In diesen Tagen wird die Errichtung eines gigantischen Stahlzaunes an der Grenze Polens mit Weißrussland abgeschlossen. Dies meldeten Vertreter Warschaus. Die neue Grenzbarriere soll vor einem Eindringen illegaler Einwanderer ins Land schützen. Die polnisch-weißrussischen Widersprüche haben sich jedoch mit dieser Frage erschöpft. Alexander Lukaschenko signalisiert die Bereitschaft zu kämpfen.
In den nächsten Tagen wird der gigantische Stahlzaun an der Grenze Polens zu Weißrussland in Betrieb genommen. Laut Plänen sollten die Bauarbeiten Ende Juni beendet werden. Die Gesamtlänge der Absperrung beträgt 186 Kilometer und besitzt eine Höhe von 5,50 Metern. An der Oberkante befindet sich Stacheldraht. Und entlang der gesamten Anlage werden Beobachtungskameras und Sensoren für ein Reagieren auf mögliche Bewegungen in der Nähe des Stahlzauns installiert. Polen hatte dessen Errichtung nach der Zuspitzung der Migrationskrise im vergangenen Jahr beschlossen. Die neue Barriere soll den Strom von Migranten stoppen.
Derweil hören vorerst deren Versuche nicht auf, die Grenze zu überwinden. Polnische Grenzer informieren über die Festnahme unerwünschter Gäste aus einer ganzen Reihe exotischer Länder, die bestrebt sind, vom Territorium Weißrusslands aus in die EU zu gelangen. Unter ihnen sind Vertreter aus Togo, Benin, Côte d’Ivoire, Mali, Indien, Jemen, Ägypten und Kamerun.
Die Offiziellen von Weißrussland kommentieren diese Zwischenfälle nicht. Dafür erklären sie lautstark, dass die neue Barriere für das einmalige Öko-System Belaweschskaja puschtscha (Białowieża- bzw. Belowescher Urwald) eine Gefahr darstelle, über dessen Territorium der Grenzzaun gleichfalls verläuft.
Am Dienstag gab das Präsidium des Rates der Republik der Nationalversammlung Weißrusslands eine spezielle Erklärung hinsichtlich des neuen Grenzzauns ab. Die Parlamentarier konstatieren, dass „man mit Empörung und Verurteilung die einseitigen Handlungen Polens wahrnimmt“. Sie warnen davor, dass die Naturschutzgebiete unweigerlich leiden würden. „Dank seiner Dimensionen und ausgedehnten unberührten Abschnitte alter Wälder ist der Belowescher Urwald eine einmalige Naturschutzzone, die eine Bewahrung der biologischen Vielfalt gewährleistet.
Die künstliche Trennung des geschlossenen Naturkomplexes ist eine ernsthafte Bedrohung für das Existieren des einmaligen natürlichen Milieus des Belowescher Urwaldes. Wenn keine kurzfristigen Handlungen unternommen werden, können nicht nur seltene, sondern auch verbreitete Tier- und Pflanzenarten aus dem europaweit größten Urwaldmassiv verschwinden“.
Zuvor hatte sich bereits in einem Appell an die Leiter der nationalen UNESCO-Kommissionen der weißrussische Außenminister Wladimir Makei für einen Schutz von Flora und Fauna und besonders der Rechte für ein Migrieren von Huf- und Raubtieren ausgesprochen. „Die Schaffung eines künstlichen Hindernisses auf dem Territorium des Objekts verletzt das Prinzip eines freien und ungehinderten Migrierens biologischer Arten in den Grenzen ihres natürlichen Lebensumfeldes und stellt eine ernste Gefahr für ein nachhaltiges Bestehen und die Bewahrung der Populationen von Huftieren (Wisenten, Hirschen und Rehen sowie Elchen) und von Raubtieren (Bären, Wölfe und Füchse). Mit Bedauern konstatieren wir, dass es bereits Fakten für ein Umkommen großer Säugetiere (Wisente, Hirsche und Rehe) gibt“. Makei ist jedoch nicht von der internationalen Öffentlichkeit vernommen worden, was die Annahme erlaubt, dass der Appell der weißrussischen Parlamentarier das gleiche Schicksal erwartet.
Derweil hat vor dem Hintergrund dieser Proteste Polens Vize-Innenminister Maciej Wąsik erklärt: „Wir beenden die Errichtung der Barriere an der polnisch-weißrussischen Grenze. Wir wollen die Normalität ins Grenzgebiet zurückbringen. Bis Ende Juni soll diese Barriere zu funktionieren beginnen“.
Die Errichtung des sogenannten Grenzwalls kostet der polnischen Seite 1,6 Milliarden Zloty (umgerechnet etwa 350 Millionen Euro). Maciej Wąsik merkte an, dass es allem nach zu urteilen gelinge werde, im Rahmen dieser Summe zu bleiben.
Ob aber dank der Barriere die „Normalität“ ins Grenzgebiet zurückkehren wird, wird die polnische Seite schon sehr bald in der Praxis überprüfen. Die Beziehungen beider Staaten sind jedoch vorerst offensichtlich weit von einer Normalisierung entfernt.
Die polnische Frage ist für Alexander Lukaschenko insgesamt ein Schmerzthema. Schließlich demonstriert Warschau eine maximale Härte hinsichtlich des offiziellen Minsk und unterstützt auf jegliche Weise die Initiativen der weißrussischen Opposition und unmittelbar deren Spitzenkräfte.
Alexander Lukaschenko äußerte sich bei einem jüngsten Treffen mit Wladimir Putin über seine extreme Besorgnis. „Uns versetzen die Situation und die Politik, die unsere Nachbarn verfolgen, sehr in Spannung. Sie wissen im Großen und Ganzen darum. Dies sind die Führung Polens und die Führung Litauens. Die Konfrontationspolitik. Und wir haben darunter zu leiden“.
Und zuvor hatte das Staatsoberhaupt bei einer Begegnung mit Arbeitern in Bobruisk erklärt, dass man in Polen angeblich bereits von der Westukraine träume (ein Narrativ, das auch die russischen Staatsmedien ständig vermitteln – Anmerkung der Redaktion). Und er warnte drohend vor solchen Träumereien. „Da müssen wir reagieren werden. Denn wir können nicht zulassen, dass uns die Polen überhaupt einkreisen. Dies ist eine gefährliche Variante. Und ich habe einst gesagt: Die Ukrainer werden uns und die Bürger Russlands noch bitten, dass wir ihnen helfen, die Integrität zu bewahren. Damit man nichts abknappst“.
Weißrusslands Präsident ist auf die Herausforderungen eingestellt. Er erläuterte: „Daher muss ich auch im Westen die Streitkräfte auf der Hut halten. Und im Süden. Zehn Einheiten habe ich entlang der Grenze hinter dem Rücken der Grenzer aufziehen lassen, damit man nicht nach Belarus kommt. Und solche Gedanken hatte es gegeben“.
Derweil gibt auch die polnische Seite militante Erklärungen ab. So teilte am Dienstag der Chef der im Land regierenden Partei „Recht und Gerechtigkeit“, Jarosław Kaczyński, mit, dass die Armee bis auf 400.000 Menschen aufgestockt werden könne. Außerdem bekundete er die Überzeugung, dass Polen stärkere und modernere Waffen kaufen müsse.