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Kiew erpresst den Westen mit potenziellen Kernwaffen


Die Erklärung des ukrainischen Botschafters in Berlin (Andrej Melnik) über die Möglichkeit einer Wiederherstellung des nuklearen Status durch die Ukraine im Falle der Ablehnung des kollektiven Westens, sein Land in die NATO aufzunehmen, hat zweifellos die Aufmerksamkeit sowohl der offiziellen Kreise als auch einer breiten Öffentlichkeit in Europa und in der ganzen Welt auf sich gezogen. Mehr noch, man kann sich nicht ohne Schrecken vorstellen, dass eine Atombombe in die Hände der Radikal-Nationalisten geraten kann. Solcher wie beispielsweise jene, die am 2. Mai 2014 einen blutigen Pogrom in Odessa veranstaltet hatten (über 40 Menschen hatten dabei den Tod im Ergebnis von schweren Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern des sogenannten Euromaidans gefunden – Anmerkung der Redaktion).

Wenn man aber einmal die Situation auseinanderklamüsert? Welches sind die realen antreibenden Motive dieser diplomatischen Demarche und wie sehen die Perspektiven der Realisierung der Androhungen aus, die durch den Botschafter der Ukraine artikuliert wurden?

Kiew hatte augenscheinlich nicht mit der stürmischen negativen Reaktion der europäischen Öffentlichkeit auf diesen unternommenen Akt einer politischen Erpressung gerechnet. Daher folgten Erklärungen, die die Worte des Botschafters entkräfteten. Es ist jedoch völlig offenkundig, dass Botschafter Andrej Melnik bei weitem nicht seine persönliche Meinung und nicht spontan geäußert hatte. Dies war eine von Kiew geplante Sondierung der Position des kollektiven Westens, um jenes Maß an Unterstützung zu ertasten, mit der die Kiewer Führung in der Konfrontation mit dem eigenen Volk rechnen kann.

Offiziell ist die Frage nach einer Wiederherstellung des nuklearen Status der Ukraine mit dem Antrag auf einen NATO-Beitritt verbunden. Nehmt ihr uns auf, oder wir werden ohne euch auskommen und mit Moskau mit einer Bombe in den Händen reden. Die Rechnung ist hier recht simpel. Der europäische Normalbürger gerät in Entsetzen allein schon bei dem Gedanken daran, dass es in der Ukraine Kernwaffen geben wird. Zu frisch sind die Erinnerungen an die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe, durch beispielsweise die Schweden mehr gelitten haben als die ukrainischen Verwaltungsgebiete östlich des Flusses Pripjatj. Mit dieser Angst spekuliert auch die Kiewer Diplomatie.

Die Politik gestalten aber nicht die Normalbürger, sondern berechnende Strategen. Für sie ist es ersichtlich, dass die Ansprüche Kiews auf einen unverzüglichen Beitritt zum Block der NATO gegenwärtig keine Perspektiven für eine Realisierung haben. In die NATO werden überhaupt keine „Problemländer“ mit einer inneren Instabilität oder mit äußeren Konflikten aufgenommen. Gerade deshalb wurden Lettland und Estland erst dann aufgenommen, nachdem es entgegen den Protesten Russlands gelungen war, die Feldpräsenz der OSZE in Riga und Tallinn zu beenden. Sie sei dort nicht mehr nötig. Es gibt keine Probleme der politischen Eliten mit den Russischsprachigen. Mit der Ukraine wird nichts mit diesem Trick. Von was für einer Stabilität kann die Rede sein, wenn man im Land schießt?!

Indem Kiew auf einer unverzüglichen Stattgabe seines Antrags auf einen Beitritt zur NATO beharrt, möchte Kiew den kollektiven Westen in den durch ihn selbst entfesselten Krieg gegen die eigenen Bürger im Südosten hineinziehen. Schließlich sieht Artikel 5 des grundlegenden NATO-Vertrages vor, dass ein bewaffneter Überfall auf eines oder mehrere Mitgliedsländer (und die Handlungen der Selbstverteidigungskräfte der selbstproklamierten Republiken des Donbass werden durch den kollektiven Westen als ein Überfall Russlands auf die Ukraine qualifiziert) wird als ein Überfall auf alle angesehen.

Aber selbst wollen die NATO-Vertreter nicht Krieg führen. Ihre beliebten Kampfmethoden, die sie wirklich recht geschickt beherrschen, sind diplomatische Intrigen, Fake-News, bunte Revolutionen und Wirtschaftssanktionen. Damit ist auch zu erklären, dass die Erklärung von Botschafter Melnik desavouiert werden musste, bevor man es in einigen westlichen Hauptstädten geschafft hatte, sie zu lesen.

Die reale nukleare Erpressung zielt vor allem auf eine Stimulierung neuer Finanzspritzen für die ukrainische Wirtschaft ab. Die Kiewer Administration muss es ja förmlich spüren, dass sie auf dem erwachenden Vulkan der Ungeduld des Volkes sitzt und es immer schwieriger wird, dessen Ausbruch zu verhindern. Laut UNO-Angaben liegen die Einnahmen von zehn Millionen Ukrainern – einem Viertel der Landesbevölkerung – unter dem faktischen Existenzminimum. Freilich, vor fünf Jahren war diese Zahl zweimal größer. Man darf aber nicht vergessen, dass die einfachen Ukrainer ihre materiellen Probleme bei weitem nicht dank ihrer „amerikanisierten“ Regierung lösen, sondern eigenständig, durch eine Ausreise ins Ausland. Allein im vergangenen Jahr ist die Bevölkerungszahl des Landes um mehr als 300.000 Menschen zurückgegangen (in Russland im Übrigen um mehr als 500.000 – Anmerkung der Redaktion). Und insgesamt in den Jahren der Unabhängigkeit um zehn Millionen.

Die Unfähigkeit, den Menschen eine stabile Perspektive eines materiellen und geistigen Wohlergehens zu sichern, versuchen die Offiziellen einerseits mit einer russlandfeindlichen Propaganda und andererseits mit einem Druck auf den Westen zwecks Erhalts neuer Almosen zu verschleiern. Aber im kollektiven Westen ist immer mehr das Syndrom einer „Ermüdung“ durch die ukrainischen Probleme zu spüren. Und dies liegt da nicht nur daran, dass es den amerikanischen und europäischen Steuerzahlern um ihr eigenes Geld schade ist. Es liegt vielmehr daran, dass in den USA und in Europa das Begreifen zunimmt, dass diese Gelder in den „Kischenjas“ der Oligarchen, Beamten und Generälen der Kiewer Elite verschwinden.

Hier muss angemerkt werden, dass, obgleich die offizielle Übersetzung des Wortes „Kischenja“ ins Deutsche „Tasche“ ist, eine Kischenja in Wirklichkeit erheblich mehr als eine deutsche oder russische Tasche ist. Wie sonst ist die Tatsache zu erklären, dass laut Statistik der reichste Ukrainer traditionell reicher ist als der reichste Bürger Russlands? Und dies bei einem 15mal größeren Bruttoinlandsprodukt des Landes. Muss man es da als einen Zufall ansehen, dass die von Kiew unternommene diplomatische Demarche von Botschafter Melnik von der Zeit her mit dem Start eines großangelegten Antikorruptionsprojektes von Washington in der Ukraine zusammenfiel?

Allerdings haben in diesem Fall die Besitzer von Kischenjas und deren ausländischen Partner nichts zu befürchten. Möglich ist, dass sich hinter der nuklearen Erpressung der Vorschlag verbirgt, noch einmal die durch die westlichen Steuerzahler bereitgestellten Gelder zwischen den Gebern und den Empfängern der finanziellen Hilfe aufzuteilen, wie dies bereits mehrfach in den Beziehungen von Washington mit der Ukraine, insbesondere in der Führung von Burisma (Joe Bidens Sohn Hunter soll als Mitglied in der Führungsspitze des ukrainischen Erdgasunternehmens Burisma großzügig für seine Dienste entlohnt worden sein – Anmerkung der Redaktion), der Fall gewesen war.

Was Moskau angeht, an das formal die Message des Berliner Botschafters von Kiew auch gerichtet war, so war die Reaktion der russischen Diplomatie eine moderate und ausgewogene. Die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit ist vor allem darauf gelenkt worden, dass derartige verantwortungslosen Erklärungen den Pflichten der Ukraine gemäß dem Kernwaffensperrvertrag widersprechen. Und dies muss bereits den gesamten kollektiven Westen inkl. die Vereinigten Staaten beunruhigen, bei denen erneut die Probleme mit dem nuklearen Status der KDVR und dem Iran akut geworden sind, die durch Trump der Biden-Harris-Administration vererbt worden sind.

Die Hauptschlussfolgerung aus der skandalösen Geschichte mit der Kiewer nuklearen Erpressung muss aber das ukrainische Volk ziehen. Trotz des russlandfeindlichen Blödsinns, den ihm schon 30 Jahre lang die eigenen Möchtegernpolitiker und die westlichen Polittechnologen schon 30 Jahre lang auf die Nase binden, muss es endlich eine einfache Sache begreifen: Keiner, weder in Europa noch in den USA und selbst in Kanada, wünscht ihm mehr Gutes als der einfache russische Mensch.