Alexej Nawalny hat in den sozialen Netzwerken geschrieben, dass er Klage gegen das Straflager einreichen werde, in dem er gegenwärtig eine Strafe verbüßt, da man ihm nicht den Koran zum Lesen gebe. „Man gibt mir nicht meinen Koran. Und dies macht wütend. Als man mich einsperrte, habe ich eine Liste von Verbesserungen von mir selbst zusammengestellt, die ich in der Gefangenschaft zu tun versuche. Einer der Punkte ist: tiefgründig den Koran und die Sunna des Propheten zu studieren und zu verstehen“, hatte der Gefangene der Strafkolonie-2 in der russischen Kleinstadt Pokrow geschrieben.
Aus diesem Post ergibt sich, dass Nawalny Bücher in das Straflager mitgenommen hat. Die werden aber noch im Verlauf von mehreren Monaten auf Extremismus überprüft. Dem Politiker erscheint es als absurd, dass ein Mitarbeiter der Haftanstalt ein Gutachten über eine heilige Schrift erstellen kann. Schließlich dürfen gemäß Gesetzgebung die heiligen Schriften des Christentums, Islams und Buddhismus kein Gegenstand einer derartigen Expertise in der Russischen Föderation selbst auf Gerichtsebene sein. Auf diesen Post von Nawalny hat bereits Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow reagiert. Es sei betont, dass einst gerade auf Initiative Kadyrows das Gesetz über die Unantastbarkeit des Korans und anderer heiliger Schriften verabschiedet wurde. Tschetscheniens Oberhaupt jedoch bestreitet jedoch das Recht des Oppositionellen, „mit seinen schmutzigen Händen“ das heilige Buch der Moslems zu berühren.
Außer dem Koran hat, wie sich herausgestellt hat, Nawalny in einem Bücherladen eine Ausgabe der Thora, des Pentateuchs – der 5 Bücher Moses -, mit Erläuterungen des großen mittelalterlichen Kommentators Raschi (ein Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak, der von 1040 oder 1041 bis 1105 lebte und ein französischer Rabbiner und maßgeblicher Kommentator des Tanach und Talmuds war – Anmerkung der Redaktion). Das „Fünfbuch“ (Pentateuch) war im Moskauer Verlag „Knishniki“ vorbereitet worden. Dort aber hat man unter den Namen der Besteller Nawalny nicht gefunden. Es wird vermutet, dass die Bestellung Mitstreiter des Oppositionellen vorgenommen haben.
In der jüdischen Gemeine hat man das Eingeständnis von Nawalny, dass ihn die jüdische Tradition interessiere, ohne Gereiztheit aufgenommen. „Im letzten halben Jahr haben wir rund 100.000 Exemplare der Thora herausgebracht, was auf das außerkonfessionelle Interesse für sie verweist, so dass ich nicht erstaunt bin“, sagte gegenüber der „NG“ der Leiter des Departments für gesellschaftliche Beziehungen der Föderation der jüdischen Gemeinden Russlands, Boruch Gorin. „Letzten Endes ist dies noch auch ein grundlegendes Buch für die Christen, so dass das Interesse ein natürliches ist.“