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Muss Patriarch Kirill ein Kirchengericht fürchten


Mitte April sollte eine Tagung der „apostolischen Patriarchen“ stattfinden, das heißt jener, deren Wurzeln – wie die Auffassung vertreten wird – bis zu den Aposteln Christi zurückreichen. Zu ihnen gehören die Oberhäupter von vier orthodoxen Landeskirchen – der von Konstantinopel mit Patriarch Bartholomaios I., von Alexandrien mit Patriarch Theodoros II., von Jerusalem mit Patriarch Theophilos III. und von Antiochien mit Patriarch Johannes X. Geplant war, dass ihr Konzil die Handlungen des Patriarchen von Moskau und Ganz Russland Kirill aufgrund der Bildung eines afrikanischen Exarchats der Russischen orthodoxen Kirche (ROK) auf dem kanonischen Territorium der Kirche von Alexandrien verurteilen wird. Diese Pläne waren vor dem 24. Februar – dem Beginn der von Präsident Wladimir Putin befohlenen militärischen Sonderoperation der Russischen Föderation in der Ukraine – verkündet worden. Heute hat man die „Expansion“ der ROK nach Afrika scheinbar ein wenig vergessen. Auf der Tagesordnung befindet sich ein weitaus ernsthafteres Problem: Der ukrainische Klerus forderte, das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche vor ein internationales Kirchentribunal wegen der Unterstützung der Politik der russischen Herrschenden zu stellen.

Als Autor des Vorschlags, „den Handlungen des Moskauer Patriarchen eine Bewertung zu geben, ihn zur Verantwortung zu ziehen, aber auch das Recht auf den Patriarchen-Thron abzuerkennen“, wo der Oberpriester Andrej Pintschuk aus der Dnipro-Diözese (Eparchie) der Ukrainischen orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats aufgetreten. In den sozialen Netzwerken hatte er am 10. April einen Aufruf mit der Forderung nach einem Gerichtsprozess gegen Patriarch Kirill im Namen „der höchsten Gerichtsinstanz der weltweiten Orthodoxie“ – dem Konzil der Oberhäupter der alten Ostkirchen – gepostet. Zu dem Konzil, das man auch als Pentarchie (fünfhäuptige Macht der Kirche) bezeichnet, gehören gerade die Oberhäupter der Patriarchate von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. „Kirill predigt die Doktrin der „russischen Welt“, die nicht der christlich-orthodoxen Lehre entspricht und als Häresie verurteilt werden muss“, hatte Pintschuk geschrieben.

Die Petition unterzeichneten 430 Kleriker der Ukrainischen orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Freilich, drei von ihnen haben später ihre Unterschriften zurückgezogen. Zuvor hatte der ukrainische Klerus aus mehreren Eparchien vom Oberhaupt der Ukrainischen orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, von Metropolit Onufrij (Beresowskij), gefordert, seine Landeskirche einzuberufen und die Autokephalie, die Unabhängigkeit von der ROK, zu verkünden. Eine Antwort von Metropolit Onufrij haben sie jedoch nicht bekommen.

Am 16. April hatte Pintschuk informiert: „Die Unterschriftensammlung zum Appell des Klerus der Ukrainischen orthodoxen Kirche an die Oberhäupter der Ostkirchen hinsichtlich eines Prozesses gegen Patriarch Kirill ist abgeschlossen. Wir hatten gehofft, 100 Unterschriften zu sammeln, haben aber 430 zusammenbekommen. Diese Zahl ist ein Gradmesser nicht nur für die Anzahl jener, die entsprechend dem Gewissen handeln, sondern auch jener, die sich nicht fürchten, dies ungeachtet der Drohungen und möglichen Repressionen zu tun. Wir beginnen den Prozess eines Anrufens in einer griechischen Übersetzung für eine weitere Behandlung im Konzil der Oberhäupter von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien sowie der Jerusalemer und Zypriotischen Kirche“.

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, der Initiator der Beratung der „apostolischen Patriarchen“, reagierte auf den Appell der Ukrainer hinsichtlich einer Einberufung eines Konzils der Pentarchie in keiner Weise. Die Beratung an sich war gleichfalls fraglich gewesen, da mindestens zwei der vier Patriarchen – Theophilos III. von Jerusalem und Johannes X. von Antiochien – es sich nicht mit Patriarch Kirill verderben wollen. Ende Februar/Anfang März hatte der Vorsitzende der Abteilung für auswärtige Kirchenbeziehungen der Russischen orthodoxen Kirche, Metropolit Hilarion (Alfejew), beiden einen Besuch abgestattet. Worum es konkret bei diesen Begegnungen ging, teil die offizielle Internetseite des Moskauer Patriarchats nicht mit. Jedoch hatten weder Theophilos III. noch Johannes X. ihre Teilnahme an dem Konzil bestätigt.

„Patriarch Bartholomaios mit seinem akademischen Background eines Spezialisten für kanonisches Recht versteht ganz klar, dass es in der orthodoxen Kirche heute keine solche internationale Institution gibt, die ein Tribunal gegen Patriarch Kirill durchführen könnte“, erklärte der „NG“ Andrej Schischkow, Doktorand an der Schule für Theologie und Religionskunde der Universität von Tartu (Estland). „Es gibt sie nicht. Der Ökumenische Patriarch an sich kann keine Urteile über die Aberkennung des Ranges eines anderen Patriarchen fällen. Dies muss eine Konzilsentscheidung sein. Es gibt aber einfach keine Konzil-Organen, die bevollmächtigt wären, dies zu tun“.

„Man muss verstehen, dass das Konzil, an das jetzt die ukrainischen Kleriker appellieren, eine völlig neue Institution in der Zusammensetzung ist, in der sie erklärt worden ist. In der antiken Pentarchie hatte es keinerlei zypriotischen Erzbischof gegeben. In diesem Sinne sind die Entscheidungen des Konzils der Neopentarchie recht leicht anzufechten, da dies eine nichttraditionelle Versammlung ist, die früher nie existiert hatte. Das erste Treffen der fünf östlichen Hierarchen erfolgte in solch einem Format im Jahr 2011. Potenziell könnte dieses Institut existieren. Doch zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist ein völlig unwirksames. Und man kann sich nicht auf dieses stützen“, meinte der „NG“-Gesprächspartner. „Was das Konzil der vier östlichen Patriarchen angeht, das gut bekannt ist und für die Orthodoxie in der Ära des Osmanischen Imperiums gewaltige Bedeutung besaß, so muss man hier gleichfalls verstehen: Die Entscheidungen dieses Konzils besaßen im Großen und Ganzen vor allem auf dem Territorium des Osmanischen Reichs Gültigkeit. Es gibt keinerlei kanonische Grundlagen für eine Erweiterung dessen Jurisdiktion auf die gesamte orthodoxe Kirche. Überdies war dies eher ein außerordentliches denn ein gewöhnliches Institut. Die östlichen Patriarchen wurden mitunter als eine gewisse dritte Kraft hinzugezogen, die bei Entscheidungen von Kirchenfragen eine Autorität aufgrund des Alters besaß, zum Beispiel in der Geschichte mit der Absetzung von Patriarch Nikon. Aber an dem Großen Moskauer Konzil von 1666 hatten nur zwei der vier teilgenommen. Ein Appellieren an solch ein Konzil wird heute wahrscheinlich nichts bringen, da nicht eine einzige Kirche Machtvollmachten an dieses Institut delegierte. Überdies gibt es unter den Unterzeichnern der ukrainischen Forderung nicht einen einzigen Bischof, was diese Klage hinsichtlich ihres Gewichts zu einer schwachen macht“, fuhr Andrej Schischkow fort. Mehr noch, selbst bei der Vorbereitung der April-Tagung der vier apostolischen Patriarchen, die die Expansion der ROK nach Afrika verurteilen sollte, ist klar geworden, dass kein Konsens erreicht wird. „In einer Situation, in der zwei Patriarchen dafür sind, und zwei Patriarchen, die potenziell dagegen sind, kann man nicht einmal gar von einer einfachen Mehrheit sprechen“.

Alexej Makarkin, 1. Vizepräsident des Zentrums für politische Technologien, ist sich gleichfalls gewiss, dass die Forderung des ukrainischen Klerus nach einem Tribunal gegen Patriarch Kirill „zweifelhaft und perspektivlos“ sei. „Die Pentarchie kann aufgrund einer Verletzung der kanonischen Normen ein Urteil fällen“, sagte er der „NG“. „Hier aber sind keinerlei Kanons verletzt worden. Wahrscheinlich hängt der Appell des ukrainischen Klerus nicht damit zusammen, dass seine Autoren mit der realen Perspektive eines Gerichtsprozesses gegen den Patriarchen rechnen. Dieser Appell hat ganz andere Ziele. Erstens ist dies das Bestreben, das Moskauer Patriarchat in der orthodoxen Welt politisch zu isolieren und die Anzahl der Landeskirchen zu erhöhen, die die Orthodoxe Kirche der Ukraine anerkennen. Und ein zweiter Moment ist das Bestreben zu erreichen, dass eine maximal große Anzahl von Geistlichen und Gläubigen in der Ukraine das Moskauer Patriarchat verlassen“. „Wenn ein Konzil der Pentarchie oder Neopentarchie zusammentritt, kann es Patriarch Kirill verurteilen, aber ganz und gar nicht aufgrund seiner politischen Anschauungen und der ukrainischen Situation, sondern wegen der Schaffung eines Exarchats der Russischen orthodoxen Kirche in Afrika. Hier sind Kanons verletzt werden“, resümierte der Politologe.

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann Patriarch Kirill nur entweder die Bischofsversammlung oder das Landeskonzil der Russischen orthodoxen Kirche verurteilen, wie dies in ihrem Status festgeschrieben worden ist“, sagte seinerseits Andrej Schischkow. „Keinerlei andere Instanz kann dies tun. Und jegliche Handlungen der östlichen Patriarchen wird die Russische Kirche als illegitime anerkennen, da es gibt keine solchen gesamtkirchlichen Institutionen, denen alle Landeskirchen derartige Vollmachten delegiert hätten“, resümierte der Gesprächspartner der „NG“.

Und mit der Bischofsversammlung ist überhaupt alles kompliziert. Sie sollte im November vergangenen Jahres stattfinden, ist aber aufgrund der COVID-19-Pandemie auf den Mai verschoben worden. Am 17. April hat jedoch der Synod der ROK erneut beschlossen, die Versammlung der Bischöfe auf den Herbst oder gar auf November des Jahres 2022 zu verschieben. Man verspricht, im Sommer, im Verlauf der nächsten Tagung der Synod ein genaues Datum zu erörtern. Als Grund für die Verschiebung wurde die „internationale Lage“ genannt. Anders gesagt: Die ukrainischen Bischöfe und eventuell auch die Hierarchen aus anderen Ländern werden physisch nicht nach Moskau kommen können. Aber selbst, wenn das Konzil auch stattfindet, wird man da wohl kaum den Patriarchen verurteilen. Sondern eher seine Opponenten in der Ukraine und in anderen angrenzenden Regionen des Moskauer Patriarchats. Gleichfalls ist nicht ausgeschlossen, dass die Bischofsversammlung in einem völlig neuen Format erfolgen wird, mit einer anderen Teilnahme. Und möglicherweise wird das Moskauer Patriarchat ganz und gar bis zum Herbst oder Winter etwas andere Konturen erlangen…

Derweil wird Patriarch Kirill nicht nur seitens des ukrainischen Klerus der unteren Ebene, sondern auch im kollektiven Westen einer Stigmatisierung ausgesetzt. Das europäische Parlament veröffentlichte am 7. April eine Erklärung, in der es das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche wegen der „Gewährung einer theologischen Untermauerung“ der militärischen Sonderoperation verurteilte. Im Moskauer Patriarchat hat man die europäische Resolution selbstredend kritisiert. „Die Euro-Parlamentarier haben leider das gesehen, was sie sehen wollten, wobei sie weder die Gebete der Kirche für Frieden in der Ukraine noch die von ihren Dimensionen her beispiellose Sammlung humanitärer Hilfe und kirchlichen Hilfe für die Flüchtlinge bemerkten. Dies wird aber alles mit dem Segen des Oberhauptes der Russischen Kirche und unter dessen unmittelbaren Teilnahme getan“, schrieb der Vorsitzende der Synodalabteilung für die Beziehungen der Kirche mit der Gesellschaft und den Massenmedien Wladimir Legoida auf seinem Telegram-Kanal.

Aufgeworfen wurde auch die Frage nach einem Ausschluss der ROK aus dem Weltkirchenrat. Wie am 12. April der amtierende Generalsekretär des Weltkirchenrates Ioan Sauca erklärte, „wird das Thema der Russischen Kirche eines der brennendsten“ bei der Juni-Tagung des Zentralkomitees der Organisation sein. „Wir alle spüren Hoffnungslosigkeit, Zorn und Enttäuschung. Es ist leicht auszuschließen, zu exkommunizieren, zu dämonisieren. Der Weltkirchenrat ist aber dazu berufen, eine Plattform für Begegnungen, für einen Dialog zu sein, selbst wenn wir nicht einverstanden sind“, betonte Sauca in einem Interview für die italienische katholische Nachrichtenagentur SIR. „Das Gerede von einem möglichen Ausschluss der Russischen orthodoxen Kirche aus dem Weltkirchenrat, dies sind Unterstellungen und Versuche, den Dialog innerhalb des Christentums zu politisieren“, erklärte man im Moskauer Patriarchat. In der Russischen orthodoxen Kirche erinnerte man daran, dass der Weltkirchenrat über 330 Kirchen, Konfessionen Gemeinden in mehr als 100 Ländern der Welt vereine, die rund 400 Millionen Christen repräsentieren würden. „Die Russische orthodoxe Kirche ist die größte Kirche in der orthodoxen Welt und eine wichtige handelnde Person auf der Plattform des Weltkirchenrates“, konstatierte der Sekretär der Abteilung für auswärtige Kirchenbeziehungen für die Beziehungen zwischen den christlichen Konfessionen, Priestermönch Stefan (Igumnow). Im Moskauer Patriarchat bereite man sich aktiv auf eine Teilnahme am XI. Weltforum des Ökumenischen Rates der Kirchen, das vom 31. August bis einschließlich 8. September in Karlsruhe stattfinden wird. Bei der Tagung der Synod der ROK vom 24. März wurde eine Liste von Delegierten bestätigt, die 22 Vertreter der Kirche umfasst. Die Ukraine soll der Metropolit von Saporoschje und Melitopol Luka (Kowalenko), der loyal zur Russischen orthodoxen Kirche steht, repräsentieren.

Der Sammlung von „Anti-Kirill“-Dokumenten, die in der letzten Zeit unterzeichnet wurden, kann man auch den Text hinzufügen, der am 13. März durch Zentrum für christlich-orthodoxe Studien (Orthodox Christian Studies Center) der Fordham University veröffentlicht und als Deklaration über die Lehre „Über die russische Welt“ bezeichnet wurde. Die Petition, die „die Häresie von der „russischen Welt“ zurückweist“, haben über 500 Theologen aus unterschiedlichen Ländern unterzeichnet. Noch eine Verurteilung des „christlichen Nationalismus“ der Russischen orthodoxen Kirche war am 4. April in Oxford zu vernehmen. Der frühere Erzbischof von Canterbury Rowan Douglas Williams erklärte: „Wir haben unter den russischen Hierarchen nicht einmal Anzeichen für die Bereitschaft gesehen, um eine Feuereinstellung zu bitten. Dies ist das Minimum, was ich zu sehen gehofft hatte“. „Putin passt das gefügige Kirchenestablishment. Und das Kirchenestablishment fühlt sich unter dem Putin-Regime nicht schlecht. Unter Wladimir Putin wurde begonnen, die Russische orthodoxe Kirche noch enger mit dem Staat und den Streitkräften zu assoziieren. Sie wurde zu einem Grundpfeiler für das Begreifen der einmaligen russischen Kultur durch den russischen Präsidenten, die dem Westen widerspricht“, unterstrich Williams.

Eigenartig hat sich an Patriarch Kirill auch das Oberhaupt der Pariser Erzdiözese, Metropolit Jean (auch: Johannes) Renneteau, gewandt. Am 15. April wurde eine „Mitteilung des bischöflichen Komitees“ auf der offiziellen Internetseite der religiösen Vereinigung in französischer und russischer Sprache publiziert. Dort gibt es unter anderem solche Worte: „Unser Patriarch ist vor allem ein Bischof unter Bischöfen. Er ist der Bischof des Moskauer Gebietes und besonders verantwortlich für eine Einberufung der Synod seiner bischöflichen Brüder des russischen Bodens und dessen auswärtigen Vertretungen zwecks Erörterung unterschiedlicher Fragen, die sich in dieser Zeit ergeben. Danach muss er vor allen (den Bischöfen, dem Klerus und den Gläubigen) Rechenschaft über die Antworten ablegen, die während dieser Synod oder dieses Konzils gegeben wurden. Dies ist seine Hauptfunktion“. Metropolit Jean kritisiert bereits nicht das erste Mal seit der letzten Zeit die Handlungen des Oberhauptes der Russischen orthodoxen Kirche. Er ruft jedoch nach wie vor den Klerus und die Gläubigen auf, nicht das Moskauer Patriarchat zu verlassen.

Anfangs hatte das Verhalten des Oberhauptes der ROK auch Metropolit Innokentij Vasiljev von Vilnius und Litauen verurteilt. Freilich, dieser Tage hat der Pressedienst der Metropolie in Litauen überraschend eine Erklärung abgegeben: Um „den Status des Kanzlers der Diözesen-Verwaltung aufzuwerten“, wurde der gegen die militärische Sonderoperation Russlands in der Ukraine auftretende Oberpriester Vitalij Mozkus durch Bischof Ambrosius (Fedukowitsch) ersetzt. Zusammen mit Mozkus verloren noch zwei Geistliche ihre Kirchenämter – Gintaras Sungaila und Vitalis Dauparas. Auf der offiziellen Internetseite wird behauptet, dass „sie selbst um ihre Entlassung gebeten haben, dem auch entsprochen worden war“. Am 18. April trat Metropolit Innokentij selbst mit einer eigenen Erläuterung zum Vorgefallenen auf. „Absurd sind jegliche Erfindungen über die Rolle der Orthodoxen Kirche in Litauen als eine Waffe anderer Staaten. In den Tiefen der Orthodoxen Kirche in Litauen hatte sich eine Gruppe von Geistlichen gebildet, die schon lange Pläne für einen Übergang zum Patriarchat von Konstantinopel ausgeheckt hatten. Alles wurde insgeheim getan. Aber angefangen hatten sie jetzt, im Zusammenhang mit den tragischen Ereignissen in der Ukraine offen darüber zu sprechen“, zitiert die Internetseite der Eparchie von Vilnius und Litauen den Hierarchen. Dass es die Ideen gegeben hatte, sich unter die Obhut des Patriarchen von Konstantinopel zu stellen, bestätigte auch Gintaras Sungaila in einem Interview des Internetportals www.lrt.lt.

„Das Problem sowohl von Metropolit Jean als auch von Metropolit Innokentij besteht in ihrer Gemeinde“. Meint Alexej Makarkin. „Die Gemeinde von Metropolit Jean ist sehr stark in das heutige Europa integriert. Sie verhalten sich in ihrer Mehrheit sehr negativ gegenüber Moskau. Sie sind auch nur von Patriarch Bartholomaios damals weggegangen, als die Griechen anfingen, ihre Eigenständigkeit zu beeinträchtigen. Wenn es dies nicht gegeben hätte, so wären sie auch beim Ökumenischen Patriarchat geblieben. Für sie ist der Begriff „moderne Demokratie“ das gleiche wie „westliche Demokratie“. Und die Gemeinde von Metropolit Innokentnij, dies sind vorrangig russischsprachige Bewohner der Region. Und die meisten von ihnen sind Menschen hohen Alters, die sich an die Sowjetunion erinnern. Sie haben eine Nostalgie in Bezug auf die UdSSR. Und für diese Gemeinde ist die Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat nicht irgendein fakultativer Aspekt wie für einen erheblichen Teile der Gemeinde von Renneteau“. Dabei merkte der Politologe an: „Ich denke nicht, dass man von „oben“ auf Metropolit Innokentnij Druck ausgeübt hat. Natürlich, dies ist die simpelste Erklärung für das Vorgefallene. Es wäre jedoch schwer gewesen, Druck auszuüben, wenn die Stimmung der Gemeinde eine andere gewesen wäre. Innokentij wird bald 75 Jahre alt. Dabei habe ich nicht gehört, dass er seine Verurteilung der Handlungen von Patriarch Kirill zurückgezogen hat. Und ich denke nicht, dass er sie zurückziehen wird. Für ihn ist es wichtig, die guten Beziehungen sowohl mit seiner Gemeinde als auch mit den Offiziellen des Landes zu bewahren. Daher wird der Metropolit den Wortlaut der Verurteilung, mit der er zuvor aufgetreten war, nicht rückgängig machen. Die litauischen Geistlichen aber hat er erst bestraft, nachdem sie weiter gegangenen waren und aufzurufen begannen, nicht den Namen von Patriarch Kirill während der Gottesdienste zu erwähnen. „Und das Nichterwähnen des Namens des Patriarchen ist für die meisten Gläubigen Litauens inakzeptabel“, resümierte der Moskauer Experte.