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Maia Sandu führt ihr Land in die EU, nicht in den Bestand Rumäniens


Am Vorabend des Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft, der am 1. Juni in Moldawien stattfindet, erläuterte Landespräsidentin Maia Sandu, warum die moldawischen Offiziellen die Euro-Integration akzentuierten: Der Gedanke von einer Vereinigung der Republik mit Rumänien genieße keine besondere Unterstützung seitens der Bürger. „Es gibt eine Unterstützung für eine Wiedervereinigung mit Rumänien, sie ist aber unzureichend. Es gibt Menschen, die diese Idee propagieren. Aber auch sie sind ungenügend. Es gibt eine Unterstützung für eine Integration mit der EU. Und dies ist das, wonach wir streben“, erklärte Sandu in einem Interview für das Internetportal Géopolitique.

Maia Sandu hatte selbst früher betont, dass sie für eine Wiedervereinigung mit Rumänien votieren würde, sie würde aber vorab ein entsprechendes Referendum im Land durchführen. Jetzt werde von ihr die Abhaltung eines Plebiszits hinsichtlich der Integration des Landes in die Europäische Union gefordert. Dies erklärte man in der Gagausen-Autonomie, aber auch die Oppositionsparteien im Parlament. Nach Aussagen von Moldawiens Parlamentschef Igor Grosu könne man aber in diesem Fall ohne ein Referendum auskommen, zumal es dafür eine Möglichkeit gebe. Der Parlamentsvorsitzende hatte die Stimmen im Blick, über die die parlamentarische Mehrheit, die durch die regierende Partei PAS repräsentiert wird, verfügt. Sie hat keine Verfassungsmehrheit, die erforderlich ist, um eine Entscheidung über den Anschluss Moldawiens an Rumänien zu fällen. Wie aber Grosu konstatierte seien die fehlenden Stimmen kein Problem. Die könne man finden. Derweil hat die Erklärung von Präsidentin Sandu alles an seinen richtigen Platz gestellt. Moldawien könne sich mit Rumänien bereits im Bestand der EU vereinigen. Diese Variante hatte seinerzeit Rumäniens Staatsoberhaupt Traian Băsescu (war von 2004 bis 2014 Präsident des Landes – Anmerkung der Redaktion) formuliert. Und jetzt will man sie augenscheinlich in Moldawien nutzen. Vorerst aber unternimmt Kischinjow alles, um den Beitritt zur EU zu beschleunigen.

Die Offiziellen hoffen, dass die Anstrengungen der Republik Moldowa zur Implementierung der neun Empfehlungen der Europäischen Union zu einem starken Grund werden, um zu empfehlen, im kommenden Herbst Gespräche über den Beitritt aufzunehmen. Erklärungen aus diesem Anlass hatte Vizepremier Nicu Popescu nach einem Treffen mit Gert-Jan Koopman, Generaldirektor der Generaldirektion der Europäischen Kommission für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, abgegeben.

Nach Aussagen von Popescu war und bleibe die Realisierung der Empfehlungen der Europäischen Kommission eine Priorität der Offiziellen. Der Republik Moldowa sei es gelungen, einen erheblichen Fortschritt bei deren Realisierung zu erreichen.

Gert-Jan Koopman begrüßte die Anstrengungen, die von den moldawischen Offiziellen unternommen werden, und betonte die Wichtigkeit der Bereitstellung adäquater personeller und finanzieller Ressourcen zwecks Nachhaltigkeit der durchzuführenden Reformen. Der EU-Vertreter unterstrich die Bedeutung der Gewährleistung einer Kontinuität der gegenwärtig realisierten Anstrengungen nach dem Juni 2023.

Von den neun Bedingungen, die die Europäische Kommission formuliert hatte, betreffen vier eine Reformierung der Rechtsprechung. Die anderen die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, aber auch eine Verstärkung der administrativen Möglichkeiten für eine EU-Mitgliedschaft.

In Kischinjow hofft man, dass der Summit der Europäischen Politischen Gemeinschaft den moldawischen Offiziellen helfen werde, einen Fortschritt in der europäischen Richtung zu erreichen. Zumal die Spitzenvertreter der EU-Länder und der Europäischen Union an sich Gründe für solche Hoffnungen geben.

Am Vorabend des Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft meldete sich die Führung der Europäischen Union mit Erklärungen über eine Unterstützung an die Adresse der Bürger Moldawiens zu Wort. Die Führungskräfte der EU bezeichnete das anstehende politische Ereignis als ein starkes Signal seitens der Europäischen Union, die Moldowa auf dem Weg der europäischen Integration unterstütze.

„Die Europäische Union unterstützt Moldowa. Wir unterstützen Ihre Energiesicherheit, Ihre wirtschaftliche Stabilität. Wir unterstützen Ihre Reformen auf dem Weg zu unserer europäischen Familie. Moldowa ist nicht allein. Die Europäische Union ist mit Ihnen“, erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, betonte, dass „Moldowa am 1. Juni zum Herzen Europas wird“. „Sie öffnen die Türen Ihres wunderbaren Landes für 50 europäische Staats- und Regierungschefs, für 50 Freunde Moldowas. Dies ist ein historischer Moment für Ihr Land und für das Volk dieses Landes. Dies ist ein starkes Signal des Kontinents, der Sie unterstützt, ein mächtiges Signal für Ihren Weg zu unserer europäischen Familie. Moldowa, Du bist unter Freunden, Du bist nicht allein!“, unterstrich Michel.

Die Vorsitzende des Europaparlaments, Roberta Metsola, die jüngst in Kischinjow an der nationalen Versammlung „Europäisches Moldowa“ (am 21. Mai – Anmerkung der Redaktion) teilgenommen hatte, versicherte den Bürgern des Landes, dass „Moldowa mit einer vollen Unterstützung seitens der Europäischen Union rechnen kann“.

Moldowa sei nicht allein, Europa unterstütze es, erklärte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der seine Teilnahme am bevorstehenden Gipfeltreffen bestätigte. In seiner Botschaft betonte der Kanzler: „Wir sind der Auffassung, dass es in Europa keinen Platz mehr für Konflikte gibt. Wir wenden uns an jene, die aufgrund der Aggression und der Bedrohungen seitens Moskaus leiden. Der Summit der Europäischen Politischen Gemeinschaft wird diese starke Botschaft vermitteln. Eben daher hat Moldowa all unsere Unterstützung. Eben daher ist Moldowa nicht allein“.

Das Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft findet am 1. Juni auf Schloss Mimi, einem Weingut nahe der ukrainischen Grenze, rund 35 Kilometer südöstlich der moldawischen Hauptstadt statt. Das Anwesen weist eine Vielzahl von Sälen für die Durchführung von Veranstaltungen auf. Die Teilnahme am Gipfel haben bereits die EU-Führung und Delegationen aus 45 Ländern bestätigt. Es sind Informationen aufgekommen, dass auch der ukrainische Staatschef Wladimir Selenskij nach Moldawien kommen könne. Dies teilte unter anderem Leo Litra, ein Analytiker aus dem Kiewer Zentrum „Neues Europa“, mit.

Es sei daran erinnert, dass die Europäische Politische Gemeinschaft ein gesamteuropäisches Forum ist, das im vergangenen Jahr nach Beginn der militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine geschaffen wurde und als eine Plattform dient, die europäische Staatsmänner zwecks Erörterung und Festlegung von Entscheidungen für die dringlichsten Probleme Europas, solcher wie die Sicherheit, Stabilität und Energie-Stabilität, vereint. Die Europäische Politische Gemeinschaft funktioniert eher als eine informelle Plattform auf höchster Ebene, auf deren Grundlage die europäischen Staats- und Regierungschefs für die Diskussion von Themen zusammenkommen, die von gemeinsamen Interesse sind, und versuchen, mögliche Lösungen für eine Gewährleistung von Frieden und Stabilität auf dem europäischen Kontinent zu finden.

In Moldawien hat man sich ernsthaft auf den Summit vorbereitet, wobei besonderes Augenmerk den Sicherheitsfragen geschenkt wurde. Den Bürgern der Republik Moldowa hat man mitgeteilt, dass man vom 31. Mai bis einschließlich 2. Juni den Straßenverkehr in Kischinjow einschränken werde. Einige Betriebe werden nicht arbeiten. Ab dem 31. Mai beginnen die Gäste einzutreffen. Am 1. Juni wird die Trasse Kischinjow-Bulboaka gesperrt. Der Zugverkehr durch die Ortschaft, in der der Summit stattfinden wird, wird unterbrochen. Straßenfahrzeuge werden umgeleitet. Die Einwohner des Dorfs Bulboaka können sich nur mit speziellen Passierscheinen im Ort bewegen. Und wer keinen solchen hat, wird zu Hause bleiben müssen. Der Luftraum über Moldawien wird ebenfalls während des Großereignisses weitestgehend gesperrt. Um in andere Länder zu fliegen, müssen die Passagiere den Flughafen von Bukarest nutzen.

Und um die europäischen Gäste würdig zu verpflegen, werden im Schloss Mimi über 100 Köche – darunter aus dem Ausland engagierte – schalten und walten. Die moldawische Präsidentin Maia Sandu unternimmt alles, um der Welt zu zeigen, dass Moldowa Freunde zu empfangen weiß.