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Nadeshdin hat bereits 200.000 Unterschriften gesammelt


Boris Nadeschdin hat der „NG“ mitgeteilt, dass es sein Stab auf mindestens 200.000 Unterschriften gebracht hat. Jetzt beginnt ihre Vorbereitung für die Übergabe an die Zentrale Wahlkommission. Unterschriftenlisten aus dem Ausland werden nicht eingereicht. Dies war eine symbolische Unterstützung gewesen. Doch hinsichtlich der Unterschriften, die in den Hauptstädten von Einwohnern anderer Regionen erhalten wurden, empfindet Nadeschdin Fatalismus: Nun gut, wenn man sie für ungültig und nichtig erklärt, wird dies ein Präzedenzfall sein. Experten sind der Annahme, dass die Qualität der Dokumente keine große Bedeutung haben werde – weder bei einer positiven noch bei einer negativen politischen Entscheidung der Herrschenden bezüglich der Registrierung dieses Kandidaten.

Während der Stab Nadeschdins Unterschriften noch in 13 Regionen sammelt, ist seine Internetseite am 25. Januar einer erneuten Spam-Attacke ausgesetzt worden. In den Morgenstunden des Donnerstags waren dort 158.000 gesammelte Unterschriften ausgewiesen worden. (Am Freitagmorgen waren es bereits 183.283 Unterschriften.- Anmerkung der Redaktion) Allerdings hat die „NG“ bemerkt, dass in den letzten Tagen die Zahl ein-, zweimal am Tag aktualisiert wird, wobei sie nachts üblicherweise gleich um 15.000 bis 20.000 ansteigt. Somit konnte man durchaus annehmen, dass es am 26. Januar, das heißt zu dem vorab geplanten Tag für den Abschluss der Stimmensammlung, um die 200.000 Unterschriften sein werden.

Nadeschdin selbst hat jedoch der „NG“ bereits mitgeteilt, dass in Russland über 200.000 Unterschriften gesammelt worden seien, obgleich dies die Internetseite nicht fixierte, doch die Kampagne werde noch ein Paar Tage für alle Fälle andauern. Derweil hatet im Internet eine Diskussion begonnen, ob das Sammeln von Unterschriften im Ausland denn zulässig sei. Der Internetseite von Nadeschdin nach zu urteilen, gab es 96 solcher Punkte – in der Türkei, in Kasachstan, den VAE, in Thailand, Israel, Indien, in Ländern der Europäischen Union, den USA u. a. es sei daran erinnert, dass es um jene Unterschriften geht, die unter den „ausländischen Bürgern der Russischen Föderation“ entsprechend regionaler Quoten gesammelt wurden.

Derweil enthält Artikel 38 des Gesetzes über die Hauptgarantien für die Wählerrechte einen direkten Hinweis auf die Anerkennung solcher Unterschriften als ungültige: „Als ungültige werden angesehen: die Unterschriften der Personen, die kein aktives Wahlrecht besitzen, aber auch die Unterschriften der Wähler, deren Wohnsitzt außerhalb des Territoriums des entsprechenden Subjekts der Russischen Föderation liegt. Bei der Sammlung von Unterschriften außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation – die Unterschriften der Wähler, die nicht ständig außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation leben“. Zum Beispiel hatte der Telegram-Kanal „Wahlen, allen ein ZYK!“ in den letzten Tagen die Aufmerksamkeit des Stabs von Nadeschdin mehrfach auf diesen Umstand gelangt. Mehr noch, diese Ressource hatte unter Verweis auf eine zweite Norm aus dem oben ausgewiesenen Gesetz die Befürchtung geäußert, dass die Zentrale Wahlkommission auch in den Hauptstädten gesammelte regionale Unterschriften abweisen werde. Freilich wurde dabei nicht erklärt, wie den die Zentrale Wahlkommission bestimmen könne, wo genau die Sammlung erfolgte. Schließlich wurden die Unterschriftenlisten den Bürgern entsprechend ihres formalen Wohnsitzes vorgelegt.

Nadeschdin reagierte auf derartige Warnungen so: „Wir begrüßen die Unterschriften aus dem Ausland, werden sie aber nicht in die Zentrale Wahlkommission bringen, da wir ausreichend Unterschriften haben, die im Land gesammelt wurden. Da jedoch die Auslandsunterschriften uns nichts kosten und die Sammler nicht bezahlt werden müssen, so kann man eine Aktion starten und überhaupt Millionen (Unterschriften) sammeln, um zu ermitteln, wie viele Bürger Russlands dort sind“. Hinsichtlich der regionalen Norm des Gesetzes erklärte er: „Da keiner nie eine Sammlung in unterschiedlichen Regionen unter Zugereisten vorgenommen hat, ist es unklar, wie die Zentrale Wahlkommission dazu steht. Wir sind jedoch der Auffassung, dass wir alle Bürger Russlands sind. Folglich, wenn eine Unterschrift in einer Unterschriftenliste jenes Subjekts der Russischen Föderation vorgenommen wurde, wo die (jeweilige) Person gemeldet ist, so dürfte es keine Probleme geben“.

Der Wahlexperte Andrej Busin erklärte gegenüber der „NG“: „Vom Prinzip her gewährt die Rechtsnorm wirklich, Unterschriften aus dem Ausland als ungültige anzuerkennen, wenn sie Bürger Russlands abgegeben haben. Diese Norm sieht wie eine ungerechte aus, da ein Staatsbürger, auch wenn er in Afrika ist, ein Staatsbürger ist und eigentlich alle Rechte besitzt. Dies ist aber für alle Fälle im Jahr 2011 vor den damaligen Präsidentschaftswahlen beschlossen worden. Wobei es so verschwommen festgeschrieben wurde, dass es unklar ist, wie lange die Emigranten im Ausland leben müssen, damit ihre Unterschrift zu einer ungültigen wird, gleiches gilt aber auch dafür, ob sie zeitweilig oder ständig im Ausland leben. Dabei ist ebenfalls unklar, wie bewiesen werden soll, dass die Emigration beispielsweise eine zeitweilige ist. Be uns sind jedoch viele Gesetze speziell dafür verfasst worden, damit die Staatsorgane sie so auslegen können, wie sie es für nötig halten“.

Busin sagte der „NG“, dass vom Prinzip her bisher keinem eine Registrierung entsprechend diesen Normen verweigert worden sei. Wird es eine Ablehnung für Nadeschdin geben, so wäre dies ein Präzedenzfall. „Wenn die Zentrale Wahlkommission auf einmal keine fünf Prozent Ausschuss findet, so wird sie immer die Aufmerksamkeit darauf lenken können, wo gerade die Unterschriften gesammelt wurden. Obgleich es nicht so einfach ist, dies anhand der Unterschriftenlisten nachzuverfolgen. In ihnen gibt es keine solchen Daten. Und daher sind hier die Schlüsselfiguren nicht einmal die Unterzeichner, sondern die Unterschriftensammler und Notare. Die Zentrale Wahlkommission kann beispielsweise Anfragen an das Innenministerium, den FSB (Russlands Inlandsgeheimdienst – Anmerkung der Redaktion) oder das Außenministerium richten, um den Aufenthaltsort der jeweiligen Person zu erfragen. Die Auswahl der Überprüfungsinstrumente ist eine große“, unterstrich er.

Was aber die Bürger angeht, so kann die Zentrale Wahlkommission zum Beispiel die Tatsache stutzig machen, dass die in den Listen ausgewiesenen Unterschriften Anschriften in verschiedenen Stadtbezirken einer Stadt haben, was natürlich beispielsweise bei einem Aufsuchen der Menschen in Wohnungen ausgeschlossen ist. Folglich ist die Zentrale Wahlkommission in der Lage, den Aufenthaltsort einer Person in einer anderen Region – zumindest entsprechend von Angaben des Innenministeriums — zu belegen, wenn sie es will. Vom Prinzip her sei es nach Auffassung von Busin schwieriger, Unterschriften aus anderen Regionen als ausländische Unterschriftenlisten „herauszufischen“. „Die Zentrale Wahlkommission ist ein Organ, das von der Administration des Präsidenten beaufsichtigt wird. Daher wird, wenn bestimmte Anweisen erfolgen, das Gesetz nach Gutdünken ausgelegt. Vom Prinzip her aber wird, wenn Nadeschdin keine kostenlose TV-Sendezeit bekommt, die Registrierung des Protestkandidaten scheinbar nichts Schlimmes darstellen“, erläuterte Busin. Wenn es aber eine politische Entscheidung zur Ablehnung der Registrierung gibt, so wird man sie wahrscheinlich entweder mit technischen Fehlern begründen oder, wenn keine Fehler gefunden werden, mit einem Präzedenzfall im Zusammenhang mit ausländischen Unterschriften. Man wird wohl kaum russische Unterschriften aus verschiedenen Regionen als ungültige bewerten. „Wenn die Zentrale Wahlkommission beginnt, sich beispielsweise genau mit den Unterschriften von Nowosibirskern zu befassen, die in Moskau abgegeben wurden, und wegen diesen keine Registrierung vorzunehmen, so ist dies vor allem ein Schlag gegen das Image der Zentralen Wahlkommission. Wir alle sind Bürger Russlands, und es gibt keine Leibeigenschaft und die Pflicht, am Meldeort zu wohnen“.

Der Leiter der Politisdchen Expertengruppe, Konstantin Kaltschjow, erläuterte der „NG“: „Jegliche Maßnahme zur Sammlung von Unterschriften ist eine mobilisierende, wobei sie die Chancen des Kandidaten nicht nur für eine Registrierung, sondern auch für ein Abstimmen für ihn erhöht. Daher sagt der Stab von Nadeschdin auch nicht „Stop!“. Die Unterzeichner bringen Freunde und Verwandte. Und es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass all diese Menschen danach zum Elektorat werden. Wenn er aber nicht registriert wird, so ist es auch aus der Sicht des Images vorteilhafter zu sagen, dass mehr als nötig gesammelt wurde, sowie Fotos und Videos aus den Regionen zu zeigen. Zum Beispiel, um einen Skandal vom Zaun zu brechen, indem Zweifel an der Legitimität der Wahlen bekundet wird“. Der Experte unterstrich: „Entscheiden wird natürlich nicht die Zentrale Wahlkommission. Jetzt hängt alles davon ab, ob sich Nadeschdin im Szenario der Präsidentschaftswahlen befindet. Wenn er dort ist, werden die Unterschriften einer Überprüfung standhalten. Wenn aber nicht, werden sie durchfallen. Und da wird man dann auch zu gucken beginnen, ob man in erster Linie technische Fehler sucht oder dem Kandidaten einen politischen Fehler anlastet“.

In Bezug auf die Russen im Ausland meinte Kalatschjow, dass man ihnen zu verstehen geben könnte, dass sie dem Land nicht nötig seien und es folglich keinen Sinn mache zurückzukehren. Und sollte man aufgrund der Unterschriften von Unterzeichnern aus anderen Regionen eine Registrierung ablehnen, würde dies den Herrschenden selbst einen Imageverlust bescheren. „Schließlich hat es so viel Werbung gegeben, wonach beispielsweise die Wähler aus den neuen Regionen an jeglichem Ort abstimmen könnten und dass bei uns alle die gleichen Rechte hätten“. Würde man da Nadeschdin aus dem Rennen nehmen, würde sich ein offenkundiger Widerspruch zu eben dieser Message ergeben, meinte der Experte.

Derweil hat man die Unterschriften für den amtierenden Präsidenten in der Zentralen Wahlkommission überprüft. Lediglich 0,15 Prozent der untersuchten 60.000 Unterschriften wurden für ungültig erklärt, so dass Wladimir Putin am Montag offiziell als vierten Präsidentschaftskandidat registriert wurde. Boris Nadeschdin sammelt noch weiter Unterschriften und wird wohl erst am letzten möglichen Abgabetag in der Zentralen Wahlkommission auftauchen. Dort rechnet man im Übrigen auch mit dem Kommen von Sergej Malinkowitsch von der Partei „Kommunisten Russlands“, Andrej Bogdanow von der Russischen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit sowie Sergej Baburin vom Russischen Volksbündnis, zumal sie alle erklärten, dass die Sammlungskampagnen kurz vor dem Abschluss stehen würden. An den Endtermin – 18 Uhr des 31. Januar – erinnerte am Montag die Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa. Und sie forderte auf, rechtzeitig über das Erscheinen in der Zentralen Wahlkommission zu informieren. Offensichtlich um diese Abgabeaktionen mit dem Erscheinen von Wladimir Putin zu koordinieren, der ja noch seinen Kandidatenausweis abholen muss.

Konstantin Kalatschjow erklärte auch, dass die Registrierung der erwähnten Männer neben Nadeschdin durchaus möglich sei. Dafür hätten die Offiziellen ihre Gründe. Mit Nadeschdin solle beispielsweise gezeigt werden, dass die Unterstützung für pazifistische Anschauungen im Land eine lächerlich geringe sei. Und Bogdanow solle zur Absicherung für ein Aufsplitten der Stimmen der liberalen Wähler ausgenutzt werden. Baburin sei nötig, um die minimale Bedeutung der sogenannten „erzürnten Patrioten“ zu demonstrieren, während sich Malinkowitsch traditionsgemäß als ein Störfaktor für die KPRF eigne.