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Noch schließt man die „Sochnut“ nicht


Erneut hat man am Donnerstag begonnen, von der Gefahr einer Liquidierung der Jewish Agency for Israel, der Sochnut, im Zusammenhang mit den Meldungen zu sprechen, dass sich die Moskauer Verwaltung des russischen Justizministeriums mit solch einem Antrag an das hauptstädtische Basmany-Stadtbezirksgericht gewandt hätte. Der zuständige Richter hat für den 28. Juli ein Gespräch zur Klage der Verwaltung anberaumt. Die israelische Organisation hat eine Erklärung veröffentlicht, in der betont wird, dass es nur um eine Einbestellung ins Gericht und eine weitere Etappe der juristischen Prozedur, von der am 5. Juli aus Medien bekannt geworden war, gehe. Die Sochnut soll die Differenzen ihrer Tätigkeit mit der Gesetzgebung der Russischen Föderation beseitigen.

Hinsichtlich des Exzesses um die Jewish Agency gibt es derzeit zwei Versionen – eine politische und eine juristische. Diejenigen, die dazu neigen, das Geschehen mit der Abkühlung der Beziehungen Russlands und Israels zu erklären, verweisen auf das Zusammentreffen einer Reihe von Fakten. Vor kurzem weilte der russische Präsident Wladimir Putin im Iran, und der US-Präsident Joseph Biden in Israel und Saudi-Arabien. Es besteht da solch ein Eindruck, dass beide Länder-Antagonisten im Nahen Osten ihre Koalitionen zusammenzimmern.

Außerdem verweisen die Anhänger solch einer Sichtweise auf die Ereignisse in der Welt darauf, dass die russische Botschaft in Israel zuvor darüber Unmut bekundet hatte, dass unter den Bedingungen der Vorbereitung zu den vorgezogenen Knesset-Wahlen Jair Lapid zum Premierminister des jüdischen Staates wurde. Unter allen Beteiligten der im Juni auseinandergebrochenen Regierungskoalition tendierte er, ein Vertreter der liberalen Partei Jesch Atid, am stärksten zu einer Orientierung auf die Administration und die Demokratische Partei der USA und bekundete mit der Ukraine Solidarität. Folglich drückt der Situation um die Jewish Agency und den widersprüchlichen Äußerungen verschiedener Beamter auch noch die innenpolitische Situation in Israel, das im November Parlamentswahlen erwartet, ihren Stempel auf.

„Ein Ereignis solcher Art, sei es juristischen oder politischen Charakters, scheint offenkundig ein Rollback in den Beziehungen zwischen Russland und Israel zu sein, und nicht nur zwischen den Regierungen, sondern auch zwischen den Ländern“, kommentierte für die Moskauer Nachrichtenagentur „Interfax“ Boruch Gorin, der Leiter des Departments für Öffentlichkeitsarbeit der Föderation der jüdischen Gemeinden Russlands, die Donnerstag-Meldungen.

Israelische Medien zitieren Aussagen von Israels Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Nachman Shai, der das Geschehen mit der Haltung seines Staates zur russischen Militäroperation in der Ukraine in Verbindung brachte und dies als „erbärmlich und beleidigend“ bezeichnete. Ihrerseits ist Israels Ministerin für Einwanderung und Integration, Pnina Tamano-Schata, davon überzeugt, dass die „Sochnut“ ihre Tätigkeit mit den örtlichen Behörden koordiniere. „Es gibt keinerlei Grundlagen für eine Einstellung ihrer Tätigkeit. Und daher werden diplomatische Anstrengungen zur Klärung der Situation und Regelung des Problems unternommen“, sagte sie gegenüber israelischen Journalisten.

Das israelische Außenministerium hüllte sich zum Zeitpunkt der Vorbereitung des vorliegenden Beitrages in Schweigen. Es gab aber Belege dafür, dass Diplomaten gegenwärtig Konsultation mit russischen Kollegen durchführen. Laut einigen Angaben stelle Premier Jair Lapid ein Team von Juristen aus verschiedenen Institutionen zusammen, damit sie in der kommenden Woche nach Moskau fliegen. Wie gemeldet wird, unterstreiche die russische Seite den rechtlichen Charakter der entstandenen Probleme.

Es sei daran erinnert, dass sich die „Sochnut“, die Jewish Agency for Israel, mit einer Unterstützung für die Repatriierung von Juden aus der ganzen Welt nach Israel befasst. Die Änderung des Wohnsitzes und der Staatsbürgerschaft erfolgt jedoch durch die Konsular-Abteilungen der Botschaften Israels in den „Ländern des Exodus“. Die Jewish Agency kompensiert den in den hebräischen Staat Ausreisenden die Kosten für die Flugtickets und Taxifahrt zum Wohnort in Israel. Allerdings können die Preise für Flugtickets jetzt mehrere zehntausend Rubel pro Person erreichen. Und eine Taxifahrt – sagen wir einmal vom Flughafen bis in eine Stadt im Norden Israels – kostet umgerechnet 150 Dollar.

  1. S.

Während in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Statistiker auswiesen, dass in Russland etwa eine halbe Million Bürger Juden waren, hat sich deren Zahl aufgrund der massiven Auswanderung drastisch verringert. Zahlen aus dem vergangenen Jahr belegen, dass es derzeit etwa 157.000 Juden im Land gibt. Unter ihnen sind sehr viele Intellektuelle. Daher kursierte aufgrund des Rummels um den anstehenden Gerichtstermin für die Jewish Agency die Meinung, dass die russischen Offiziellen mit einer eventuellen Schließung der Agentur (die 1989 ihre Tätigkeit in der Russischen Föderation aufgenommen hatte) den „Braindrain“ gen Israel stoppen wollen. Dazu nahm Kremlsprecher Dmitrij Peskow am Freitag Stellung und erklärte, dass die Forderung des russischen Justizministeriums nach einer Liquidierung der Jewish Agency mit der Einhaltung der Gesetzgebung Russlands zusammenhänge. Und offensichtlich gibt es da einige Probleme, wie eine vom 30. Mai bis zum 27. Juni dieses Jahres vorgenommene umfassende Prüfung ermittelte.