Unabhängige Zeitung

Private Tageszeitung

Muss Russland neue Sanktionen der UEFA und FIFA befürchten?


Ukrainische Offizielle rufen auf, Russland gleich aus zwei Fußballverbänden – der FIFA und der UEFA – aufgrund der Bereitschaft, Klubs aus Sewastopol und von der Krim in das System seiner Profi-Ligen zu integrieren, auszuschließen. Dass dieses Thema mit dem Russischen Fußballverband erörtert wird, teilte Vizepremier Dmitrij Tschernyschenko, der in der Regierung auch für den Sportbereich verantwortlich ist, bei einem Arbeitstreffen mit Präsident Wladimir Putin mit. Im Russischen Fußballverband an sich hat man dieses Thema bisher in keiner Weise kommentiert.

Tschernyschenko berichtete im Übrigen Putin von den „neuen Territorien“. Und es ist klar, dass zu ihnen jetzt nicht nur die Krim gehört. In den vier Regionen (die Donbass-Republiken DVR und LVR sowie die Gebiete Saporoschje und Cherson), die gerade der Russischen Föderation angegliedert wurden, ist der Kriegszustand verhängt worden. Dort ist derzeit offenkundig keinem nach Fußballturnieren. Was aber die Krim-Klubs angeht (acht spielen in der Premierliga des Krim-Fußballverbands – Anmerkung der Redaktion), so ist auch der Mechanismus ihrer Integration allem nach zu urteilen nicht vollends konzipiert worden. Sie wird man in die russischen Ligen nicht früher als in der nächsten Saison aufnehmen können. Und dies wird im Sommer kommenden Jahres der Fall sein. In dieser Zeit kann sich aber Vieles ereignen, kann die Situation klar oder – im Gegenteil – noch verzwickter werden.

Der Russische Fußballverband hat in der Krim-Frage die ganze Zeit sehr vorsichtig agiert, wobei er bestrebt war, nicht in einen Konflikt mit der UEFA und der FIFA zu geraten. Diese Verbände verbieten den Klubs von der Halbinsel, an russischen Wettbewerben teilzunehmen. Unklar ist, wie sich jetzt der russische Verband verhalten wird. Wird er sich mit diesen Organisatoren konsultieren oder einfach den Willen der Herrschenden umsetzen? Ja, und wie offensichtlich ist dieser Wille erklärt worden? Bisher haben wir lediglich den Bericht des hochrangigen Staatsbeamten für den Präsidenten vernommen. Tschernyschenko kennt die Konjunktur und möchte unterstreichen, dass alles unter Kontrolle sei, und Erfolge vermelden. Auf jeden Fall kann die Integration eine x-beliebig lange Zeit in Anspruch nehmen.

Enthusiasten einer Aufnahme der Krim-Klubs in das System der Profi-Ligen der Russischen Föderation unterstreichen, dass Russland schon keine Sanktionen fürchten müsse. Die UEFA und die FIFA haben schon alles getan. Die Auswahlmannschaften Russlands und Klubs aus unserem Land sind zeitweilig aus allen internationalen Turnieren ausgeschlossen worden. Bei der UEFA-Europameisterschaft im Jahr 2024 werden beispielsweise ganz bestimmt keine russischen Kicker zu erleben sein. Die von Valerij Karpin trainierte Nationalmannschaft wurde einfach nicht zum Qualifikationsturnier zugelassen, was spätestens bei der Auslosung zu diesem am 9. Oktober in Frankfurt-am-Main auch dem letzten klar wurde. Ausländischen Spielern in einheimischen Klubs ist offiziell erlaubt worden, einseitig abgeschlossene Verträge vorzeitig zu lösen und das Land zu verlassen. Es scheint: In dieser Situation wird das Auftauchen einer möglichen Mannschaft aus Sewastopol zum Beispiel in der Ersten Liga nichts ändern. Das Land ist auch so in einer Fußball-Isolation.

Zur gleichen Zeit haben sich sowohl die UEFA als auch die FIFA bisher nicht auf radikale Schritte eingelassen. Und als die Entscheidungen über den Ausschluss der Auswahlmannschaften und Klubs gefällt wurden, informierte keiner der Fußballfunktionäre mit Freude darüber. Sie waren gezwungen gewesen, sich der entstandenen politischen Konjunktur und einer Reihe objektiver Umstände unterzuordnen. Der Kontakt mit den internationalen Verbänden ist durch den Russischen Fußballverband nicht eingestellt worden, daher ist es für den Verband gegenwärtig schwierig, sich drastisch von der UEFA und FIFA abzuwenden. Sie haben sich ja doch loyaler als einige andere Sportverbände verhalten.

Wahrscheinlich sind sowohl die UEFA als auch die FIFA theoretisch bereit, ihre Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Wann werden sie dies tun? Einmal angenommen, wenn es im Konflikt der Russischen Föderation mit der Ukraine zu den von den internationalen Strukturen erwarteten Veränderungen kommt, irgendein Friedensabkommen zwischen Moskau und Kiew abgeschlossen wird. Die UEFA und FIFA können ihren Bann aufheben. Einzelne Verbände können dabei aber einen Boykott gegenüber Russland erklären. Sind aber die Fußballverbände zu solch einem Druck bereit? Dies ist zu bezweifeln. Russlands Athleten würden einige europäische Länder einfach nicht einreisen lassen. Wie könnte diese Frage geklärt werden?

Dieses Knäuel von Sanktionswidersprüchen kann nicht mit einem Hieb aufgelöst werden. Und eine Aufhebung der Sport-Sanktionen ist ohne eine Annullierung der allgemein politischen und wirtschaftlichen recht problematisch. Und auf diesem Weg haben Russland und andere Länder, vor allem die westlichen, bereits eine Vielzahl von Punkten passiert, nach denen es keine Umkehr gibt. Die Geschichte mit dem Krim-Fußball kann zu noch solch einem werden.