durch die Zentralbank ein digitaler Rubel geschaffen. Und wenn er auch helfen wird, die Krise der Zahlungen zu lösen, so aber nicht sehr bald. So werde sich die Möglichkeit eines Bezahlens mit digitalen Rubeln im Ausland nicht früher als im Jahr 2026 ergeben, erklärte Anatolij Aksakow. Nach seinen Worten müsse man zuerst den Zahlungsverkehr im Land organisieren.

Unabhängige Experten erwarten einen neuen Einbruch der Importe nach Russland aufgrund der Probleme mit den Zahlungen. Rund ein Viertel der Importe nach Russland sei gefährdet, real könne aber der Rückgang zehn bis zwölf Prozent ausmachen, meint der Finanzanalyst Pawel Rjabow (Telegram-Kanal spydell_finance). Er betont, dass ein neues Maximum der Währungen neutraler Länder in der Struktur der Zahlungen für den Export aus Russland in den letzten Monaten erreicht worden sei. Währungen neutraler Länder würden 45,4 Prozent der Zahlungen hinsichtlich des Exports ausmachen (Anfang des Jahres waren es noch 40,4 Prozent und 22 Prozent im vergangenen Jahr). Das Problem bestehe aber eher nicht im Zugang zu den Währungen, sondern im Unwillen der ausländischen Geschäftspartner, Verträge mit Russland aus Furcht vor sekundären Sanktionen abzuschließen, betont der Analyst.