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In Russland sollen nun auch die sozialen Netzwerke und Videospiele von „ausländischen Agenten“ gesäubert werden


Für das Jahr 2025 sind bereits zwei Richtungen für die Bekämpfung von sogenannten Destruktivem angekündigt worden. Der Vorsitzende der Staatsduma (das russische Unterhaus), Wjatscheslaw Wolodin (Kremlpartei „Einiges Russland“), hat mitgeteilt, dass im Januar die Abgeordneten ein Gesetz über Videospiele gegen Gewaltszenen und ein „Propagieren fremder Werte“ verabschieden würden. Der Vorsitzende des Staatsduma-Ausschusses für Sicherheitsfragen, Wassilij Piskarjow (Kremlpartei „Einiges Russland“) hat für Januar eine neue Tagung der Kommission für die Bekämpfung einer ausländischen Einmischung und ein Paket von Gesetzentwürfen „für ein Eichen der Instrumente zur Verteidigung der Souveränität“ versprochen. Er sprach dabei vor allem über die sogenannten ausländischen Agenten. Und der Unterhauschef hatte die antirussischen Kräfte insgesamt im Blick. Sie alle würden vor allem über das Internet Einfluss ausüben. Folglich muss – allem nach zu urteilen – eine Verstärkung des Blockierens von mindestens einigen sozialen Netzwerken und Service-Anbietern erwartet werden. Der Duma-Chef hat am 9. Januar auf seinem Telegram-Kanal eine Befragung durchgeführt, um herauszufinden, ob die Pläne der Abgeordnete, sich mit dem Inhalt von Videospielen auseinanderzusetzen, Unterstützung finden. Die offiziellen Ergebnisse vom Wolodin-Account sehen so aus: 71 Prozent sind für das Schaffen von Ordnung, 26 Prozent sind dagegen. Drei Prozent ist alles egal. Bis zum Tagesende wies der Wolodin-Account auf Telegram eine Zahl von über 113.000 Abstimmungsteilnehmern aus. Allerdings sind in den Kommentaren zu dieser Mitteilung von Wjatscheslaw Wolodin die negativen Reaktionen solcher Art auffälliger: Besser wäre es doch, wenn die Staatsduma den Kampf gegen illegale Einwanderer fortsetzen würde. Es sei daran erinnert, dass bei einer der Dezembertagungen des Unterhauses die Staatsduma-Abgeordnete Jana Lantratowa (Partei „Gerechtes Russland – Für die Wahrheit“) mit der klaren Forderung aufgetreten war, gesetzgeberisch den Markt der Videospiele zu regulieren. Wolodin hatte diesen Vorschlag sofort unterstützt und die zuständigen Ausschüsse beauftragt, die erforderlichen rechtlichen Veränderungen vorzubereiten. Ja, und nun hat der Unterhauschef seine Befragung auf Telegram mit der folgenden Anmerkung versehen: „Es gehen Schreiben ein: In Videospielen sind viele Sujets anzutreffen, die Aggression und Gewalt sowie ein Propagieren uns fremder Werte enthalten“. Und er kündigte entsprechend Beschlüsse der Abgeordneten bereits im Januar an, um die Bürger vor „einem destruktiven Content“ zu schützen, und in erster Linie die Kinder. Dieser Begriff hat bereits einen negativen Beigeschmack im Zusammenhang und im Verlauf letzter Strafprozesse gegen Vertreter kreativer Berufe erlangt, denen angelastet wurde, dass ihre künstlerische Auslegung einer Reihe traditioneller Sujets nicht den geistig-moralischen Werten, die von der Mehrheit des Volkes Russlands geteilt werden würden, entsprechen würden. Und das Negative bestand darin, dass dem Gerichtsgutachten über das angeblich demonstrierte „Destruktive“ ein offenkundiges Ausgehen von eigenen Geschmäckern zugrunde lag, das wiederum zum Fundament des Schuldurteils und einer nicht gerade geringen Freiheitsstrafe wurde. Und jetzt wird dieser Begriff ohne eine klare Bestimmung seiner Grenzen und Abstufungen augenscheinlich zum entscheidenden in der Arbeit des Parlaments bei der Festlegung der einen oder anderen gesetzgeberischen Restriktionen für eine ausländische Beeinflussung des Bewusstseins der Bürger Russlands werden. Und dieses ist, wie scheinbar den Offiziellen vorkommt, nach wie vor nicht so erstarkt. So hat beispielsweise der bereits erwähnte Piskarjow, der die Staatsduma-Kommission für eine Bekämpfung einer ausländischen Einmischung in die Angelegenheiten Russlands leitet, auch am 9. Januar eine Reihe Gesetzesnovellen angekündigt. Kurz vor dem Jahresende hatte seine Kommission eine Serie neuer Entlarvungen von Plänen zur Untergrabung der russischen Staatlichkeit aus dem Ausland, die es auf die innere Stabilität des Landes abgezielt hätten, präsentiert. Daher müsse seine Souveränität noch stärker gefestigt werden. Im Übrigen hatte gerade in jenen Tagen auch der Präsident Russlands mit seinem Erlass eine aktualisierte Strategie zur Extremismusbekämpfung bestätigt. Die Abgeordneten haben ihn vollkommen unterstützt: „Die erhöhte Aktivität ausländischer und internationaler Nichtregierungsorganisationen in (ihrer) antirussischen Tätigkeit, das Initiieren „bunter“ Revolutionen, eine destruktive Arbeit unter dem Anschein der Realisierung von humanitären, Bildungs-, Kultur- und religiöser Projekte, eine Fälschung der Geschichte, das Antasten des kulturellen und historischen Erbes Russlands sowie Handlungen zur Radikalisierung der Gesellschaft, in erster Linie der Jugend … all dies und vieles andere gehört zu den aktuellen äußeren extremistischen Bedrohungen“. Daher sagte Piskarjow auch, dass die „Westler auf eine wirtschaftliche Isolierung Russlands, eine Verstärkung der Informations- und Propaganda-Aktionen, in erster Linie hinsichtlich der sozialen Agenda, und ein Arbeiten mit der Opposition setzen“. Und dies bedeute, dass die Staatsduma „zusätzliche Maßnahmen, die auf eine Abwehr des „Destruktiven“ seitens ausländischer Agenten und anderer antirussischer Kräfte abzielen“, zu treffen habe. Da all dies — inklusive Videospiele zweifelhaften Inhalts — heutzutage vor allem aus dem Internet heruntergeladen wird, wird augenscheinlich auch die Verstärkung der Zensur auf das Worldwide Web ausgerichtet werden. Jedoch wird ihr Administrieren meistens zu einem arbeitsaufwendigen Prozess. Folglich werden die Gesetzgeber wahrscheinlich den bereits schon beschrittenen Weg der Blockierungen einschlagen, wobei, wie dies in der letzten Zeit üblich geworden ist, offensichtlich außergerichtliche sein werden. Sicherlich wird dies aber vorerst nur einzelne soziale Netzwerke und Ressourcen betreffen.