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Patriarch Kirill hielt eine Predigt über den „Galeerensklaven“


Der Patriarch von Moskau und Ganz Russland Kirill hat eine Predigt über das Wesen der höchsten Macht gehalten, wobei er sie evangelischen Lesung für den 18. April widmete. In der Rede sind Anspielungen auf die aktuelle politische Tagesordnung enthalten, obgleich es das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche vorzieht, Beispiele aus der fernen Vergangenheit Russlands anzuführen.

Der Patriarch begann mit einem Zitat aus dem Markus-Evangelium: „…wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will“ – schreckliche Worte! – „soll der Sklave aller sein“ (Mk 10, 43-44). „Schreckliche Worte!“ – dies ist ein Kommentar des Patriarchen an sich. In dem Abschnitt wird von einem Gespräch Jesus mit seinen Aposteln berichtet, die um einen Platz in der Hierarchie der Gemeinde wetteifern. Es geht also um das Herrschen und Dienen. Derweil warnt der Erlöser seine Jünger, dass ihn ein qualvoller Tod erwarte und die Nähe zu ihm in der Zukunft zur Ursache von Verfolgen werden könne. Christus stellt sich und seine Gemeinde den in der heidnischen Welt herrschenden Würdenträgern entgegen.

„Die Worte des Erlösers offenbaren den wahren Sinn dessen, wie die menschliche Herrschaft und das Wetteifern zwischen den Menschen sein sollen. Und je höher und bedeutender diese Herrschenden sind, umso größere Pflichten und größere Verantwortung erlegt der Herr mit diesen Worten auf“, erläuterte das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche. „Denn was ist das ein Diener? Dies ist der, der für einen anderen arbeitet. Aber natürlich hat er noch eine gewisse Zeit auch für sich: Er hat sein Tagwerk geleistet, gedient, ist nach Hause gekommen und ist dort mehr oder weniger frei. Aber wenn du schon wirklich der erste sein willst, so musst du für alle zu einem Sklaven werden. Und dies bedeutet, dass, selbst wenn du nach Hause kommst, du kein Recht hast, dich jener gewaltigen Verantwortung, zu der dich der Herr berufen hat, und von all jenen Pflichten, die der Herr auferlegte, zu entledigen“. Es versteht sich, nach dem Vernehmen solcher Worte und des Kommentars des Patriarchen zu ihnen erinnerst du dich sofort an die Worte von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, der sich einmal als „Galeerensklave“ bezeichnete (bei einer Pressekonferenz im Kreml im Februar 2008 – Anmerkung der Redaktion). In der Tat, in der Epoche, als die Menschheit die frohe Botschaft des christlichen Gottes erhielt, gab es kein traurigeres Schicksal als das Schicksal eines Ruderers auf Galeeren.

„Je höher der Mensch die Leiter der Macht hinaufsteigt, umso größer ist die Verantwortung auf ihm“, fährt der Patriarch fort. „Und je größer die Verantwortung, umso geringer ist der Raum für alles, was die Persönlichkeit angeht. Es verringert sich der Raum für das persönliche Leben, die Interessen, Vergnügungen und die Freizeitgestaltung. All dies wird durch die frappierenden Worte des Erlösers erfasst – „der Erste, so sei ein Sklave“. Das heißt: Es gibt weder Freiheit für dich, noch freie Zeit, noch Vergnügungen. Du musst dich ganz jenem Dienst ergeben, zu dem dich Gott berufen hat. Und nur dann wird deine Macht über andere Menschen moralisch und geistig gerechtfertigt sein“. Hier fallen einem die Eingeständnisse des Oberhauptes der Russischen orthodoxen Kirche über die Einsamkeit des Mannes, der an der Spitze des Moskauer Patriarchats steht, ein.

Der Patriarch empfahl allen Leitern, den von ihm zitierten Abschnitt aus dem Evangelium über ihr Bett zu hängen. Die Chefs sollen mit dem Gedanken aufwachen, „dass der Appell, ein Diener zu und ein Sklave zu sein – dies sind keine Menschen-, sondern Gottes Worte. Und nur so rechtfertigt sich der Mensch an der Macht vor Gott und wird zu einer Autorität und zu einem geliebten Führer für das Volk“. Das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche führte ein Beispiel aus der Vergangenheit Russlands an. Als er das Wort „Generalissimus“ aussprach, konnte es den Anschein haben, dass er den Namen des Führers der UdSSR, des Mannes mit dem berühmten Schnurbart nennen wird, der die Jugend in einem Kirchenseminar verbracht hatte. Aber nein, der Patriarch nannte den Namen von Alexander Wassiljewitsch Suworow. Es war etwas merkwürdig. Schließlich war Suworow ein Diener vor allem der russischen Monarchen und erst dann des Volkes, der Soldaten, mit denen er die Suppe aus einem Topf aß.

„Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Und dies ist keine Hyperbel, kein Gleichnis. Dies ist ein direkter Hinweis und ein direktes Ansprechen aller, die an der Macht sind. Eben dann werden die Herrschenden dem Volke nahe sein und durch das Volk unterstützt werden. Und der Träger dieser Macht wird zu einem geliebten Führer und sogar einem Nationalhelden“, wiederholte der Patriarch zur größeren Überzeugung seinen Gedanken. Er betonte, dass diese Überlegungen auch die Kirche betreffen würden. „Die geistliche Macht, doch unter dieser geistlichen Macht sind viele Menschen. Und wenn ein Geistlicher zu einem besonders hohen Dienst berufen wird, wenn er berufen wird, zu einem Bischof der Kirche zu werden und weiter entsprechend der Hierarchen-Leiter aufzusteigen… Wie wichtig ist es da, dass sich mit jeder neuen kleinen Stufe immer deutlicher und deutlicher der Gedanke verfestigt, dass jede neue Stufe, über die der Mensch aufsteigt, darunter auch dem Herrn in der Kirche dienend, dies eine neue kleine Stufe zu neuen Heldentaten und zu neuen Arbeiten ist, bis zum sich vollkommenen Hingeben jener Sache, zu der uns der Herr berufen hat“. Folglich hat das Oberhaupt der Russischen orthodoxen Kirche weder seine Heldentaten noch seine Opferbereitschaft vergessen.

Der Patriarch fand auch für jene Worte zu einer Ermahnung, die nur an die Macht streben. „Möge die heutige evangelische Lesung all jene ermahnen und beruhigen, die nach größerer Macht streben, besonders jene, die diese Macht nicht mit einem Male erlangen. Beruhigt euch, meine Brüder und Schwestern, denkt nach. Denkt über die heutigen Worte des Herrn und Erlösers nach. Und vielleicht wird es bereits keinen solch unwahrscheinlichen Eifer dahingehend geben, um auf noch eine Stufe zu treten, die euch über die erheben wird, die um euch sind“ sprach der religiöse Führer. „Vom richtigen Begreifen der Macht hängt auch die Einheit des Volkes ab. Geb’ Gott, dass die Einheit in unserem Volk ständig erstarke und dass die Herrschenden, darunter in unserem Land, sich stets jener großen Worte erinnern, die heute der Herr uns allen durch Seine evangelische Erzählung vermittelte“. Und so endete diese Predigt von Patriarch Kirill.

Freilich ist unklar, wenn gerade der Patriarch beruhigt. Die Beamten? Die Opposition? Wenn die Opposition – so welche? Die, die von einem Machttransit in Russland träumt? Wenn wir zum Axiom nehmen, dass Patriarch Kirill seine Predigten sehr passend hält, so kommt die nahe, nichtgenehmigte Aktion jener Politiker in den Sinn, die man jeden Augenblick als Extremisten bezeichnen wird. Allerdings gibt es eine Opposition auch in der Kirche. Und bisher werden die Blitz-Synoden der Russischen orthodoxen Kirche und das Kirchengericht mit ihr erfolgreich fertig.