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Moldawische Kombattanten wollen Transnistrien stürmen


Die Teilnehmer des bewaffneten Konflikts seitens Moldawiens beabsichtigen, die Straßen in Richtung Transnistrien zu sperren und eine Beseitigung der „Antiepidemie-“ Kontroll- und Übergangsstellen in der Sicherheitszone zu erreichen. Sie wandten sich an die Führung der Ukraine mit der Bitte, ihrerseits Transnistrien zu blockieren. Gleichzeitig haben im moldawischen Parlament Abgeordnete der rechten Parteien die Gesetzesvorlage „Über die Verletzungen des separatistischen Regimes“ eingebracht. 

Die Abgeordneten der Fraktion „Plattforma DA“ haben dem Parlament vorgeschlagen, eine Deklaration „über die groben rechtswidrigen Handlungen, die durch das Separatistenregime verübt wurden, und das Ausbleiben einer Reaktion der Regierung“ zu verabschieden. Nach Aussagen des Abgeordneter den „Plattforma DA“ Kirill Mozpan, der als Gesetzesinitiative einen Beschluss über die Bestätigung der entsprechenden Deklaration vorgelegt hatte, verletze das „separatistische Regime in Transnistrien durch die Einrichtung von Kontroll- und Übergangsstellen (KÜS) in der Sicherheitszone systematisch die bereits abgeschlossenen Vereinbarungen und die Rechte der Bürger, in erster Linie das Recht auf Bewegungsfreiheit“. „Die verantwortlichen Behörden Moldowas haben keine feste Position eingenommen und keine effektiven Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu verändern. Aus diesem Grund ist das Parlament als Vertreter aller Bürger verpflichtet, die Aufmerksamkeit auf die aktuelle Situation zu lenken, eine konsequente Wertung abzugeben und den zuständigen Behörden vorzuschlagen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist der in der Deklaration dargelegte Standpunkt, den wir zur Annahme allen Parlamentsmitgliedern als ein Test auf die bei ihnen verbliebene Konsequenz und Würde vorschlagen“, erklärte der Abgeordnete. 

Die Frage radikaler zu klären, haben Kombattanten — Teilnehmer des Dnestr-Krieges von 1992 auf der Seite Moldawiens – vorgeschlagen. Sie signalisierten die Absicht, die Trassen und den Autoverkehr in Richtung Transnistrien zu blockieren. Und sie forderten, die Quarantäne-Posten zu liquidieren, die durch Transnistrien als gegen die Corona-Epidemie gerichtete Maßnahmen eingerichtet wurden. Die Kombattanten haben sich an die Ukraine gewandt und Kiew aufgerufen, ihrerseits Transnistrien zu blockieren.

In Tiraspol (Verwaltungszentrum von Transnistrien – Anmerkung der Redaktion) betonte man, dass die Offiziellen und die Zivilgesellschaft der Republik Moldowa nicht auf die provokanten Äußerungen der Teilnehmer des Krieges gegen Transnistrien reagiert hätten. Es seien keine offiziellen Erklärungen weder zur Unterstützung noch gegen die Erklärung der Kombattanten gefolgt.  

Der Vorsitzende der gesellschaftlichen Organisation „Invaliden des Krieges – Verteidiger Transnistriens“, Pawel Kusnezow, erklärte: „Wir können auch auf die Straße gehen, doch dies wird nicht gut enden. Wir haben eine alte „Liebe“ zu ihnen, und der Reflex wirkt augenblicklich. Man hat ihnen gezahlt. Und sie haben sich geäußert. Dies ist eine banale „Zakazucha“ (Auftragsarbeit – Anmerkung der Redaktion), die gegen uns gerichtet ist. Mögen sie nur keinen Konflikt provozieren“. Nach Auffassung von Anatolij Bulda, stellvertretender Vorsitzender des Republikanischen Verbands der Transnistrien-Verteidiger, seien die Auftritte der Kombattanten eine erneute Provokation Moldowas. Er meint, dass die Quarantäne-Posten an der Grenze ihre Effektivität als gegen die Epidemie gerichtete Maßnahme bewiesen hätten. „Wir haben keine solche Verbreitung des Coronavirus wie in Moldowa. Wir sind der Auffassung, dass unsere Führung die richtigen Maßnahmen traf, die unsere Republik vor der Pandemie bewahrt haben. Die Führung des Nachbarlandes aber kämpft schwach gegen dieses Problem an“, betonte Bulda.  

Dieser Tage erörterte Moldawiens Präsident Igor Dodon während eines Telefonats mit dem Oberhaupt Transnistriens Wadim Krasnoselskij die Situation. Sie vereinbarten, sich Ende des Monats zu treffen. Krasnoselskij versicherte jedoch den Einwohnern von Transnistrien, dass die KÜS so lange bleiben würden, bis sich die epidemiologische Situation sowohl in Transnistrien als auch in Moldawien stabilisieren werde.

Oleg Beljakow, Co-Vorsitzender der Vereinigten Kontrollkommission seitens Transnistrien, die die Sicherheitszone am Dnestr kontrolliert, wertete das Geschehen al sein Provokation. “Kischinjow befasst sich bei weitem nicht das erste Mal mit Unterstellungen um die Frage nach der Verstärkung des Kontrollregimes durch Transnistrien unter den Bedingungen der Pandemie, und dies ungeachtet dessen, dass diese Maßnahmen ausschließlich durch die Notwendigkeit eines sorgfältigen Monitorings der Einhaltung der Quarantäne hervorgerufen worden sind“, wird in einem Kommentar betont.

Der Politologe Andrej Safonow kommentiert die Situation so: „Die Angelegenheit wird dadurch erschwert, dass in Moldowa und Transnistrien im Herbst der Wahlkampf beginnt. In Moldowa wird man am 1. November den Präsidenten wählen, in der Moldauischen Transnistrien-Republik (MTR) am 29. November – den Obersten Sowjet. Für einen Teil der Vertreter in Kischinjow besteht die Versuchung, Provokationen zu organisieren, um die Abstimmungsergebnisse auf beiden Seiten des Dnestr zu beeinflussen und zugleich die MTR einer Zuspitzung der Lage zu bezichtigen. Indirekt belegen dies die Aktionen der Transnistrien-„Oppositionellen“, die unter der Schirmherrschaft Kischinjows in den sozialen Netzwerken agieren. Einer von ihnen forderte, in der MTR ein neues Unabhängigkeitsreferendum durchzuführen, wobei er dies damit motivierte, dass die Ergebnisse des Referendums von 2006, als sich das Volk für die Unabhängigkeit und eine Union mit Russland ausgesprochen hatte, veraltet seien. Ein anderer verwies auf die Notwendigkeit, Rumänien zur Beilegung des Konflikts hinzuziehen, das zweimal das Territorium des späteren Sowjet-Moldawiens – in den Jahren 1918-1940 und 1941-1944 – okkupiert hatte. Früher haben sich die Lobbyisten Kischinjows und Bukarests in Transnistrien nicht so aufgeführt“. 

„Somit haben wir vor uns eine koordinierte Attacke gegen die Stabilität am Dnestr gleich an mehreren Fronten. Wichtig ist, dass sich diese Fronten nicht aus den politischen in militärische verwandeln. Die Rückkehr des offiziellen Kischinjows an den Verhandlungstisch erlaubt, solch eine Gefahr zu liquidieren oder zumindest zu minimieren“, betonte der Experte. Der Oberste Sowjet hatte am Vorabend eine entsprechende Erklärung verabschiedet. 

Doch die radikalen Kräfte in Moldawien wollen die Ukraine ausnutzen, um auf Transnistrien Druck auszuüben. Michail Pogrebinskij, Leiter des Kiewer Zentrums für Politiforschungen, sagte der „NG“, dass „jetzt, da Moskau die Rhetorik hinsichtlich der Ukraine verschärft, Kiew sich nicht erlauben wird, die „rote Linie“ zu überschreiten. Und das, was mit Transnistrien geschieht, dies ist gerade eine „rote Linie““. Pogrebinskij betont, dass es „eine Masse von Möglichkeiten gibt, um die Situation akut zu verschlechtern. Dann wird es aber ernsthafte Konsequenzen geben“. Er wiederholte, dass man sich in Kiewer am ehesten „einer Einmischung in die Situation um Transnistrien enthalten wird“. Und er bekundete Erstaunen darüber, dass sich bestimmte Kräfte erlauben würden, die Situation in der Region unter der amtierenden Regierung Moldawiens (der Präsident und die Regierung der Republik Moldowa gelten als prorussische) zu verkomplizieren.