Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Lukaschenko macht dem Westen mit Russlands Nuklearwaffen Angst


Wenn sich der Westen nicht mit dem offiziellen Minsk zu dessen Bedingungen an den Verhandlungstisch setze, könne diese Auseinandersetzung mit einem Dritten Weltkrieg enden. Dies erklärte Alexander Lukaschenko am Montag im Verlauf seiner mehr als achtstündigen großen Pressekonferenz. Er rechnet damit, dass im Bedarfsfall die „Nuklearmacht“ Russland für ihn eintreten werde.

„Sanktionen? Verhängen Sie die! Wir werden ja sehen, wozu dies führen wird, wenn Sie nicht zu Vernunft kommen! Man muss sich besinnen und darüber Gedanken machen, wie wir aus dieser Situation herauskommen können. Hören Sie einmal, Sie entfesseln doch einen Dritten Weltkrieg. Treiben Sie uns zusammen mit den Bürgern Russlands dazu? Sind Sie noch…?! Sie wollen in diesem Krieg gewinnen? Es wird keine Sieger in diesem Krieg geben. Wenn es sie aber geben wird, so sind nicht Sie diese! Deshalb: beruhigen Sie sich! Bisher haben wir dies geduldig ertragen. Lassen Sie uns an den Verhandlungstisch setzen und zu reden beginnen, wie wir aus dieser Lage herauskommen können. Sonst werden wir uns so sehr festfahren, dass es keinen Weg zurück geben wird. Dies ist mein Ratschlag“, erklärte Alexander Lukaschenko am Montag während seiner Pressekonferenz in Minsk, genau ein Jahr nach Beginn der Proteste in Weißrussland, als er eine Frage einer BBC-Journalistin beantwortete. „Sie kämpfen nicht nur gegen mich, sondern gegen die ganze slawische Welt“, präzisierte er. Das Thema einer harten Antwort auf die Sanktionen seitens Weißrusslands und der Russischen Föderation klang mehrfach an, als Lukaschenko die Fragen der Journalisten beantwortete, die westliche Medien bei der Veranstaltung vertraten.

Übrigens, den Korrespondenten von CNN und der BBC veranstalteten die zusammengekommenen Anhänger der Herrschenden praktisch eine kollektive Hetze. Den Vorschlag, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, „solange wir nicht die rote Linie überschritten haben“ und „nicht einander in die Ecke getrieben haben“, wiederholte Lukaschenko mehrfach. Dabei deutete er einige Mal an, dass in diesem Fall die Gegner Weißrusslands es mit Russland zu tun haben würden. „Russland würde nicht zurückweichen und Belarus verlieren, und dies ist eine Nuklearmacht“, äußerte er sich über die Ereignisse des vergangenen Jahres.

Wie sich aus dem von Lukaschenko Gesagten ergab, könne ein bewaffneter Konflikt mit dem Westen an der Grenze mit Litauen beginnen. Bei der Beantwortung der Fragen zum Konflikt um die Migranten-Einwanderer an der weißrussisch-litauischen Grenze schloss Lukaschenko nicht aus, dass sich die Situation bis zu einem bewaffneten Konflikt entwickeln könne. „Sie provozieren uns zu einem militärischen Konflikt“, behauptete Weißrusslands Staatsoberhaupt. „Sie werden es so weit treiben, dass sie eins in die Fresse bekommen. Und keinerlei London und Washington wird sie retten. Keiner wird sich für sie engagieren und sogar ein Wort sagen“, meinte er hinsichtlich der litauischen Führung. Zuvor hatten auch Experten solch eine Entwicklung der Ereignisse in Kommentaren für die „NG“ nicht ausgeschlossen.

Alexander Lukaschenko, der dem Westen Verhandlungen vorschlägt, erklärt, dass sie ohne irgendwelche Bedingungen, darunter auch nicht seitens Litauens, erfolgten sollten. „Man muss mir nicht Bedingungen stellen. Sie haben kein Recht, mir Bedingungen zu stellen. Nicht ich habe bei mir Freischärler versteckt. Wenn Sie wollen, lassen Sie anfangen, einen Dialog zu führen. Ober ohne jegliche Vorbedingungen“, sagte Lukaschenko. Dies betreffe unter anderem auch die Forderung, die politischen Häftlinge freizulassen. „Bei uns gibt es keinen politischen Artikel (im Strafgesetzbuch)“, erklärte Lukaschenko, wobei er behauptete, dass es auch keine politischen Häftlinge in Weißrussland gebe. Alle, die gegenwärtig in den Gefängnissen sitzen, dies seien Kriminelle, die das Gesetz verletzt hätten, erklärte er. Es gebe im Land auch keine Repressalien, und es hätte auch keine Folterungen gegeben, erklärte Lukaschenko bei Beantwortung entsprechender Fragen westlicher Journalisten. Alle Fotos und Videomaterialien, die das Gegenteil beweisen, hätten die Protestierenden und vom Westen bezahlte Medien fabriziert. „Dies ist keine Presse, dies ist Dreck. Wir haben diesen Dreck entfernt und werden dies weiter tun. Sie haben doch alles verdorben“, sagte Lukaschenko hinsichtlich der Vernichtung der nichtstaatlichen Massenmedien in Weißrussland. Er leugnete nicht, dass im Land eine „Säuberung“ erfolge. „Da wir uns nun einmal zu einer Reinigung entschlossen haben, werden wir alles säubern“, warnte er. Mit einer Begnadigung könnten selbst jene nicht rechnen, die ein Gnadengesuch verfasst hätten.

Nachdem er alles gesäubert hat, ist Alexander Lukaschenko doch bereit, eine Verfassungsreform vorzunehmen und sich auf einen Machttransit unter seiner persönlichen Kontrolle einzulassen. Im Land werde ein Referendum stattfinden, bei dem die neue Verfassung angenommen werde. Und in der Gesetzgebung Weißrusslands werde die Gesamtweißrussische Volksversammlung auftauchen, aber auch deren ständig wirkendes Organ – das Präsidium. Lukaschenko schloss nicht aus, dass er dieses Gremium leiten und die entscheidenden Kontrollfunktionen behalten werde. Bisher tat er sich schwer, die Frage zu beantworten, welche Präsidentenfunktionen gerade an das Präsidium der Gesamtweißrussischen Volksversammlung übergeben werden.

„Bald, sehr bald“, antwortete Lukaschenko auf die Frage, wann es in Weißrussland einen neuen Präsidenten geben werde. „Gegenwärtig ist solch eine Zeit, dass auch dem Nirgendwo ein Präsident auftaucht“, erklärte er. Die Ereignisse des vergangenen Jahres hätten „ergebene“ und „pragmatische“ Menschen aus den Reihen der Vertreter der gegenwärtigen Offiziellen herauskristallisiert. „Es stellt sich heraus, bei uns gibt es 15 bis 20 Menschen, die Präsident sein können… In irgendetwas ähneln sie mir. Sie sind neben mir groß geworden. Sie sind mir durch ihre Ergebenheit gegenüber dem Land ähnlich. Sie sind zuverlässige. Sie werden keinen zerfetzen. Und die Mehrheit, die überwältigende Mehrheit wird für sie stimmen“, sagte Lukaschenko. Und Alexander Lukaschenko verspricht, nachdem er bereits diese wenigen Personen ausgewählt hat, zu erlauben, unter ihnen frei einen, den neuen Präsidenten zu wählen.

Die Pressekonferenz von Alexander Lukaschenko, die dem ersten Jahrestag der (skandalösen) Präsidentschaftswahlen und dem Beginn der politischen Krise gewidmet war, dauerte acht Stunden und 15 Minuten. Ohne eine Unterbrechung! Jedoch hat die Öffentlichkeit keinerlei Sensationen oder Neuheiten zu hören bekommen. „Wenn ich ehrlich sein soll, so habe ich nicht verstanden, wozu diese Pressekonferenz einberufen wurde, denn er hat keinerlei neue Message gesandt. Er wiederholte den Satz aller alten Stereotypen darüber, was sich vor einem Jahr ereignete, er hat sehr grob die Positionen seiner Opponenten bewertet, sowohl der äußeren als auch der inneren. Er hat die gesamte Standardzusammensetzung von Etiketten wiederholt. Unklar ist, wieso man dafür so viele Leute zusammengeholt hat. Wohl dafür, um die Tagesordnung des 9. August „auszufüllen““, kommentierte der Politologe Valerij Karbalewitsch für die „NG“ das von Alexander Lukaschenko Gesagte. Der Experte erinnerte daran, dass sowohl die Androhungen, Europa mit Nuklearabfällen zuzuschütten, als auch eine Einwanderungskrise an der Grenze zu organisieren und damit den Nachbarländern „eins aufs Maul zu geben“… All dies war bereits zu hören gewesen.

„Die Hauptmessage Lukaschenkos war: Es wird keinerlei Amnestie geben, keinerlei Dialog und keinerlei Lockerung des Terrors. Der ganze „Abschaum“ muss entfernt werden. Ein totaler Krieg. Und der Westen, wenn er sein Vorgehen gegenüber dem Regime Lukaschenkos nicht ändert, bekommt eins aufs Maul. Er droht der Welt offen mit einem Nuklearkrieg. Interessant ist, wie viele dem Tyrannen Applaudierende bereit sind, zu Asche verwandelt werden. Der Diktator war wie nie zuvor aggressiv und hat sein Gefolge mit Aggression aufgeladen. Zum Ende hin verwandelte sich das als „Großes Gespräch“ Angekündigte in eine Show. Und die BBC und CNN spielten die ihnen eingeräumte Rolle für eine öffentliche Auspeitschung und Erniedrigung“, charakterisierte der Politologe Pawel Usow den Inhalt der Lukaschenko-Pressekonferenz vom Montag.