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Moskaus Verbündete schaffen eine Sicherheitskontur als eine Alternative zur russischen


In der jüngsten Vergangenheit spielen sich Ereignisse ab, die darauf verweisen, dass die Verbündeten und Partner Russlands in der GUS die Kontur der nationalen Sicherheit verändern. Wenn man genauer ist: Sie wählen aus, auf den man sich außer Russland beim Schutz der eigenen Grenzen stützen kann. In den Zonen, wo es russische Friedenstruppen gibt, kommt es zu Protesten. In Jerewan forderten die Teilnehmer einer Kundgebung nach einer erneuten Konfrontation in Bergkarabach, eine „multinationale Friedensmission“ in die Region zu entsenden. Moldawiens Offizielle sprechen sich immer häufiger gegen eine Präsenz der Operativen Gruppe russischer Truppen und Blauhelmsoldaten der Russischen Föderation in Transnistrien aus und sprechen von der Notwendigkeit einer internationalen Mission unter der Ägide der UNO. In Kischinjow ist man der Auffassung, dass die Russen schon längst ihre Aufgabe am Dnestr erfüllt hätten. Ja, und überdies würden sie die Seite der nichtanerkannten Republik einnehmen (in Tiraspol bestreitet man dies).

Unter den Bedingungen der seit dem 24. Februar erfolgenden militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine hat die Nachfrage nach einer friedensstiftenden Tätigkeit Russlands auf diplomatischer Ebene sich zu verringern angefangen. Das Bild eines Friedensstifters sieht in der Regel Neutralität vor. Heute aber ist die Welt aufgrund der Haltung der Länder zur russischen Sonderoperation gespalten. Eine Gruppe von Ländern verurteilt aktiv die Russische Föderation bei den Abstimmungen in der UNO. Diejenigen, die sich enthalten, unterstützen selten offen die Handlungen Moskaus. Selbst Länder aus dem nächsten Umfeld der Russischen Föderation demonstrieren Vorsicht.

In Tadschikistan sind am Samstag regionale Manöver unter Beteiligung von Angehörigen der US-Armee zu Ende gegangen, an denen Militärs der Gastgeberseite, aber auch aus Kirgisien, Kasachstan und Usbekistan teilgenommen haben. Die Manöver trugen den Titel „Regionale Zusammenarbeit – 2022“. Die Region, in der die Manöver abgehalten wurden, gehört traditionell zur Einflusszone Russlands. Und nicht nur, weil deren Länder an die Russische Föderation angrenzen. Sie verbinden mit Russland Abkommen über eine Freundschaft und Zusammenarbeit, darunter auch eine militärische. Der 201. Militärstützpunkt und eine Fliegergruppierung der Russischen Föderation, die in Tadschikistan disloziert sind, helfen der Republik, die Grenzen zu kontrollieren. Bei einem Treffen des Kommandierenden des Zentralen US-Kommandos (US Central Command) Michael Kurilla mit Tadschikistans Präsident Emomali Rachmon wurden gemeinsame Anstrengungen zur Verstärkung der Sicherheit der Grenzen, zur Beseitigung regionaler Gefahren und Unterstützung der Streitkräfte der Republik erörtert. Im Falle des Auftretens einer außerordentlichen Situation an der Grenze Tadschikistans mit Afghanistan kann von der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten Hilfe für Duschanbe kommen. Die Frage besteht darin, auf wen wird es Tadschikistans Führung vorziehen sich zu stützen. Und die bleibt vorerst offen.

Außerdem gehören Tadschikistan, Kasachstan, Usbekistan und Kirgisien zur Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit. Die am Samstag beendeten gemeinsamen Manöver mit den Amerikanern harmonieren nicht mit dem Statut des GUS-Militärblocks. Dabei wird in den aufgezählten Ländern ein Meistbegünstigungsregime für die USA geschaffen.

Unter Berücksichtigung der international umstrittenen militärischen Sonderoperation suchen die Partner Russlands in der GUS nach einer Alternative zur russischen militärischen Unterstützung, unter anderem zur friedensstiftenden Militärtätigkeit, wobei man sie von den USA und anderen NATO-Mitgliedern annimmt. So hat Moldawien Hilfe von dem NATO-Mitglied Rumänien für den Fall einer von der Russischen Föderation ausgehenden Bedrohung erbeten. Ungeachtet der energischen Anstrengungen Moskaus zur Festigung der Beziehungen mit den Staaten Zentralasiens sichern sich letztere nicht weniger energisch ab, indem sie Verteidigungskontakte mit den USA anbahnen.

Nun ja, die neue Realität bringt auch eine neue Normalität hervor. Sie muss man nicht einfach begreifen, sondern in gegenseitig vorteilhaften Verträgen mit den Nachbarn fixieren, die keine Gefahr für die Interessen Russlands im militärischen Bereich darstellen. Und was den Wirtschaftsbereich anbetrifft: In der Region, die früher Einflusssphäre der Russischen Föderation gewesen war, schaffen die chinesischen Investitionen eine Wirtschaftskontur, die auf Peking ausgerichtet ist. Dies ist aber bereits eine andere Geschichte (in der Russland möglicherweise auch als ein Verlierer hervorgehen kann – Anmerkung der Redaktion). Vorerst kann angenommen werden, dass auch nach Abschluss der militärischen Sonderoperation sich das Bedürfnis nach Vermittlungsanstrengungen seitens der Russischen Föderation in Konfliktzonen verringern wird. Und dies ist eine neue Normalität für Russland im postsowjetischen Raum.