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Lukaschenko bemüht sich, Putin zu gefallen


Alexander Lukaschenko behauptet, dass die Beziehungen zwischen Russland und Weißrussland noch nie solche ehrlichen und offenen gewesen seien. Er gesteht ein, dass dies unter anderem auch unter dem Druck äußerer Umstände geschehen sei. Experten sehen die bilateralen Beziehungen etwas anders.

„Unsere Beziehungen – die von Belarus und Russland – entwickeln sich endlich offen, prinzipiell und ehrlich“, erklärte Alexander Lukaschenko, als er in Minsk den Vorsitzenden der Staatsduma der Russischen Föderation Wjatscheslaw Wolodin empfing. Er behauptet, dass in den bilateralen Beziehungen „keinerlei unterschwelligen Strömungen zu spüren sind“. „Es heißt, dass irgendetwas von außen uns beeinflusst habe. Uns beeinflusst stets etwas, wir beeinflussen irgendwen. Die Sache besteht nicht darin“, ist sich Lukaschenko gewiss. „Wichtig ist, dass Weißrussland und Russland gemeinsam jene Zivilisation, die von alters her existierte und heute besteht, bewahren werden“.

In diesen „Raum“ müsse man nach seiner Meinung auch die Ukraine einbeziehen. „Das weißrussische Staatsoberhaupt bekundete die Gewissheit, dass das ukrainische Volk „die Lage in Ordnung bringt und die Situation ausbalanciert“, damit dies gerade so sein wird“, schrieb diesbezüglich die weißrussische staatliche Nachrichtenagentur Belta.

Wie berichtet wurde, war Wjatscheslaw Wolodin zwecks Teilnahme an der 61. Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Unionsstaates nach Minsk gekommen. Des freundschaftlichen Charakters und einer maximalen Offenheit versicherte Lukaschenko am Donnerstag noch einem russischen Gast – dem Gouverneur des Verwaltungsgebietes Archangelsk Igor Babuschkin. „Wir werden das letzte Korn hergeben“, versprach Lukaschenko. Zu engen Beziehungen mit russischen Regionen sei Weißrussland nicht zurückgekehrt, weil der westliche Vektor seiner Außenwirtschaftspolitik weggefallen sei, unterstrich Lukaschenko. „In der letzten Zeit heißt es: „Irgendwie sind sie aktiver geworden. Der Westen hat dazu veranlasst“. Dem ist nicht so! Wir hatten noch in den 1990er Jahren angefangen, unsere Beziehungen zu gestalten, als wir das Abkommen über die Unionsbeziehungen von Belarus und Russland unterzeichnet hatten. Und sogar noch früher, als bei einem Referendum in Belarus die Frage nach einer Union von Belarus und Russland zur Abstimmung gestellt wurde“, erläuterte er.

Alexander Lukaschenko führte die Themen „ringsherum sind Feinde“ und „der tückische Westen bedroht Russland, aber Weißrussland ist immer auf seiner Seite“ weiter, die in den letzten Tagen aktiv beansprucht werden. „Wir (Russland und Weißrussland – „NG“) müssen nicht einfach standhalten. Wir müssen uns entwickeln, wie es sich gehört, uns vorwärtsbewegen, wobei wir denen zeigen, dass wir auch ohne sie auskommen werden. Dafür haben wir alles“, erklärte Lukaschenko. Die „äußeren destruktiven Kräfte“ würden „abscheulich und gemein“ handeln, betonte er. „Hinsichtlich von Belarus hatte es im vergangenen Jahr nicht geklappt, es mit einem Schlage zu erwürgen. Begonnen hat ein langsames Würgen. Es ist klar, dass es sich im generellen Kontext des Kampfes gegen die Russische Föderation befindet, gegen jene Freunde, die heute ringsherum um Russland und Belarus sind“, ist sich Lukaschenko sicher.

Im Verlauf des Gesprächs mit Wjatscheslaw Wolodin kündigte Lukaschenko noch ein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin an und würdigte die guten Beziehungen zwischen ihnen. „Wir stehen ständig im Kontakt, informieren einander über die Situation, planen unsere Handlungen für die Perspektive. Ich denke, dass wir Ende des Monats noch einmal die Karten abgleichen werden, das, was sich jetzt vollzieht, und bestimmen unsere Zukunft für das bevorstehende Jahr“, sagte Lukaschenko aus diesem Anlass.

Bei der Kommentierung der Beziehungen Russlands und Weißrusslands heben Experten etwas andere Tendenzen hervor. In erster Linie dies, dass sie gegenwärtig tatsächlich beispiellos verschlossene gegenüber der Öffentlichkeit seien. Darüber, was sich tatsächlich in den bilateralen Beziehungen abspielt, was Lukaschenko und Putin so oft und lange bei ihren Begegnungen erörtern, muss anhand von irgendwelchen einzelnen und kurzen Erklärungen herumgerätselt werden. Schließlich hat man den Bürgern beider Länder immer noch nicht die von den Regierungen gebilligten und von den Präsidenten signierten Programme für die Integration des Unionsstaates vorgelegt. In ihren Wertungen sprechen die Experten meistens darüber, dass derzeit nicht die Integrationsprogramme oder gar der Gaspreis wie in früheren Zeiten Diskussionsgegenstand von Putin und Lukaschenko seien, sondern das politische Schicksal des weißrussischen Staatschefs an sich.

„Über die internationalen Beziehungen mit solchen Begriffen wie „reine“ und „offene“ zu sprechen, scheint mir überhaupt nicht sehr richtig zu sein“, betonte der Politologe Valerij Karbalewitsch in einem Kommentar für die „NG“. Was die weißrussisch-russischen Beziehungen angehe, so müsse hier eher von Wechselbeziehungen nicht von Ländern, sondern von Staatsmännern gesprochen werden. „Wir haben zwei autoritäre Staaten, an deren Spitze autoritäre Führer stehen. Und eben die Beziehungen zwischen ihnen bestimmen auch den Inhalt der Beziehungen zwischen den Staaten. Und dies widerspiegelt sich in allen Bereichen, von der Wirtschaft bis zur Kultur“, sagte der Experte.

Die Führer würden in diesen Beziehungen persönliche politische Interesse in den Vordergrund rücken, die nicht immer mit den Interessen der Staaten übereinstimmen würden. Daher seien die zwischenstaatlichen Beziehungen von Belarus und Russland tatsächlich durch und durch Konflikte. „Wie soll man beispielsweise den Preis für das Erdgas oder das Erdöl definieren, wenn er kein marktwirtschaftlicher, sondern ein „brüderlicher“ ist“, urteilt Valerij Karbalewitsch.

Die derzeitige Etappe der bilateralen Beziehungen sei keine Ausnahme. Die Konflikte würden jedoch nicht in den öffentlichen Raum getragen. „Alexander Lukaschenko ist derzeit von Russland sehr abhängig. Weitaus abhängiger als früher. Dies ist die einzige Unterstützung für seine Macht. Daher ist er gezwungen nachzugeben“, betont Valerij Karbalewitsch. Nun, und die süße Rhetorik von einer vollkommenen Einmütigkeit der Verbündeten entspreche der Realität „immer weniger“. Nach Meinung von Valerij Karbalewitsch stehe sie mit dem heranrückenden Referendum zum Verfassungsentwurf in einem Zusammenhang.

„Allem nach zu urteilen, haben Lukaschenko und Putin irgendwelche ernsthafte Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich dessen, auf welche Art und Weise der Machttransit in Belarus vorgenommen werden sollte“, sagte Valerij Karbalewitsch. Alle Erklärungen der letzten Zeit seien dazu berufen, Wladimir Putin „zu überreden“, die Variante zu akzeptieren, die Lukaschenko vorlege, vermutet der Experte. „Augenscheinlich möchte Lukaschenko an der Macht bleiben, er hatte aber versprochen abzutreten. Und eben darin besteht auch das Problem“, resümierte der Experte.