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„Jabloko“ hat den Beginn der Verteidigung Wolgograds verkündet


Wie die „NG“ erfahren hat, aktivierte die Wolgograder Organisation der Partei „Jabloko“ die Sammlung von Unterschriften unter öffentlichen Petitionen gegen eine Umbenennung der Stadt in Stalingrad. Dies wurde zur Antwort auf die Etablierung eines speziellen gesellschaftlichen Rates durch die Offiziellen, der bei seinen Sitzungen die Meinungen der Stadteinwohner diesbezüglich analysieren soll. Die „Jabloko“-Vertreter planen, bis zum 2. Februar einen Protestappell vorzubereiten. Denn sie befürchten, dass der 80. Jahrestag des Endes der Stalingrader Schlacht auch zum Anlass für entsprechende Entscheidungen werde. Experten vermuten, dass sie im Kontext der militärischen Sonderoperation vom Prinzip möglich seien.

Innerhalb von zehn Tagen des Sammelns von Unterschriften haben sich in Bezug auf die Meinung der Unzulässigkeit einer Änderung des Stadtnamens rund 2.000 Menschen ausgesprochen. Solch eine Kampagne will „Jabloko“ noch etwa einen Monat lang fortsetzen. Das Mitglied des föderalen Büros der Partei, Alexander Jefimow, der zum Rat der Wolgograder Regionalorganisation gehört, berichtete der „NG“, dass geplant sei, ein Schreiben an den Gouverneur Andrej Botscharow mit der Protesthaltung der Partei und einem Verweis auf eine Befragung von Gegnern der Umbenennung in Papierform bis zum 2. Februar zu senden, das heißt zum 80. Jahrestag des Endes der Stalingrader Schlacht.

Er unterstrich, dass, obgleich die Initiativen zur Umbenennung von Wolgograd zurück in Stalingrad schon vor langem begonnen hätten und ständig zu vernehmen seien, die Offiziellen früher aber ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt hätten, da sie von den linken Kräften ausgegangen seien. So war es bis 2013, als bereits mit einem Zuspiel durch die Kremlpartei „Einiges Russland“ die Stadtduma einen Beschluss verabschiedete, dem gemäß an bestimmten Tagen der Name „Heldenstadt Stalingrad“ als ein Symbol der Stadt festgelegt werde, der neben der Bezeichnung „Heldenstadt Wolgograd“ verwendet werde.

Jefimow erinnerte, dass gerade in diesem Jahr erstmals an den Zufahrten zur Stadt Straßenschilder „Stalingrad“ aufgestellt wurden. Und es wurde ein gewisser gesellschaftlicher Rat etabliert, der die Meinung der Einwohner studieren soll. „Gegenwärtig gibt es null Informationen über das Geschehen, zum Beispiel darüber, wann eine neue Tagung des gesellschaftlichen Rates erfolgen wird. Keiner weiß es. Die Sache ist aber die, dass der Gouverneur bereits erklärte, dass Stalingrad ein „legendärer heroischer Namen“ sei, obgleich nach unseren Erhebungen die Menschen eher negativ der Initiative zur Umbenennung gegenüberstehen“, merkte der „Jabloko“-Vertreter an.

Nach seinen Worten sei eine Änderung des Namens vor allem deshalb möglich, weil „sich viele lokale Probleme angehäuft haben. Folglich brauchen die regionalen Offiziellen markante symbolische Schritte“.

„Die regionalen Offiziellen versuchen, die Stimmungen des Kremls zu erfassen und in deren Bahnen zu agieren“, erläuterte Jefimow. Daher sei es, selbst wenn die Stalingrad-Initiative eine reine PR-Aktion sei, für die Opposition besser Vorsicht denn Nachsicht walten zu lassen. Für „Jabloko“ als eine antistalinistische Partei ist dies aber eine prinzipielle Frage. Es sei betont, dass Botscharow am 5. Dezember wirklich an der ersten Sitzung des gesellschaftlichen Rates zum Studium der Meinung der Einwohner bezüglich „einer Rückkehr des historischen Namens „Stalingrad““ teilgenommen hatte. Und da hatte er daran erinnert, dass Wolgograder Veteranen am 19. November bei ihrer Tagung vorgeschlagen hatten, den Namen „Stalingrad“ zurückzugeben. Bisher versprechen die Offiziellen, dass, auch wenn etwas passieren wird, dies nur entsprechend den Ergebnissen eines regionalen Referendums der Fall sein werde. Botscharow unterstrich: „Es muss qualitätsgerecht und allseitig eine Vorabuntersuchung der öffentlichen Meinung durchgeführt und die im Verlauf der Untersuchung gewonnenen Ergebnisse der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse gerade Ihrer Arbeit werden die Entscheidungen durch die Einwohner von Wolgograd, des Wolgograder Gebietes getroffen werden, die wahrhaftig eine historische Bedeutung besitzen“.

„Das, wie die Offiziellen die öffentliche Meinung „untersuchen“ und ihren Aufgaben anpassen, ist gut bekannt. Daher haben wir auch die Petition gegen die Umbenennung verfasst, damit die Einwohner der Region die Möglichkeit haben, ihre Haltung zur Person Stalins und seinen Verbrechen zu demonstrieren. Wir sind kategorisch gegen solch eine Umbenennung“, erklärte Jefimow. Die Gegner einer Rückgabe des Namens des Führers an die Stadt betonen in Petitionen: „Es erfolgt im ganzen Land ein Stalinisierungsprozess. Aber die Rolle der Einwohner von Wolgograd im Großen Vaterländischen Krieg rückt die Geschichte mit der Rückkehr des Personenkults um Stalin gerade in dieser Stadt in den Vordergrund. Deshalb ist es wichtig, dass nicht nur die Wolgograder, sondern auch die Bürger des ganzen Landes ihre Meinung zu dieser Initiative bekunden“. Die Unterschriftensammlung für die Petition wird fortgesetzt. Und ein neues Datum für eine Tagung des gesellschaftlichen Rates ist bisher nicht festgelegt worden.

Das Mitglied des „Jabloko“-Politkomitees Emilia Slabunowa erläuterte der „NG“: „Für die Partei ist dies natürlich eine Sache des Prinzips. Wir müssen auf alle derartigen Initiativen reagieren. Aber die Offiziellen werden wohl kaum real so provokant handeln. Schließlich ist die Gesellschaft polarisiert eingestellt. Und jetzt die Widersprüche zuzuspitzen, ist vom Prinzip her nicht im Interesse der Präsidialadministration. Das Staatsoberhaupt an sich zieht es für eine Bewahrung der hohen Ratings auch stets vor, zwischen verschiedenen Standpunkten zu lavieren“. Dabei ist sie sich sicher, dass es in die Hände des Kremls spiele, dennoch dieses Thema der Umbenennung an sich auf der aktuellen Agenda zu behalten, zumindest für eine Ablenkung der Aufmerksamkeit von den realen Problemen.

Jedoch erklärte Alexej Muchin, Generaldirektor des Zentrums für politische Informationen, gegenüber der „NG“, dass „unter den Bedingungen der Sonderoperation die Chancen für eine Realisierung dieser Initiative bei 50 zu 50 Prozent liegen, d. h., dass die Wahrscheinlichkeit besteht, zumal der Gouverneur die Initiative unterstützte“. Und obgleich, wie der Experte anmerkte, die Umbenennung eine schwierige technische Arbeit, ein extrem arbeitsaufwendiger Prozess sei, würden für den Apparat des Oberhauptes der Region hierbei wohl kaum Schwierigkeiten auftreten. „Freilich ist schwer vorauszusagen, wie der Präsident darauf reagiert“, unterstrich er. Und wenn die Initiative sicherlich dennoch über ein lokales Referendum, um sich der Unterstützung der Einwohner zu versichern, realisiert werde, und dies anders zu tun, wäre merkwürdig, sei vom Prinzip her „gegenwärtig alles möglich“, pflichtet Muchin bei.